Geologischer Führer durch Pommern - I. Relief von Pommern

Aus: Sammlung geologischer Führer IV
Autor: Deecke, Wilhelm Dr. (1862-1934) Geologe, Prähistoriker, Professor an der Universität zu Greifswald, Erscheinungsjahr: 1899
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Insel Rügen, Tromper Wiek, Heimat, Ostsee, Heimatinsel, Strand, Meer, Pommern, Sassnitz, Stubbenkammer, Lohme, Sagard, Binz, Göhren, Hiddensö, Wollin, Lebbin, Misdroy, Neuenhof, Cammin, Kreide, Wustermintz, Gristow, Dobberphul, Fritzow, Finkenwalde,
Das hier zu behandelnde Gebiet wird gegen die benachbarten Landesteile abgegrenzt durch eine bogenförmige Linie, welche von Ribnitz im Recknitz-, Trebel-, Tollensetal bis Neubrandenburg läuft, dann nach Osten umbiegend über Pasewalk, Stettin bis Stargard in Hinterpommern zieht und sich schließlich nach Nordosten wendend über Dramburg, Rummelsburg, Bütow die westpreußische Grenze bei Neustadt erreicht. Dieser Linie ist im Norden annähernd der Küstensaum von Stralsund über Swinemünde und Kolberg bis Leba parallel, so dass zwischen beiden ein ca. 8 — 10 Meilen breiter Landstrich bleibt. Derselbe stellt sich als ein im Allgemeinen ebenes Plateau von 40 — 60 m Höhe dar, welches sich nur in Hinterpommern gegen Süden zu einer im Durchschnitte 150 — 200 m hohen, oberen Stufe erhebt. Durchbrochen wird bei Stettin diese Hochfläche von dem Oderstrom, der sich in das Stettiner Haff ergießt und durch die drei Öffnungen der Peene, Swine, Dievenow seinen Ausfluss in die See findet. Das etwa 700 qkm große Haff liegt an der südlichsten Stelle in dem Pommerschen Landbogen eingeschaltet und wird durch die aus Inselkernen und Sanddünen erst allmählich zu einheitlichen Landmassen zusammengeschlossenen Inseln Usedom und Wollin gegen das Meer abgesperrt.

Nur der westlichen, der Vorpommerschen Küste sind Inseln vorgelagert und zwar zwischen Ribnitz und Stralsund der Darß und Zingst, die nur eine Fortsetzung des Festlandes darstellen, und von Stralsund bis Greifswald der wunderlich gestaltete, buchtenreiche Komplex von Inseln, versandeten Inseln und Sandstreifen, der den Namen Rügen führt. Mit seinen südöstlichen Ausläufern, dem Mönchgut, greift Rügen nach Usedom hinüber und umschließt damit den weiten, fast ringsum von Land umgebenen, gegen Osten geöffneten Greifswalder Bodden, wobei zwei kleinere Inseln, Ruden und Greifswalder Oie, dem Eingange vorgelagert sind. Vom Festland ist Rügen durch den Strelasund und dessen nördliche Erweiterung, die Prohner Wiek, getrennt.

Hinterpommern wird in sich gegliedert durch eine Reihe von Flüssen, die auf der oberen Schwelle, dem pommerschen Landrücken, entspringend, gegen NW. abfließen und annähernd parallel verlaufen. Es sind von Osten nach Westen Leba, Lupow, Stolpe, Persante, Rega, Ihna, von denen sich letztere ebenso wie die dem Haff benachbarten Wasseradern — Stepenitz, Völzerbach, Schwentine — schließlich gegen diese Senke nach Westen wenden. In Vorpommern haben wir zunächst die Nord-Süd laufenden Flüsse Oder und Uecker, sowie zwischen beiden den vertorften Oderarm der Randow, der sich früher bei Schwedt von dem Haupt-Tal abzweigte und nordwestlich von Stettin in das Haff ergoss. Im übrigen Vorpommern hat der Lauf der Flüsse augenscheinlich seit der Diluvialzeit mehrfachen Wechsel erlitten. Erst wird die Hauptmasse des Wassers aus dem Gebiete des Haffs über die vertorfte niedrige Gegend von Ueckermünde durch den Landgraben in das tief ausgefurchte pommersch-mecklenburgische Grenz-Tal nach Nordwesten abgeflossen sein. Dann scheinen die von Ost nach Westen gerichteten Quertäler der Peene und der von Ziese, Eyck und oberen Trebel heute durchflossenen Senke jenem Tale das Wasser tiefer unten zugeführt zu haben, bis schließlich ein Ablaufen nach Norden in die See aus dem Haff möglich wurde und damit die großen vorpommerschen Täler trocken gelegt wurden oder vertorften. Nur die Peene hat als der wasserreichste, aus den mecklenburgischen Seen gespeiste Strom den alten Lauf, in ihrem unteren Abschnitte freilich in umgekehrtem Sinne, beibehalten und nimmt aus dem ehemaligen Haupttale bei Demmin von Norden und Süden her Trebel und Tollense auf. Trebel und Recknitz sind in der Gegend von Tribsees nur durch eine ganz niedrige, vertorfte Schwelle von einander getrennt und stehen durch Grundwasser in Verbindung.

