Erfahrungen über die Anwendung der Wasserkur bei Pferden

Aus: Archiv für Landeskunde in den Großherzogtümern Mecklenburg und Revue der Landwirtschaft.
Autor: Von A. Pogge auf Jaebetz, Erscheinungsjahr: 1856
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Landwirtschaft, Pferde, Kolik,
Im Herbste 1851 hatte ich viel Kolik unter meinen Pferden. Dieselben wurden mit Kolikpulver, Glaubersalz, Blutentziehung, warmen Klistieren von Camille-, Pappelblättern, Leinsamen etc. auf das Sorgfältigste behandelt. Das Resultat war, dass vier meiner besten Pferde starben, und ich noch manche Kosten obendrein hatte.

Weil die Wasserkur nun schon so Manchem gut geholfen, verfiel ich darauf, dieselbe auch bei den Pferden anzuwenden, und das mit dem größten Erfolge. Seit jener Zeit hatte ich wieder eine große Anzahl von Kolikfällen, wo die Pferde so krank waren, dass ich selbst an ihrer Genesung zweifelte. Immer stellte das Wasser sie wieder her. Noch neulich war ein schönes dreijähriges Füllen mit Wicken verfüttert, und so krank, und so unbändig bei der Anwendung der Kur, dass ich glaubte, es müsse sterben. Nach 1,2 Stunden, als es längere Zeit in gleichmäßigem Schweiß gestanden, wurde es ruhig, und fing bald darauf an, wieder zu fressen.

Die Kolik bei den Pferden entsteht meistenteils durch Erkältung, nachlässige Aufwartung, Futterveränderung, besonders auch beim Schrotfüttern. Das Pferd hört auf zu fressen, wird unruhig, kratzt mit den Füßen, wirft und walzt sich. Gewöhnlich ist Verstopfung damit verbunden, und zwar so, dass anfangs noch einige Entleerungen erfolgen, welche später aufhören. In einzelnen Fällen steht das Pferd ganz ruhig, beißt auch wohl zeitweise ins Futter hinein, frisst aber wenig und kaut und schluckt nicht wie gewöhnlich.

Es ist nun hierbei die erste Regel, dass man rasch mit der Kur und der Hilfe bereit ist. Wartet man erst ö oder 12 Stunden und lässt das Pferd im Stalle stehen, in der Meinung, es möge sich von selbst bessern (denn zu diesem Glauben sind die Leute immer unter allerlei Vorwänden geneigt), so wird die Krankheit immer schlimmer.

Auch ist es schädlich, während der Krankheit dem Pferde Kurzfutter zu reichen; ebenso muss man ihm nicht eher Heu auf die Raufe stecken, als bis Anzeichen der Besserung vorhanden. Hat man aber grünes Gras, welches nicht zu wollig und nicht an Stellen gemäht ist, wo es vom Vieh verunreinigt war, so kann man davon dem Pferde so viel reichen, als es nur mag.

Es ist gut, wenn man Jemand beständig bei dem Pferde aufpassen lässt, damit man stets von dem Verhalten und dem Zustande desselben unterrichtet ist.

Wenn nun ein sonst gesundes Pferd nicht frisst und sich nach den obigen Anzeichen als krank zeigt, so lasse ich das Pferd in einen besonderen warmen Raum ziehen und das Material heranbringen. Dazu gehören: 3 Eimer Wasser aus der Pumpe, 3 bis 4 wollene Pferdedecken, 2 leere Wollsäcke oder ein kleines Wagenlaken, einige alte Futtersäcke, etwas Stroh zum Reiben, eine Klistierspritze, einige Gurten und Binder, eine Packnadel und etwas Bindfaden. Es sind das alles Gegenstände, welche meist in jeder Wirtschaft vorrätig sind und immer bereit liegen.

