Die bedrängte Lage der Stadt Wismar im dreißigjährigen Kriege (1627 - 1632) - Nach dem Tagebuch des Bürgerworthalters Adam Koppe.

Aus: Aus den Archiven der Hansestädte
Autor: Burmeister, Carl Christoph Heinrich (1809-1842) Theologe, Historiker, Publizist, Mitglied der königlichen Gesellschaft für nordische Altertumskunde in Kopenhagen und des Vereins für mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde, Erscheinungsjahr: 1843
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Hanse, Hansa, Hansestädte, Freihandel, Zollverein, Preußen, Österreich, Zölle, Handelsschranken, Freihandel, Europa, Welthandel, Hamburg, Bremen, Lübeck
Im Ratsarchive der Stadt Wismar sind die gleichzeitigen Ratsprotokolle sehr undeutlich geschrieben und die Akten über den dreißigjährigen Krieg entweder verloren oder doch sehr zerstreut.

Im Jahre 1627 hatte der Obrist Daniel Hebron nebst seinem Stab und Offizieren an barem Geld aus dieser Stadt Wismar bekommen:

der Oberst an barem Gelde 23.400 Thaler
anstatt der silbernen Tafel 3.000 Thaler
auf Obligation 21.000 Thaler
an Piken und Musketen 546 Thaler 32 ßl.
an Fuhrlohn 36 Thaler 30 ßl.
von etzlichen Bürgern für Salvegardien 1.860 Thaler
die in der Stadt wohnenden vom Adel für Salvegardien 345 Thaler.
Auf des Obersten Daniel Hebron Tafel sind verwendet 34.174 Thaler 17 ßl. 6 pf.
An Ausrichtung ab und zureisender Offiziere 273 Thaler
Auf des Oberst Wachtmeisters Johann Gordons Tafel ist verwendet 1.075 Thaler 39 ßl.
den Kapitänen an Zulage 7.509 Thaler 45 ßl.

Es wurden zur Deckung der Kosten aufgebracht:

in St. Marien Kirchspiel 20.871 Thaler 33 ßl.
in St. Georgen Kirchspiel 25.305 Thaler 20 ßl.
in St. Nicolai Kirchspiel 23.011 Thaler 11 ßl.
. . . . . . . . . . . Zusammen 69.188 Thaler 16 ßl.

Auf Begehr des Herrn Obersten von Arneimb *) und von Julian sind verwendet:

*) Von Arneimb heißt es: „juravit publice: Gott solle seine Seele verderben, daferne er gedachte Wismar zu verderben“ mit der Bemerkung: Hats doch getan. Oberst Todt dagegen wird gelobt.

1. Ist auf Begehren des Herrn Obersten von Arneimb ehe noch einige Garnison eingelegt ins Feldlager nach Stromikendorf und allhier vom Provianthaus aus gefolgt 1.876 rl. 8 ßl.

2. Ist auf des Herrn Obersten von Arneimb Begehr für 3 Compagnien auf Poel laut des Oberst Wachtmeisters daselbst ausgegebener Quittung, desgleichen auf drei andere Kompagnien von hier nach Poel an Proviant verabfolgt 542 Thaler 27 ßl.

3. Ist auf einen Monat nach Poel auf des Herrn Stadthalters von Julian Begehren zu Proviantierung der daselbst gelegenen Soldateska über Voriges an Bier, Roggen und Mehl ausgeschickt 1.096 Thaler 24 ßl.

4. Ist ferner auf Begehren hochgedachter Obristen von Julian den 6 Compagnien allhier in Wismar auf ein Monat an Bier und Brot gefolgt worden 2.558 Thaler.

5. Was zu Einräumung des Landes in Poel und Reparierung der Brücken daselbst von der Stadt dem Herrn Obersten v. Arneimb verabfolget worden 410 Thaler 12 ßl. Auf Wallensteins Befehl war eine Schiffbrücke nach Poel angelegt worden.

6. Was zu Ausrichtung des Herrn Obersten von Arneimb und anderer ab- und zureisender hoher Offiziere ausgegeben und in Herbergen bezahlt worden nach Besagen der Wirte Zettel 673 Thaler 34 ßl.

7. Wegen der von Poel überbrachten und ferner nach Pommern weggeschickten vier großen Karthaunen an Unkosten verwendet 186 Thaler 9 ßl.