Eine Eigentümlichkeit Hinterpommerns sind die zahlreichen, zum Teil abflusslosen Seen, die von Stargard bis Bütow und Kartaus die Höhenlinie charakterisieren und durch die Glazialerscheinungen dieses Gebietes bedingt werden. Vorpommern ist seenärmer und hat auf seinen Diluvialflächen nur zahllose kleine, oft von Torf ausgefüllte Tümpel und Teiche, sog. Solle, deren Entstehung von den einen auf Ausstrudelung durch fallendes Wasser, von anderen auf Schmelzung zurückgebliebener Eisreste im Geschiebemergel zurückgeführt wird.

Im Allgemeinen läuft überall an der Küste das Land flach in das Meer hinaus, so dass die 20 m-Linie nur an einem Punkte, an der Ostseite von Rügen, näher als 10 km an das Land gerückt ist, meistens aber weiter entfernt bleibt und sich von der Höhe Kolbergs an nach Rügen direkt hinüberschwingt, also die gesamte pommersche oder Oderbucht umfasst. Innerhalb der letzteren ragt eine Untiefe, die Oder-Bank, auf und reicht bis 7 m unter dem Meeresspiegel. Rinnenbildung wie im Strelasund, in der unteren Peene und der Dievenow beherrscht auch den Greifswalder Bodden, der im Durchschnitt sogar unter 10 m in seiner Tiefe bleibt.

Wenn trotz dieser Gleichförmigkeit des Meeresbodens das Ufer in Vorpommern, auf Usedom und Wollin eine gewisse Mannigfaltigkeit in der Form und Neigung aufweist, so liegt dies daran, dass ursprünglich ein stark zerrissenes Land vorlag, dessen höhere Teile als Inseln beträchtlicher Abspülung unterlagen und daher Steilufer annehmen mussten und zum Teil noch jetzt erhalten, dass sich die zerriebenen Massen im Schutze dieser Inselkerne ablagerten, anhäuften und schließlich zu Dünenketten wurden, welche sich von Insel zu Insel schwingend einen zwar zerrissenen, aber zusammenhängenden Landkomplex erzeugten. Auf diesem Wechsel der Landschaft zusammen mit dem prächtigen Hochwalde beruht der Hauptreiz der Rügenschen und Usedom'schen Badeorte. In Hinterpommern ist die Küste einförmiger, zeigt entweder, wie bei Dievenow [polnischer Hafen- und Badeort in Westpommern], flaches sandiges Ufer oder, wie bei Hoff, Steilwände, die beständig landeinwärts geschoben werden, oder endlich noch weiter nach Osten zu mächtige Dünenzüge, hinter denen sich Seen und Torfmoore ausbreiten. Dünen beherrschen die gesamte Strecke von Jamund [Jamno (Koszalin, Köslin) Polen] bis Leba [Ostseebad an der polnischen Ostsee] und finden in der Landzunge von Hela [polnische Hafenstadt an der Ostsee in der Woiwodschaft Pommern] vorläufig ihr Ende.

Bergen, ältestes Fachwerkhaus von 1538 am Markt, Marienkirche

Bergen, ältestes Fachwerkhaus von 1538 am Markt, Marienkirche

Bergen, Ansicht 1611-1615 aus der Stralsundischen Bilderhanschrift

Bergen, Ansicht 1611-1615 aus der Stralsundischen Bilderhanschrift

Dievenow, Hafen mit nostalgischen Ausflugsschiffen

Dievenow, Hafen mit nostalgischen Ausflugsschiffen

Dievenow um 1900

Dievenow um 1900

Halbinsel Hela

Halbinsel Hela

Hela, Strandpartie

Hela, Strandpartie

Kolberg, Ende des 19. Jahrhunderts

Kolberg, Ende des 19. Jahrhunderts

Landstraße bei Jamund

Landstraße bei Jamund

Leba an der polnischen Ostseeküste

Leba an der polnischen Ostseeküste

Misdroy, Damenbad, Kurpark, Strand

Misdroy, Damenbad, Kurpark, Strand

Ostseebad, Misdroy

Ostseebad, Misdroy

Pasewalk, Amtsgericht

Pasewalk, Amtsgericht

Pasewalk, Stralsunder Bilderhandschrift 1611

Pasewalk, Stralsunder Bilderhandschrift 1611

Putbus auf Rügen Schloss

Putbus auf Rügen Schloss

Recknitz in Ribnitz-Damgarten

Recknitz in Ribnitz-Damgarten

Strelasund

Strelasund

Swinemünde, Stadthafen

Swinemünde, Stadthafen

Tollense

Tollense

Tribsees, Stralsunder Bilderhandschrift 1615

Tribsees, Stralsunder Bilderhandschrift 1615

Tribsees

Tribsees