Die alte Burg Gorlosen bei Eldena

Aus: Mecklenburgs Volkssagen. Band 4
Autor: Gesammelt und herausgegeben von M. Dr. A. Niederhöffer, Erscheinungsjahr: 1862
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Sage, Volkssage, Eldena, Gorlosen, Elde, Raubritter, Wegelagerer, Ritterburg, Ritter, Kaufleute, Fischer, Bök
Da, wo jetzt die gorlosener Schmiede steht, erhob sich früher die feste und mächtige Burg Gorlosen. Außer gewaltigen, starken Mauern und Wällen, war sie rundum auch noch von Wasser umgeben, auf der einen Seite von der alten Elde, auf den andern drei Seiten aber von tiefen und breiten Wallgräben. Nur eine einzige Brücke verband diese also gebildete Insel mit dem festen Lande, die aufgezogen wurde, sobald sich Gefahr zeigte. Auch führten zwei verborgene unterirdische Gänge von der Burg ins Freie, der eine unter die Elde hindurch nach ihrem jenseitigen Ufer, der andere aber nach dem nahen, zur Burg gehörenden Weinberge — eine noch heute unter diesem Namen bekannte beträchtliche Anhöhe zwischen Gorlosen und Bök.

Der letzte adlige Besitzer der Burg Gorlosen war; wir die meisten seiner Vorbesitzer, ein Raubritter und Wegelagerer erster Klasse, der im Verein mit den ihm eng befreundeten und verbündeten Raubrittern von Eldenburg und Stavenow die ganze Gegend weit und breit unsicher machte, und sie oft in Gemeinschaft mit diesen sengend und raubend durchzog. Auch hatte er, damit ihm nichts entgehe, unter der nahe seiner Burg gelegenen Eldebrücke, über welche die Landstraße führte und auch noch heute führt, einen Draht, der mit einer in seinem Schlafgemache befindlichen Glocke in Verbindung stand, so angebracht, dass bei der leisesten Berührung der Brücke die Klingel ertönte und sie Niemand unbemerkt passieren konnte.

Einst hatte auch der Raubritter von Gorlosen mit Hilfe seiner beiden sauberen Kumpane den lübeckschen Bischof gefangen genommen und hielt ihn längere Zeit über in harter Haft bei Wasser und Brot, ohne dass des Bischofs Freunde ihn befreien konnten. Da nahm sich endlich der gorlosener Fischer des armen Gefangenen an. Während der Nacht bei seiner Beschäftigung mit Fischen und Schilfschneiden nahte er sich dem hart an der Elde liegenden Burgverließ, befreite den Bischof, verbarg ihn unter Schilf in seinem Kahn und fuhr auf der Elde nieder, nach dem preußischen Dorfe Krienitz zu.

Der wachsame Burgherr aber bemerkte bald die Flucht und setzte den Beiden nach. Der Anhöhe gegenüber in den gorlosener Wiesen, nicht fern von Krienitz, die noch heute „de Bischofsuhrt"*) heißt, wurde der Bischof wieder ergriffen. Der wütende Ritter ließ ihn nun auf die Anhöhe bringen, ihn völlig entkleiden, an Händen und Füßen binden und den ganzen Leib mit Honig einschmieren. In solchem Zustande blieb der Unglückliche den Qualen des Ungeziefers, des Hungers und Durstes ausgesetzt, bis der Tod seinen Martern ein Ende machte.

Als auch diese grausame Tat ruchbar wurde, da erfolgte endlich für diese und seine unzähligen andern räuberischen Gewalttätigkeiten, besonders an reisenden Lübecker Kaufleuten verübt, die Achterklärung**) des gorlosener Ritters.

*) Der Bischofsort.

**) Acht hieß im alten deutschen Recht die landesherrliche Erklärung, wodurch derjenige über den sie ausgesprochen worden war aller bürgerlichen und staatlichen Rechte und Ehren, mithin jeglichen Schutzes der Gesetze, sowie aller seiner Habe und Güter verlustig, also für gänzlich vogelfrei erklärt wurde, so dass Jeder einen solchen ungestraft umzubringen das Recht hatte.


Die Mecklenburger und Lübecker verbanden sich nun, rückten mit einer großen Heeresmacht von der strafenen Seite her gegen die Raubburg und belagerten sie. Dies geschah gerade zu einer Zeit, da sich des Ritters Weib in Kindesnöten befand. Die verzweifelte Gegenwehr ihres Gatten verzögerte aber die Einnahme seiner Burg, so dass es ihm möglich wurde, sich mit Weib und Kind durch den unterirdischen Gang nach dem Weinberge hin zu retten und in ein fernes Land zu fliehen, wo er aber bald darnach in größter Armut und Elend umgekommen ist.

Fuhrmann in der Hansezeit

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Kirchlicher Würdenträger in der Hansezeit

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Kriegsmann mit Beute beladen

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Angriff auf eine Burg

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