Ein Deutscher in Russland

Aus: Schnurren. Volksbücher. 27
Autor: Marbach, G. O. (?) Herausgeber, Erscheinungsjahr: 1865
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Deutscher, Russland,
Als Katharina II. den Krieg mit den Türken fortsetzte und der Fürst Potemkin das Oberkommando des russischen Heeres führte, kam ein junger deutscher Kaufmann, der sich in dortiger Gegend von allen Mitteln entblößt aufhielt, ins russische Lager und ließ sich beim Fürsten anmelden, um Dienste unter seinen Fahnen zu nehmen. Er ward in Potemkins Zelt eingeführt und mit den Worten:

„Was sind Sie für ein Landsmann?“ von dem Fürsten empfangen.

Ganz demütig antwortete der arme Unglückliche:

„Ein Deutscher.“

„Ein Deutscher!“ rief der Fürst, es ist gut! Sie sollen als Arzt, woran wir Mangel leiden, bei unserer Armee angestellt werden."

„Verzeihen Ihro Durchlaucht, entgegnete der Fremde: „ich habe nicht Medizin studiert.“

„Das tut nichts!“ unterbrach ihn Potemkin: „ich weiß, die Deutschen finden sich in Alles.“

„Aber Ihro Durchlaucht“, fuhr der junge Mann fort: „ich kann unmöglich diesen Posten bekleiden.“

„Machen Sie keine Umstände“, sagte der Feldherr hitzig: „Sie werden sogleich eine Offiziers-Uniform bekommen und fünfzig Rubel monatliche Löhnung haben.“

Wirklich befahl er seinem Adjutanten, den Fremden augenblicklich einzukleiden und in den Lazaretten als neuen Arzt der Armee bekannt zu machen.

An der Neva mit Blick auf den Winter-Palast

An der Neva mit Blick auf den Winter-Palast