Die konstitutionelle Partei in der Mecklenburgischen Ritterschaft – August Pogge

Autor: Wiggers, Julius Dr. (1811-1901) deutscher Theologe, Hochschullehrer und Schriftsteller, Erscheinungsjahr: 1862
Themenbereiche
Enthaltene Themen: August Pogge, mecklenburger Ritterschaft, Landesverfassung, Landstände,
Erst mit dem Eintritt der neuen Ära in Preußen, im Jahr 1858, begann die Bildung einer konstitutionellen Partei in der Mecklenburgischen Ritterschaft. Die Führung derselben fiel dem tätigsten und ausdauerndsten Mitgliede dieser Partei, Herrn August Pogge auf Jaetzbetz, zu, welcher, unterstützt von seinen Brüdern und anderen liberalen Standesgenossen, es unternahm, für die Rückkehr zum Konstitutionalismus auf dem altständischen Landtage zu wirken. Sein Vater, Herr Pogge auf Roggow, war es gewesen, welcher zuerst das Wort „Repräsentativverfassung“ in Mecklenburg — schon auf dem Landtage von 1847 — ausgesprochen hatte; die Söhne arbeiteten an der damit vorgezeichneten Aufgabe weiter.
Die Notwendigkeit einer Verfassungsänderung ward von August Pogge zuerst in einer Eingabe hervorgehoben, die er während des Landtages von 1858 in Folge von persönlichen Streitigkeiten zwischen ihm und einigen adeligen Landständen sich veranlasst fand an den Großherzog zu richten. Das Bedürfnis einer Verfassungsänderung war auch unter der Restauration wiederholt anerkannt worden: zuerst durch die Großherzogliche Proklamation vom 15. April 1850, welche die ausdrückliche Zusicherung enthielt, dass an dem in der Proklamation vom 23. März 1848 betretenen Wege, das heißt an der Verheißung einer möglichst beschleunigten Einführung einer konstitutionellen Verfassung, unter allen Umständen festgehalten werden solle; sodann bei Gelegenheit der Verkündigung des Freienwalder Schiedsspruches, wo die Zusicherung erteilt ward, ungesäumt die erforderlichen Einleitungen treffen zu wollen, damit das auf dem außerordentlichen Landtage im Frühjahr 1848 begonnene Werk der Reform der ständischen Vertretung und der Landesverfassung wieder aufgenommen werde; ferner durch die landesherrliche Landtags-Proposition vom 15. Februar 1851, in welcher das Bedürfnis einer wesentlichen Veränderung der Landesvertretung anerkannt ward, durch die vom Großherzoge veranlassten Verhandlungen mit ständischen Deputierten über eine Reform der Landesvertretung im Oktober des Jahres 1851, endlich durch das Großherzogliche Landtagsreskript vom 25. November 1851, in welchem erklärt ward, daß es nicht die Absicht sein könne, die Sache der Verfassungsreform nunmehr auf sich beruhen zu lassen, da sich durch die bisherigen erfolglosen Verhandlungen die Überzeugung des Großherzogs von dem Bedürfnisse einer Verfassungsreform nur noch mehr befestigt habe. Wenn daher Pogge auf das Bedürfnis einer Verfassungsreform hinwies, so stand er vollständig auf demselben Boden, welchen das Restaurationsministerium bis dahin eingenommen hatte. Es erklärt sich daher nur aus dem inzwischen (1. Juli 1858) in einigen Ministerien eingetretenen Personalwechsel, wenn die gelegentliche Hinweisung der Pogge’schen Eingabe auf das Bedürfnis einer Verfassungsreform in einem, gleichfalls durch die erwähnten persönlichen Streitigkeiten hervorgerufenen Großherzoglichen Landtagsreskript (vom 27. November 1858) jetzt eine strenge Zurückweisung erfuhr. Das Reskript bemerkt in Bezug auf diesen Punkt:

„Insofern in diesen Äußerungen (Pogges) der bestehenden Landesverfassung Bestand und Wert abgesprochen und deren Beseitigung mit der Art und Weise, wie der Verfasser und angebliche Genossen desselben, die Wir nicht kennen und deren Existenz Wir nirgends voraussetzen, ihre landständischen Rechte ausüben, in Verbindung gebracht wird, halten Wir Uns verpflichtet, dergleichen Anmaßungen zurückzuweisen und über Unsere Allerhöchste Willensmeinung in dieser Hinsicht keinen Zweifel zu lassen. Wie oft auch die Mängel Unserer Einrichtungen Uns schon entgegengetreten sind, so liegt es Uns doch fern, eine allmähliche fortschreitende Verbesserung derselben in Zweifel zu ziehen, und wie Wir fest entschlossen bleiben, die bestehende Landesverfassung, so viel an Uns ist, kräftig aufrecht zu erhalten und zu schützen, so halten Wir das bessere Vertrauen fest, dass, wenn eine wahrhaft patriotische und einmütige Gesinnung von den Trägern der bestehenden Verfassung betätigt wird, dies heilsamere Resultate für das Vaterland herbeiführen wird, als alles Experimentieren mit neuen willkürlichen Verfassungsformen.“

Auf dem Landtage von 1859 brachte Manecke die Verfassungsfrage wieder in Anregung. Er beantragte: die Stände möchten sich bereit erklären, ihrerseits der Verfassungsarbeit des Jahres 1859 kein Hindernis entgegenzusetzen, und die beiden Großherzoge ersuchen, die geeigneten Mittel und Wege zwecks Weiterführung des begonnenen Werks zur gemeinsamen Beratung der Ritter- und Landschaft zu bringen. In der durch diesen Antrag hervorgerufenen äußerst stürmischen Verhandlung machte Pogge die Äußerung:

der Adel habe dem Mecklenburgischen Volk seine Verfassung wieder genommen und es um alle Rechte gebracht, die ihm von Gottes und Rechtswegen zukommen.

Diese Worte schienen nur den Sinn haben zu können, dass damit das beseitigte Staatsgrundgesetz von 1849 als ein noch immer zu Recht bestehendes bezeichnet werden sollte. In diesem Sinne wurden sie von der ganzen Bevölkerung mit Jubel begrüßt und Pogge erhielt bald darauf von vielen Seiten die sprechendsten Beweise, wie großen Anklang er mit diesen Worten gefunden hatte.

Aus: Deutsche Jahrbücher für Politik und Literatur, 1862, Band 3. Von Dr. Julius Wiggers (1811-1901) deutscher Theologe, Hochschullehrer und Schriftsteller