Man ruft sich 4 bis 6 Leute, gießt einen halben Eimer Wasser dem Pferde der Länge nach über den Rücken, so dass das Wasser, an den Haaren herabrieselnd, das ganze Pferd nass macht, und lässt es überall am Körper, mit Ausnahme des oberen Halses und Kopfes, welche trocken bleiben, an beiden Seiten, unter dem Bauche und auf dem Rücken mit Strohwischen gleichmäßig viel und tüchtig reiben. Das Reiben geschieht 1/2 bis l Minute lang; dann wird die zweite Hälfte des Eimers über das Pferd gegossen, und das Reiben und Wasserübergießen so lange fortgesetzt, bis die drei Eimer leer sind.

Wenn der Mensch in einem nassen Laken abgerieben wird, so wird er da, wo man ihn reibt, warm. Vergisst man eine Stelle des Körpers dabei, so wird diese frösteln. Es ist nun eine Regel bei der Wasserkur, dass man dann da reibt, wo einem fröstelt, um dies zu verhindern, und da das ebenso beim Pferde ist, das Pferd aber sich darüber nicht äußert, so muss man besonders danach sehen, dass alle Teile, Bauch, Rücken, Lenden, gleichmäßig vorgenommen werden.

Die Pferde mögen das Reiben gern und bleiben gewöhnlich ruhig dabei stehen. Mit dieser Arbeit ist man in 3 bis 4 Minuten fertig; man nimmt dann rasch die wollenen Decken, legt sie unter dem Bauche durch und über den Rücken, und schnallt sie in der Mitte mit Gurten fest; am Halse und an den Hüften heftet man sie mit Bindfaden etwas zusammen. Dann deckt man die Futtersäcke und zuletzt die beiden Alles umhüllenden Wollsäcke darüber, so dass nur die Füße, der obere Hals und Kopf des Pferdes zu sehen sind. Man bindet nun das Ganze mit Gurten oder Erntebindern fest um den Leib des Pferdes, heftet die Enden, besonders das, was am Halse und zwischen den Vorderbeinen zur Bedeckung der Brust durchgezogen ist, mit der Nadel und dem Bindfaden zusammen und lässt das Pferd stehen. Das Anheften und Festbinden ist darum so notwendig, weil das Pferd sonst beim Wälzen und Kratzen mit den Füßen die Bedeckung in Unordnung bringt, die Säcke und Decken abreißt, wodurch der Bauch bloß kommt und der Schweiß verhindert wird.

Wenn der Mensch abgerieben ist, so muss er rasch ein trockenes Laken umnehmen, sich ins Bett legen und gut zudecken. Ebenso ist es beim Pferde. Man muss, wenn man mit den ersten Decken nicht gleich alle abgeriebenen Körperteile bedeckt, die Teile, welche noch bloß sind, so lange reiben lassen, bis auch sie mit eingehüllt sind.

Zuweilen wird das Pferd schon nach der ersten Abreibung ruhig, gewöhnlich wird es sich nachher aber noch wieder wälzen. Es kommt in Schweiß, und muss in dieser Wärme und in guter Streu 3 bis 4 Stunden lang stehen. Ein Mensch muss Achtung geben auf sein Verhalten, und darnach sehen, dass die Umhüllung in Ordnung bleibt.

Zu gleicher Zeit mit dem Abreiben wendet man Klistiere von Wasser an. Dazu habe ich das Wasser oft von 8 bis 10 Grad, so wie es aus der Pumpe kam, genommen, verschlagenes Wasser, durch Hinzutun von heißem Wasser auf 15 bis 16 Grad gebracht, schien aber noch besser zu sein, indem es rascher wirkte, besonders bei den oben erwähnten Fällen. Die Klistiere müssen aber regelmäßig alle halbe Stunden einmal mit der Spritze und behutsam gegeben werden. Behält das Pferd das Wasser bei sich, so ist das ein gutes Zeichen. Erfolgen Entleerungen von Mist darnach, so ist dies, je mehr solcher kommt, desto besser. Gehen ihm die Klistiere unmittelbar nach dem Einspritzen wieder ab, so ist das ein Zeichen von größerer Krankheit.

