Geschichte der Stadt Greifswald - 10. Vorbetrachtung zur Reformation und ihr Beginnen in Pommern.

Aus der Landesgeschichte Mecklenburg-Vorpommerns
Autor: Hahn, J. C. (? - ?) Gymnasiallehrer, Erscheinungsjahr: 1860
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Pommern, Sitten und Gebräuche,
So lange es noch an einem Mittel fehlte, die Gedanken hochbegabter Männer rasch zu verbreiten und sie zu einem Gemeingute nicht bloß eines Volkes, sondern der ganzen gebildeten Welt zu machen, konnten die Wissenschaften sich nur langsam ausbilden und verbreiten. Sie mussten meist mündlich gelehrt werden, denn die mühsam abgeschriebenen Bücher waren teuer und selten und konnten nur von Wenigen angeschafft werden. So gibt Rubenow den Wert seiner Büchersammlung, welche er der Universität vermacht hatte, zu mehr als 1.000 Mark an. Wo aber berühmte Lehrer auftraten, da strömte nicht nur die wissbegierige Jugend, selbst aus entfernten Ländern, zahlreich zusammen, sondern es schämten sich auch Männer aus den höchsten Ständen in Ämtern und Würden nicht, ihre Vorträge zu hören.

Durch die Erfindung des Lumpenpapiers wurde die noch wichtigere der Buchdruckerkunst vorbereitet. Wir verdanken sie gegen die Mitte des 15. Jahrhunderts Johann Gutenberg zu Mainz und Koster in den Niederlanden. Diese Erfindung trug den Schatz der Wissenschaften und der Gelehrsamkeit der alten Welt in immer rascherem Fluge von einem Ende der Erde bis zum andern und entzündete in den Seelen der begabtesten Männer einen Forschungsgeist, der sich auch bald auf das Gebiet der Kirche erstrecken und ihre Satzungen einer Prüfung und Vergleichung mit der Urquelle, der heiligen Schrift, unterwerfen musste. So brach sich die Reformation, der schon Wickliffe vorgearbeitet hatte, freien Lauf. Zwar mussten Huß und Hieronymus von Prag ihr kühnes Auftreten mit dem Feuertode büßen, weil ihre Zeit dafür noch nicht reif und die Macht der Geistlichkeit noch zu fest begründet war, aber ein Jahrhundert später waren die in der Kirche herrschenden Missbrauche so allgemein fühl- und sichtbar geworden, dass die Völker, welche nicht unter dem Joche der Inquisition schmachteten, besonders die Deutschen, ein allgemeines Verlangen nach der Abstellung derselben hatten. Da trat Luther gegen den Missbrauch des Ablasses mutig auf, ihm folgte Zwingli und Calvin, und als einmal das Werk der Kirchenverbesserung begonnen war und bei Fürsten und Völkern Eingang gefunden hatte, da ließ sich demselben kein Halt mehr gebieten.

In Pommern fand die Reformation zuerst Eingang durch Johann Bugenhagen, damals Rektor an der Stadtschule zu Treptow an der Rega. Diesem folgte Johann Bolduan, Abt des nahen Klosters Belbück, und der Mönch Johann Kniepstrow zu Pyritz. Diese Männer, von der Richtigkeit der Lehre Luthers durchdrungen, verbreiteten schon im Jahre 1520 seine Schriften in unserm Lande. Die Mönche des Klosters Belbück neigten sich der Meinung ihres Abtes zu, und dies wirkte auf die umliegende Gegend, besonders auf die Bürger von Treptow mächtig ein. Dagegen erhob sich der damalige Bischof zu Kamin, Erasmus Manteufel, und wusste den Herzog Bogislaus X. dahin zu bringen, dass er das Wormser Edikt gegen Luther und seine Anhänger publizieren und die Mönche aus dem Kloster Belbück vertreiben ließ. Aber dadurch beförderte er gerade, was er hindern wollte. Die Mönche zerstreuten sich im ganzen Lande, fanden in den Städten bei den Bürgerschaften großen Anklang und wurden von denselben gegen den Magistrat, welcher der alten Ordnung meistenteils zugetan war, in Schutz genommen. Bugenhagen ging nach Wittenberg und wurde einer der tüchtigsten Gehilfen Luthers und Melanchthons. Nach Stralsund kamen Ketelhudt und Küreke und beide fanden dort so vielen Beifall, dass 1525 der katholische Gottesdienst in dieser Stadt abgeschafft wurde. Mit gleichem Erfolge wirkte Johann Kniepstrow, der nach dem Siege der neuen Lehre über die alte der erste Generalsuperintendent im Herzogtum Wolgast wurde.

