Die wandelnde Leuchte von Proseken bei Wismar.

Aus: Mecklenburgs Volkssagen. Band 4
Autor: Gesammelt und herausgegeben von M. Dr. A. Niederhöffer, Erscheinungsjahr: 1862
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Sage, Volkssage, Proseken, Wismar, Stoffersdorf, Gägelow, Wendorf
Wenn das Korn in die Scheunen gefahren ist, der Wind über die Stoppeln streicht und das Laub auf den Bäumen sich herbstlich zu färben beginnt, dann soll dem späten Wanderer bei Proseken oder in dessen Umgegend zuweilen die sogenannte wandelnde Leuchte begegnen, ein einige Fuß über die Felder dahin eilender Feuerklumpen.

Dieser Feuerklumpen, gemeinhin nur „die Leuchte" genannt, hat die Größe und Form einer mittleren Kegelkugel, ist von bläulich roter Farbe und hat oft einen zwei oder drei Schritte langen Funkenschweif hinter sich.

Nach Aussage der Leute erhebt sich die merkwürdige Erscheinung gewöhnlich des Abends zwischen sieben bis acht Uhr auf dem proseker Kirchhofe und nimmt dann von hier aus bald diese, bald jene Richtung. So ist sie z. B. schon häufig in einem von Proseken nach Stoffersdorf, wie auch in einem von Proseken nach Gägelow führenden Fußsteig bemerkt worden. Auch im Fußsteige von Stoffersdorf nach Wendorf, oder in der Nähe des letzteren Dorfes selbst hat man sie schon mitunter umherirren sehen. Doch ist sie auch schon Manchem, ohne jegliches Vorzeichen ihres Kommens, ganz plötzlich in der Dunkelheit erschienen.

Frauensleute, denen „die Leuchte" begegnet ist, haben fast immer zwei weiß gekleidete Mädchen, eine runde Laterne zwischen sich tragend, gesehen. Andere weibliche Personen wollen diese beiden Mädchengestalten auch mit einem Eimer aus einem Brunnen in Mittel-Wendorf — der jetzt verschüttet ist — Wasser schöpfen gesehen haben etc.

Über die Entstehung, den Grund und die Aufgabe dieser geisterhaften Erscheinung wissen die Leute nichts weiter anzugeben, als dass dies ein Paar in früheren Zeiten auf dem Proseker Kirchhofe begrabene Mädchen seien, die aus ihnen unbekannten Gründen dazu verdammt sind, während der angegebenen Jahreszeit, zu bestimmten Stunden ruhelos mit einer Laterne umherzuwandeln.