8. Hat die Stadt zu unterschiedenen zween Mahlen auf Begehr und geschehene Zusage der Widerstadung des Herrn Obersten von Altringers nach Neukloster und andermal nach Bobus (Bobitz) für die vorbeimarschierende Armee an Proviant hinausgeschickt 182 Thaler.

Dem Obersten von Arneimb wurden außerdem von der Stadt 4.000 Thaler und ein stattlicher Pokal und außerdem zur Abreise noch 263 Thaler verehrt. Er hatte im Ganzen von der Stadt aufgeliehen 125.454 Thaler 44 ßl. 6 pf. Den 12. Januar 1632 räumten die Kaiserlichen unter Oberst Gramb (der böse Gramb *) genannt) die Stadt. Von 2.900 Einwohnern (ohne die Kinder, wie in älteren Zählungen) waren nur noch 500 übrig und überhaupt über 300.000 Thaler an das Kriegsvolk bezahlt worden. Dazu hatte die Stadt durch „Gottes Wetter und Sturm“ zwölf große Schiffe verloren. Nach dem Abzuge der Kaiserlichen standen von 379 großen Häusern, 445 Buden und 42 Kellern (zusammen 866 Wohnstellen) noch 291 Häuser, 288 Buden und 30 Keller (601 Wohnstellen.) Am meisten litt das Kirchspiel St. Georg, wo von 101 Häusern, 174 Buden und 10 Kellern nur noch 76 Häuser, 111 Buden und 7 Keller standen. Am meisten litten also die kleineren Häuser oder Buden. Von 31 Brauern im Kirchspiel St. Georg brauten nur 16 und von 122 Brauern in der ganzen Stadt nur 68. Die Brauerei hob sich indes später unter der schwedischen Regierung bald wieder. Im J. 1664 zählte die Stadt schon wieder zum mindesten 87 Brauer, welche allein seewärts 1.587 Last Mum, 789 Last Fassbier und 70 Last Tafelbier meistens nach den nordischen Reichen versandten. (Nach dem Steuerregister d. J.)

*) Oberst Caspar Gramb erhielt monatlich 4.442 Thaler 8 ßl. in der ganzen Zeit seiner Anwesenheit 15.423 Thaler.

Den kläglichen Zustand der Stadt offenbaret auch ein Schreiben des Müllers Daniel Palsow, worin er den Rat um Erlassung der Zinsen bittet. Es lautet:

„Ehrenveste, Großachtbare, Hoch - und Wohlweise, großgünstigste Herrn. Ob ich wol für diese gemeine Stadtcämmerei die in meiner gewesenen Mühle verschriebene 300 mk. Capital gebürlich verwandt und das gewöhnliche Grundgeld daneben abgetragen, sodann auch der Kirche zu St. Marien Ihre darin verschriebene 200 mk. Lübisch richtig verzinset habe und anitzo gerne nach wie vor mit einem Jeden deßwegen gute Richtigkeit machen wollte, so ist doch E. E. G. und männiglichen leider der klägliche Ruin und Untergang derselben meiner Mühlen, und vorhin dabei von der kaiserlichen Soldateska preisgemachten Korns und Güter Zustand mehr dann wohl bewußt. Weil dan dahero außer meinen Vermugen ist, sondann Zinsen und Grundgeld der Stadt und Kirchen anitzo abzutragen, also will ich demnach unterweislichen Fleißes gebeten haben E. E. G. geruhen sodann meinen großen Schaden und Abgang meiner Güter großzuversichtlich zu beherzigen und die großgünstige Disposition und Verfügung zu thun, dass mir nicht allein die Zinsen und Grundgeld eine Zeit lang remittirt und nachgegeben sondern auch zu Wiedererbauung meiner Mühlen von den Pfandschaftern die hülfliche Hand und Mittel dargeboten und gereichet werden mochten, wie solches an sich die Notwendigkeit und christliche Liebe erfurdert, will ich mir dessen aus großgünstiger Erhörung getrosten und es mit schuldiger Pflicht williglich zu ersetzen und hochlich ohnnachläßig zu rühmen wissen.
Dato Wismar 30. Jan. 1632.
E. G. gehorsamster und dienstwilliger
Daniel Polsow
Decretum ist bewilligt

Hansewappen

Hansewappen

Hanse Kogge

Hanse Kogge

Wismar, Stadtansicht

Wismar, Stadtansicht

Wirtshausszene in der Hansezeit

Wirtshausszene in der Hansezeit