Auch Herzog Georg I., der Sohn und Nachfolger Bogislaus X., blieb bei dem alten Glauben ohne die neue Lehre gewaltsam zu verfolgen, dagegen war ihr sein Bruder Barnim IX. zugetan und gewann auch seinen Neffen Philipp I. für dieselbe. Als dieser 1531 seinem Vater in der Regierung folgte, erklärten sich beide Herzoge für die vollständige Einführung der lutherischen Lehre und beriefen zu dem Zwecke 1534 die pommerschen Stände zu einem Landtage nach Treptow a. R. Ihr Vorschlag wurde von dem Bürgerstande mit lautem Beifall, vom Adel stillschweigend angenommen und sogleich ins Werk gerichtet. Anfangs war man der Meinung, dem Bischof von Kamin, Manteufel, unter dem Namen eines Generalsuperintendenten die geistliche Oberleitung im ganzen Herzogtum zu lassen und ihm in jeder Vogtei einen Superintendenten unterzuordnen. Als er diesen Antrag aber ausschlug und erklärte, von der alten Kirche nicht abfallen zu wollen, so setzten die Herzöge zu Greifswald, Stettin und Stolpe Generalsuperintendenten ein und beriefen Dr. Bugenhagen aus Wittenberg, um eine Kirchenordnung für Pommern zu entwerfen, welchen Auftrag er mit großer Umsicht ausführte.

Er stellte die Klöster und andere geistliche Stiftungen den Kommunen zur Disposition, doch unter der Bedingung, dass ihre Einkünfte zum Besten der Geistlichen, der Schulen und der Armen verwendet werden sollten. Die Feldklöster nahmen die Landesherren für sich in Besitz und ließen ihre Güter und Einkünfte durch fürstliche Amtsleute verwalten. Die noch zurückgebliebenen Mönche wurden versorgt, indem die alten und dienstunfähigen Unterhalt erhielten, die jungen aber nach Wittenberg zum Unterricht in der evangelischen Lehre gesandt wurden, damit sie bei Kirchen und Schulen angestellt werden konnten. Die hiesige Universität konnte ihnen diesen Unterricht nicht gewähren, denn sie war durch Religionszwist in sich zerfallen und durch die Aufhebung der Canonicate ihrer meisten Lehrer beraubt, an deren Stelle noch keine andere berufen waren.

Diese Kirchenveränderung traf auch natürlich das Kloster zu Eldena. Der damalige Abt Ewald Schinkel, welcher noch fest am alten Glauben hing, kam dadurch sehr ins Gedränge. Mit großer Standhaftigkeit suchte er seine Rechte zu verteidigen; da aber die Landesherren günstig für die Reformation gestimmt waren, so war sein Widerstand vergeblich, und er musste 1535 der Gewalt weichen. Dies geschah 336 Jahre nach der Stiftung des Klosters.

Rubenow, Heinrich (1400-1462) Bürgermeister von Greifswald

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Greifswald, Eldena, Kirche des Zisterzienser-Klosters (2)

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Greifswald, Eldena, Kirche des Zisterzienser-Klosters

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Abb. 092 Luther, Martin (1483-1546) theologischer Urheber der Reformation

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RA 016 Hus Jan

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RA 022 Luther Martin

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RA 024 Melanchthon Philipp

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RA 030 Bugenhagen Johannes

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Reformationszeit, Die Heroen der Naturwissenschaft

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