Die feindlichen Ritter von Walkendorf und Dalwitz bei Gnoien und die Fee mit der goldenen Wiege.

Aus: Mecklenburgs Volkssagen. Band 4
Autor: Gesammelt und herausgegeben von M. Dr. A. Niederhöffer, Erscheinungsjahr: 1862
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Sage, Volkssage, Walkendorf, Dalwitz, Gnoien, Bassewitz, Lühburger, Moltke,
Als es noch viele Wenden in Mecklenburg gab, da wohnten auch zwei solcher Ritter zu Walkendorf und Dalwitz bei Gnoien. Beide Grenznachban waren erbitterte Feinde und bekriegten sich gegenseitig fast unaufhörlich. Obgleich der Walkendorfer dem Dalwitzer an Mannschaft weit überlegen war und ihn in offener Schlacht immer in die Flucht schlug, so nutzten ihm solche Siege doch blitzwenig; denn der Dalwitzer schloss sich dann eiligst in seine stark befestigte Burg ein, die ebenso tief in der Erde lag, als sie daraus hervorragte, zog die zu ihr über tiefe Wallgräben führende Zugbrücke in die Höhe und verteidigte sich dahinter mit seinen Leuten. Niemand konnte ihm hier so leicht etwas anhaben, und mussten seine Verfolger stets unverrichteter Sache wieder abziehen.

Der Walkendorfer Ritter, der steten Fehden seines feindlichen Grenznachbars überdrüssig, der, so oft er ihn auch in die Flucht schlug, doch stets wieder vor seine minder geschützte Burg zog und ihn unaufhörlich neckte und belästigte, beschloss endlich, um Ruhe zu bekommen, sich eine ähnliche, wo möglich noch festere und unbesiegbarere Feste zu erbauen, als die des Dalwitzers. Mit Hilfe des ihm befreundeten Lühburger Ritters unternahm er es nun an dem einen Ende des ihm gehörenden nahen Sees einen hohen Berg Erde aufzukarren. Nach siebenzehnjähriger, unausgesetzter Tätigkeit war endlich diese mühevolle Arbeit vollendet und der Berg fertig, was ihm manchen treuen Knecht gekostet, da er immer eine Schaar Bewaffneter aufstellen musste, um die Leute bei der Arbeit vor dem Feinde zu schützen.

Bald erhob sich auf diesem künstlich hergestellten Berge eine ähnliche feste Burg wie die des dalwitzer Ritters, denn auch sie war so tief in die Erde gebaut, dass nur die Hälfte von ihr sichtbar war. Hierher zog nun der Walkendorfer Ritter und hatte fortan Ruhe vor seinem Feinde.

Während des langen Baues seiner neuen Burg war der Walkendorfer schwach und alt geworden, und er dachte ernstlich daran, seinen einzigen Sohn zu verheiraten. Er hatte hierzu die schöne Tochter des Lühburger Ritters, ebenfalls dessen einzig Kind, ausersehen, um diesem hierdurch zugleich seine Dankbarkeit für die ihm beim Berzbaue geleistete treue Hilfe zu bezeugen. Obgleich auch die beiden jungen Leute einander herzlich gut waren und sich innig liebten, so wollte doch der Vater des jungen Edelfräuleins nicht in diese Verbindung willigen, da er seine Tochter mit einem kleinen wendischen Fürsten zu vermählen dachte.

Da alle wiederholten Versuche des jungen Walkendorfers vergeblich blieben, die Einwilligung des Lühburger Ritters zur Verheiratung mit seiner Tochter zu erlangen, so entführte er sie endlich in der Nacht auf einem weißen Schimmel und brachte sie auf die väterliche Burg.*)

Der beleidigte Lühburger Ritter verband sich nun mit dem beregten kleinen Wendenfürsten und zog mit einem großen Heere gegen die Walkendorfer Burg, die jetzt dem Entführer seiner Tochter gehörte, da dessen Vater kürzlich gestorben war. Es wurde ein großes Floß gebaut, um so der Burg desto leichter und besser beizukommen. Nach langer, langer Belagerung und nachdem sich auch noch der alte Dalwitzer Ritter mit den Belagerern verbündet hatte, gelang es schließlich den jungen Walkendorfer zur Übergabe seiner Burg zu bewegen, jedoch stellte er dabei die Bedingung, dass der Lühburger Ritter ihm endlich seine Einwilligung zur Verheiratung mit dessen Tochter geben solle, wenn nicht, so werde er sie und sich umbringen, ehe seine Feinde in sein Eigentum eingedrungen sein würden. Nach dieser energischen Erklärung des jungen Walkendorfers gab nun endlich der erzürnte Lühburger seine Zustimmung, dass Ersterer seine Tochter zum Weibe behalten solle, doch musste er ihm dafür sofort seine Burg abtreten.