Wenn das Pferd nun 3 bis 4 Stunden in der Umhüllung gewesen und nicht besser geworden, so wird diese rasch abgenommen, nachdem vorher die Leute und das Wasser herbei besorgt sind. So wie die letzte Decke abgenommen ist, muss der halbe Eimer Wasser und das erneute Reiben folgen, und dieses und das Zudecken ebenso besorgt werden wie früher. Je mehr das Tier in Schweiß war und je rascher das Wasser darauf folgt, desto besser ist es. So wird das Pferd unter fortgesetztem behutsamen Klistiergeben alle 3 bis 4 Stunden abgerieben. Tritt die Nacht ein, so geschieht es Abends gegen 10 Uhr zum letzten Mal. Ein Mensch bleibt die Nacht dabei auf, und so fort, bis es besser ist.

Gewöhnlich pflegt die Krankheit nach zwei- oder dreimaliger Behandlung nachzulassen. In 16 Fällen, worin sie hier mit Wasser behandelt wurde, stellte sich die Besserung nach 2 bis 36 Stunden ein.

Vorher pflegt das Pferd ruhiger zu werden, das Wälzen lässt nach, es erfolgen Entleerungen von Blähungen, von flüssigen und festen Exkrementen in größeren Quantitäten. Das Pferd säuft anhaltend Wasser, welches ihm öfters während der Krankheit im Eimer zu bieten ist, es wird munterer, wiehert nach anderen Pferden, frisst zeitweise anhaltend, wobei ihm aber nur Gras oder gutes Heu zu reichen. Nach 6 bis 8 Stunden, wenn es wieder Fresslust zeigt, nimmt man ihm eine Decke nach der anderen ab, damit es sich allmählich abkühlt, und lässt den Körper, so wie er bloß kommt, mit Stroh tüchtig trocken reiben.

Es ist gut, wenn man Leuten, welche meist immer auf den, Hofe sind und im Gute bleiben, das Geschäft übergibt. Sie üben sich darauf ein. Die Wasserkur wurde bei mir nur bei Koliken angewandt, ich habe aber die Überzeugung, dass dieselbe ebenso wie sie sich hierbei bewährte, auch bei den noch schlimmeren Lungenentzündungen helfen wird. Es gibt der Fälle so viele, wo Menschen damit kuriert wurden, warum sollte dies nicht ebenso bei den Pferden stattfinden?

Es steht fest, dass die Menschen oft dauerhaft viel gesünder und vom Grunde aus kuriert wurden, wenn sie mit Wasser behandelt waren. Dasselbe habe ich bei meinen Pferden bemerkt.

Auch bei Rindvieh, Schafen und Schweinen habe ich die Wasserkur mit Erfolg angewandt, besonders da, wo Verstopfung vorhanden, indem ich Klistiere von Wasser von 15 bis 18 Grad Reaumur anwandte.

Wenn man die Wasserkur gebraucht, so hat man zuerst ein gewisses Vorurteil dagegen, man versucht sie ein- und zweimal bei dem kranken Tiers und wird, wenn man nicht sofort nach der Anwendung die Besserung sieht, schwankend und greift wieder zu den alten Arzneimitteln, welche man von früher her kennt. Das kommt davon, dass man noch keine Erfahrung in der Sache hat. Hat man aber den Erfolg der Kur öfters beobachtet, und dieselbe beharrlich durchgeführt, so gewinnt man dazu Vertrauen. Ein Tierarzt, Herr Gerds zu Buchholz, ein Mann von großer praktischer Erfahrung, gab mir neulich die Versicherung, dass er auch schon seit langer Zeit die Wasserkur beim Vieh angewandt habe, und zwar mit großem Erfolg.

Schließlich möchte ich noch darauf aufmerksam machen, dass das Wasser um so mehr als Heilmittel sich empfiehlt, indem es überall vorhanden und leicht anzuwenden ist und dem Landmanne nur geringe Kosten macht.

Bauer mit Pferd

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Arbeitspause für Mensch und Tier

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Getreideernte, ein Fuder Getreidegarben

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Pferdeknecht beim Pferdefüttern

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Pferdestall auf dem Gut

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Pferd zum Beschlag in der Dorfschmiede

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