Geschichte der Stadt Greifswald - 14. Greifswalds Drangsale im 30jährigen Kriege.

Aus der Landesgeschichte Mecklenburg-Vorpommerns
Autor: Hahn, J. C. (? - ?) Gymnasiallehrer, Erscheinungsjahr: 1860
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Pommern, Sitten und Gebräuche, Dreißigjähriger Krieg, Wallenstein, Kloster Eldena,
Philipp Julius starb am 6. Februar 1625 kinderlos und hinterließ seinen Landesanteil dem einzigen noch übrigen Sprössling unseres einst so zahlreichen Fürstengeschlechts, dem Herzoge Bogislaws XIV., der gleichfalls kinderlos war. Nach dem mit Brandenburg abgeschlossenen Erbvertrage musste das Herzogtum Pommern dem Hause Hohenzollern zufallen, das aber in dem Getümmel des 30jährigen Krieges seine Rechte nicht zur vollen Geltung zu bringen vermochte.

Im November des Jahres 1625 war Wallenstein mit seinem Heere in Niedersachsen eingerückt und blieb während des Winters zu Halberstadt, während Tilly mit dem ligistischen Volke bei Göttingen stand. Im April des Jahres 1626 schlug Ersterer das protestantische Heer unter Mansfeld bei Dessau, so dass ihm nun der Weg nach Brandenburg und Pommern offen stand. Im Mai dieses Jahres rief Bogislaw XIV. die Rossdienste der Ritterschaft und die Heeresfolge der Städte ein, um die Grenzpässe zu besetzen. Noch ein anderer Feind, bedrohte das Land. König Gustav Adolph von Schweden, welcher an der Weichsel gegen die Polen Krieg führte, hatte in Mecklenburg einen Heereshaufen von 4.000 Mann anwerben lassen, welcher seinen Weg durch Pommern nach Preußen nehmen wollte. Diese wurden noch glücklich abgewiesen und zogen nun an den Südgrenzen hin, aber ein Gleiches ließ sich Wallenstein nicht gefallen.

Als derselbe Mecklenburg besetzt hatte, schickte er Abgesandte an den Herzog von Pommern, der sich der Jagd wegen zu Franzburg aufhielt, und nötigte ihm am 10, November 1626 eine Konvention ab, vermöge welcher der Herzog in den Einmarsch der kaiserlichen Truppen in sein Land willigte. Dieselben rückten unter dem Obersten Arnim von Beuzenburg in Vorpommern ein und besetzten auch Rügen. Der Oberste Wratislav von Pernstein kam am 20. November mit fünf Kompanien Reiter nach Greifswald. Sie hatten viel Tross und Frauen bei sich und übten die schonungsloseste Härte aus, als wenn sie in einem eroberten Lande und nicht in den Staaten eines treuen Vasallen des Kaisers wären. Ihre Erpressungen waren unglaublich. Einer ihrer Obersten forderte außer der Beköstigung in sechs Wochen 21.291 Thaler für sich. Dies fremde Volk blieb ununterbrochen vier Jahre in Greifswald, und es lässt sich leicht erachten, wie die Stadt dabei verarmte und verödete. Als im Sommer von 1630 der König von Schweden mit einer Landung drohte, ließ der damalige Kommandant Marazzan die Stadt mit Außenwerken stark befestigen und deshalb das Heiligengeisthospital vor dem Steinbeckertore abbrechen, um dort eine hohe Bastion aufführen zu lassen. Im Februar von 1631 wurde auch das Hospital St. Jürgen vor dem Mühlentor niedergerissen.

Die größten Drangsale kamen aber erst über Greifswald, als der Italiener Ludovicus Perusius, ein wahrhaft teuflischer Mensch, den Oberbefehl in der Stadt erhalten hatte. Er behauptete dieselbe zwar länger gegen die Schweden, als sich irgend ein anderer Platz in Norddeutschland gegen dieselben hielt, aber auch nur durch die schonungsloseste Grausamkeit gegen die unglücklichen Einwohner. Es würde zu weit führen, alle diese Drangsale aufzuzählen, welche die Greifswalder von diesem Unmenschen auszustehen hatten, daher führen wir nur die hauptsächlichsten an.

