Das Schöne

Die Schönheit der Welt ist nur für den ruhigen Genuss geschaffen. Mittelst seiner allein teilt sie sich dem Menschen mit und verkörpert sich in ihm.

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Schönheit hat von Schauen, von Schein den Namen, — und am leichtesten wird sie auch durchs Schauen, durch schönen Schein erkannt und geschätzt. Nichts ist schneller, klarer, überleuchtender als Sonnenstrahl und unser Auge auf seinen Flügeln; eine Welt außer und nebeneinander wird ihm auf einen Blick offenbar. Und da diese Welt nicht wie Schall vorübergeht, sondern bleibt und gleichsam selbst zur Beschauung einladet, da der feine Sonnenstrahl so schön färbt und so deutlich zeigt; was Wunder, dass unsere Seelenlehre am liebsten von diesem Sinne Namen borgt? Ihr Erkennen ist Sehen, ihr bestes Angenehme Schönheit.

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Die Wohlgestalt des Menschen ist kein Abstraktum aus den Wolken, keine Komposition gelehrter Regeln oder willkürlicher Einverständnisse; sie kann von jedem erfasst und gefühlt werden, der, was Form des Lebens, Ausdruck der Kraft im Gefäße der Menschheit ist, in sich oder in anderen fühlet. Nur die Bedeutung innerer Vollkommenheit ist Schönheit.

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Ein honetter Mann tut nichts Hässliches, wenn es den Augen der Welt auch verborgen bliebe ; er kann es nicht tun, denn es ist hässlich! Er müsste sich ja vor sich selbst schämen. Ein Edelgesinnter tut, was ihm sein Herz gebietet, sein selbst d. i. der Gesinnung wegen, die im Gefühl der höchsten Konvenienz ohne alle Rück- und Seitenblicke sich ihrer Pflicht ganz und froh hingibt. Nehmet der Tugend diesen Reiz, den Stachel der Liebe; wie eine hölzerne Braut steht euer Sittengesetz da, weder geliebt, noch fähig, geliebt zu werden. Unternähme die Hölzerne gar, mit eisernem Arm Gehorsam zu fordern, so wird sie verlacht, gehasst, verachtet.