Ein seltsamer Mann zu Oberhagen bei Rostock.

Aus: Mecklenburgs Volkssagen. Band 2
Autor: Von E. Wolff, Pastor zu Rövershagen, Erscheinungsjahr: 1862
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Sage, Volkssage, Oberhagen bei Rostock
Der berüchtigte Jäger Brandt hat in der Zeit gelebt, wo preußische Werber überall, wo sich Gelegenheit dazu geboten hat, große und starke Leute zu Soldaten geworben, und wenn sie nicht gutwillig sich dazu haben verstehen wollen, sie mit Gewalt fortgeschleppt haben.

So haben die Werber damals auch in Oberhagen bei Rostock einen Tagelöhner im Auge gehabt, den sie gerne bewogen hätten, Soldatendienste zu nehmen. Da sie aber gefürchtet haben, dass er nicht gutwillig sich dazu verstehen werde, so haben sie mit Gewalt ihn dazu zwingen wollen. Sie dringen deswegen des Nachts in sein Haus.

Der Mann wird dies gewahr und springt aus dem Fenster. Die Preußen laufen ihm nach. Es liegt Schnee; er aber ist barfuß und im bloßen Hemde. Deshalb will er nicht gerne weit vom Hause abgehen. Er läuft deswegen nach einem in der Nähe sich befindenden Brunnen. Die Werber jagen ihn um den Brunnen herum. Er gerät jedoch endlich so in die Klemme, dass er nicht weichen kann und springt deswegen über den Brunnen. Dabei ergreift einer seiner Verfolger den Zipfel seines Hemdes, behält aber nur diesen Zipfel in der Hand, während der Tagelöhner selbst mit dem übrigen Teile des Hemdes entkommt und Aufnahme findet bei jenem Jäger Brandt in Heinrichshagen, welches jetzt ein ziemlich großes Dorf ist, wo damals aber nur die Jägerwohnung allein gelegen haben soll. Es liegt eine halbe Stunde von Oberhagen entfernt.

Jener Tagelöhner soll viele Kraft gehabt haben, aber auch sehr viel haben essen können. Er soll einen ganzen Grapen voll Klöße mit einem Mal aufgegessen, dann aber auch drei Tage genug gehabt haben. Er ist dann drei Tage im Walde beim Ausroden der Stämme geblieben und hat, je mehr der Hunger angedrängt hat, desto mehr den Schmachtriemen angezogen.