Als das Geld in Greifswald ausging, ließ er eine zinnerne Notmünze, im Mai von 1631 schlagen, welche zu einem Zwangscourse angenommen werden musste. Einen der achtbarsten und angesehensten Männer unserer Stadt ließ er körperlich misshandeln. Dieser war der Generalsuperintendent Barthold Krakewitz, welcher seit 1607 sein Kirchen- und Lehramt mit großem Ruhme bekleidete. Als Perusi ihm das Predigen wider den Papst verbot, antwortete er, „der Herr Kommandant müsse wissen, dass er sich allhier in einer lutherischen Stadt befinde, welcher durch den Passauer Vertrag die Religionsfreiheit zugesichert sei." Perusi schickte ihm nun zwei Jesuiten und 30 Soldaten ins Haus, welche alles darin ausräumten und seine Scheune anzuzünden drohten, ohne seine Standhaftigkeit selbst durch Schläge beugen zu können.

Perusi ward am 11. Juni bei einem Ausfall vor dem Steinbeckertor erschossen, worauf sein Nachfolger im Kommando, Drackstedde, die Stadt, in welcher die größte Hungersnot wütete, gegen freien Abzug an die Schweden übergab. In Greifswald feierte man noch lange Perusis Todestag als den Tag der Befreiung durch feierlichen Gottesdienst, bis bei dem Ausbaue der Nikolaikirche diese Feier abgekommen ist.

Die Universität war von den kaiserlichen Kommandanten und Offizieren weniger hart mitgenommen worden, ja sie hatte sogar mancherlei Zeichen des Wohlwollens derselben erhalten. Der Hauptmann Caspar Zitzmann war am 5. November 1629 bei der Einführung des neuen Rektors Laurentius Luden gegenwärtig und schenkte am folgenden Tage an Krakewitz vier Pferde, denen ein anderer Offizier, Wilhelm Cressel, noch zwei hinzufügte. Dem Rektor brachte Zitzmann vier Ochsen, einen für ihn selbst, zwei für zwei andere akademische Lehrer, Maskow und Stephani, den vierten für das Convictorium der Studenten.

Auch König Gustav Adolph, welcher am Tage nach der Übergabe der Stadt nach Greifswald kam, bewies sich sehr gnädig. Er beantwortete die Begrüßung des Professors Völschow in lateinischer Sprache und erteilte der Universität einen Schutzbrief, durch welchen sie von den Kriegslasten ziemlich frei blieb.

Schon im Jahre 1632 bot Herzog Bogislaw der Universität die Schenkung des Amtes Eldena an, aber die Professoren trugen Bedenken, dies Geschenk anzunehmen, da die Güter desselben größtenteils verwüstet waren und die Felder unbebaut lagen und auch noch eine Schuld von 36.000 Gulden darauf haftete. Zuletzt entschied man sich dennoch für die Annahme, und im Februar von 1654 wurde das Amt der Akademie übergeben.

Gustav II. Adolf (1594-1632) schwedischer König. Verhinderte durch sein Eingreifen in den Dreißigjährigen Krieg den Sieg des katholischen Lagers.

Gustav II. Adolf (1594-1632) schwedischer König. Verhinderte durch sein Eingreifen in den Dreißigjährigen Krieg den Sieg des katholischen Lagers.

031. Jacques Courtois gen. Bourgignon (1621-1676), Reitergefecht aus dem Dreißigjährigen Krieg. Kupferstich.

031. Jacques Courtois gen. Bourgignon (1621-1676), Reitergefecht aus dem Dreißigjährigen Krieg. Kupferstich.

030. Hans Ulrich Frank (1603-1680), Szene aus dem Soldatenleben.

030. Hans Ulrich Frank (1603-1680), Szene aus dem Soldatenleben.

029. Schlacht bei Lützen unter Gustav Adolf, 16. November 1632. Kupferstich von Mathias Merian. Das Fußvolk kämpft In geschlossenen Haufen, daneben die Schützen. Die Stellung der Geschütze vor dem Haupttreffen ist deutlich zu ersehen.