*) Das Ross soll auch jetzt noch alle Jahre spukend die Reise einmal dahin machen.

Das nahe Dorf Niekör ist während dieser langen Belagerung der Burg Walkendorf entstanden; die Feinde haben es nämlich zur besseren und bequemeren Beobachtung der belagerten Burg erbaut und hier mit ihrer ganzen Heeresmacht gelegen.

Der arme Walkendorfer ging nun mit seinem jungen Weibe zu seinem Vetter, einem Ritter Moltke — wo der gewohnt, gibt die Sage nicht an — klagte ihm sein Unglück und bat um Rat und Hilfe. Ritter Moltke, ein ebenso guter, als edeldenkender Herr, sagte seinem Vetter ganz offen, dass es unrecht gewesen, die Tochter des Lühburgers zu entführen; aber er tadelte auch des Letzteren Härte und versprach dem armen Walkendorfer die kräftigste Hilfe zur Wiedererlangung seiner Burg.

Ritter Moltke verband sich nun mit einer großen Zahl ihm befreundeter Ritter und rückte mit einem ungeheuren Heer zur Wiedereroberung der vetterlichen Burg aus.

Ehe er jedoch dazu schritt, zog er zuerst mit seinen Bundesgenossen vor des Lühburgers Burg und forderte ihn auf, seinem Vetter gutwillig sein Eigentum wieder zurück zu geben, wie ihn überhaupt in alle seine sonstigen Rechte als Schwiegersohn einzusetzen; wonicht, so werde er nicht allein zur Eroberung der Burg Walkendorf schreiten, sondern zuvor erst Lühburg nehmen und es von Grund aus zerstören. Der geängstigte Lühburger gab jetzt endlich nach, erfüllte Alles was Ritter Moltke verlangte, verzieh dem Walkendorfer und seinem Weibe vollständig und segnete ihren Ehebund.

Als Ritter Moltke hiernach den Walkendorfer wieder in sein Eigentum eingesetzt hatte, benutzte Letzterer sogleich die günstige Gelegenheit, zog mit dem gewaltigen Heere seines Vetters vor des verhassten Dalwitzers Burg, züchtigte ihn auf das Empfindlichste und ließ sich darnach das heilige Versprechen geben, seine Feindseligkeiten gegen ihn für immer einzustellen.

Glücklich und in stetem Frieden lebte nun das junge Paar auf Burg Walkendorf bis ans Ende ihrer Tage.

Als ihnen der erste Sohn geboren wurde, brachte eine Fee der Wöchnerin eine goldene Wiege, die sie aber wieder zurück mit sich in den Berg nahm, als sie nicht mehr benutzt wurde.

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Wenn dereinst ein Graf Moltke mit roten krausen Haaren geboren sein wird, so bringt diesem die Fee die goldene Wiege wieder, nebst vielen andern Schätzen, wofür er dann später die nun schon längst verfallene Burg Walkendorf wieder aufbauen lassen wird. — Als nämlich später die Familie der Ritter von Walkendorf ausgestorben war, wurden die ihnen nahe verwandten von Moltke mit Walkendorf belehnt, die dasselbe aber jetzt auch nicht mehr besitzen. —

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Der künstliche Berg, auf dem sich einst die neue Burg Walkendorf erhob, ist noch vollständig erhalten, aber über und über mit Holz bewachsen und wird jetzt der „Burgwarteberg“ genannt. Die Burg selbst ist aber gänzlich zusammengesunken und nur noch ein von Gestrüpp und Gräsern wild bewachsener Trümmerhaufen.

Von der alten Burg Dalwitz ist ebenfalls nur noch wenig vorhanden. Auf ihren alten tiefen Fundamentmauern erhebt sich teilweise das jetzige Schloss der derzeitigen Besitzer, der Grafen von Bassewitz. Außerdem existiert auch noch der alte Wallgraben, der auch heute noch das herrschaftliche Schloss umschließt, über den aber jetzt, statt der ehemaligen hölzernen Zugbrücke, eine massive Steinbrücke führt.

Fuhrmann in der Hansezeit

Fuhrmann in der Hansezeit

Edelfrau in der Hansezeit

Edelfrau in der Hansezeit

Jäger in der Hansezeit

Jäger in der Hansezeit

Kriegsmann mit Beute beladen

Kriegsmann mit Beute beladen

Angriff auf eine Burg

Angriff auf eine Burg

von-Bassewitz-web

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