029. Schlacht bei Lützen unter Gustav Adolf, 16. November 1632. Kupferstich von Mathias Merian. Das Fußvolk kämpft In geschlossenen Haufen, daneben die Schützen. Die Stellung der Geschütze vor dem Haupttreffen ist deutlich zu ersehen.

028. Das Treffen bei Rain am Lech zwischen Gustav Adolf und Tilly, 5. April 1632. Kupferstich von Mathias Merian. Die „große Batterie“ Gustav Adolfs (vgl. S. 17 Abs. 3) ist nicht zur Darstellung gebracht.

028. Das Treffen bei Rain am Lech zwischen Gustav Adolf und Tilly, 5. April 1632. Kupferstich von Mathias Merian. Die „große Batterie“ Gustav Adolfs (vgl. S. 17 Abs. 3) ist nicht zur Darstellung gebracht.

027. Ansicht der Belagerung Magdeburgs durch Tilly im Jahre 1631. Merians Theatrum Europaeum, erschienen zu Frankfurt a. M. 1637. Im Vordergrunde links Tillysche Kürassiere (Pappenheimer); rechts Kürassiere, die mit hinten aufgesessenem Fußvolk das Wasser überwinden, um sich zum Sturm auf die Zollschanze anzuschließen. Ein Teil des Fußvolks ist noch mit Spießen (Pike) versehen.

027. Ansicht der Belagerung Magdeburgs durch Tilly im Jahre 1631. Merians Theatrum Europaeum, erschienen zu Frankfurt a. M. 1637. Im Vordergrunde links Tillysche Kürassiere (Pappenheimer); rechts Kürassiere, die mit hinten aufgesessenem Fußvolk das Wasser überwinden, um sich zum Sturm auf die Zollschanze anzuschließen. Ein Teil des Fußvolks ist noch mit Spießen (Pike) versehen.

025. Albrecht Dürer (1471-1528) Belagerung einer Festung Die Belagerten machen eben einen Ausfall; man erblickt deutlich die Laufgräben und sonstigen Annäherungsarbeiten, gegen die sich ein Teil der ausfallenden Truppen wendet. Im Vordergrund scheint sich eine Feldschlacht zu entwickeln. - Das Bild zeigt die Formation des mit Spießen bewaffneten Fußvolkes in geschlossenen, keilförmigen oder quadratischen Haufen die an den Flanken von Büchsenschützen begleitet werden. - Aus der Zeichnung der Befestigungswerke ergibt sich die Anlage der Verteidigungseinrichtungen nach dem System Dürers; die spornartig in den Graben vorspringende Streichwehre zu unmittelbaren Schutze des Mauerfußes und die kleineren kegelförmigen Streichwehren zur Längsbestreichung des Grabens

025. Albrecht Dürer (1471-1528) Belagerung einer Festung Die Belagerten machen eben einen Ausfall; man erblickt deutlich die Laufgräben und sonstigen Annäherungsarbeiten, gegen die sich ein Teil der ausfallenden Truppen wendet. Im Vordergrund scheint sich eine Feldschlacht zu entwickeln. - Das Bild zeigt die Formation des mit Spießen bewaffneten Fußvolkes in geschlossenen, keilförmigen oder quadratischen Haufen die an den Flanken von Büchsenschützen begleitet werden. - Aus der Zeichnung der Befestigungswerke ergibt sich die Anlage der Verteidigungseinrichtungen nach dem System Dürers; die spornartig in den Graben vorspringende Streichwehre zu unmittelbaren Schutze des Mauerfußes und die kleineren kegelförmigen Streichwehren zur Längsbestreichung des Grabens