Die Seebäder - Doberan und Norderney 1826

Aus: Allgemeine Zeitung
Autor: Redaktion - Allgemeine Zeitung, Erscheinungsjahr: 1826
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Ostseebad Bad Doberan, Ostseeküste, Ostsee, Nordsee, Nordsee-Insel, Norderney, Badeleben, Badekur, Heilbad, Ostseeurlaub, Nordseeurlaub, Baderegeln, Badegäste
Wer mag sie alle zählen längst den Küsten der Ost- und Nordsee? Die gut geschriebene Reise eines Gesunden in die Seebäder Swinemünde, Putbus und Doberan (Berlin 1821) könnte wenigstens vier Fortsetzungen haben. Nach dem Zwecke, den die Allgemeine Zeitung beabsichtigt, kann nur von den zwei Vorzüglichsten, Doberan an der Ostsee, Norderney an der Nordsee, die Rede sein.

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Doberan, das erste, den englischen Watering places nachgeahmte deutsche Seebad, behauptete auch in diesem durch Badelust überall ausgezeichneten Jahre seine Stelle, und zählte etwa 400 Partien, also etwas mehr, als im vorigen Jahre. Sein Konskriptionskreis bleiben aber immer nur die Mecklenburgischen-Herzogtümer, und was aus Hamburg und der Umgegend schon dort eingewöhnt ist. Aus entfernten Punkten waren sehr wenige Fremde da, als der kaiserlich österreichische Gesandte in Dresden, Graf Palsy mit seiner liebenswürdigen Gemahlin, eine englische Familie Talbot, eine Fürstin Radzivil usw. Unter den Badegästen herrscht viele Geselligkeit, da durch das Zusammenspeisen aller Anwesenden Mittags (zu 12 Ggr.) an Einer Gasttafel, an welcher selbst täglich der alte Großherzog mit der ganzen Familie Teil nimmt, Abends an kleinen Tischen, die allerdings mit weit leckereren Schüsseln, aber auch viel teurer bedient werden, der regste Ideenumsatz für alle, die etwas ausgeben können, um wieder einzunehmen, sehr gefördert wird. In der besuchtesten Zeit speisten Mittags immer an 160 bis 200 Personen zusammen. Den Sitz gibt die Bade-Sozietät. Das ist eine Lotterie des Wohl- oder Übelbefindens. Der Großherzog macht kein Haus in Doberan, trägt aber durch sein äußerst zwangloses Benehmen vielfach zur Belebung und Freundlichkeit des Umgangs bei. Auch ist seit der Vermählung des Erbgroßherzogs mit der alle Herzen durch Huld gewinnenden Prinzessin von Preußen, Alexandrine, der jüngere Hof sehr teilnehmend. Die Umgegend ist freilich meist eine trost- und baumlose Sandsteppe. Doch hat man durch gut gepflegte Baumpflanzungen mehrere Lustgänge (beim Stahlbrunnen) und Anlagen mit Laubgehölzen gewonnen, und der grüne Platz in Mitte der Badewohnungen und Gasthäuser, der Camp, wird möglichst frisch erhalten. Zu den angenehmsten Standpunkten für Lustwandelnde in Doberans Nähe gehört der Pavillon auf dem Jungfernberge, mit seinem Panorama bis auf die von Fahrzeugen aller Art wimmelnde Ostsee hin, wo wöchentlich einmal auch das Dampfboot von Lübeck mit seinen Passagieren und erwarteten Neuigkeiten erscheint, dessen Kapitän die Schaulust der Badegäste gern befriedigt, und zu kleinen Lustfahrten, zu welchen auch die Fregatte des Großherzogs gebraucht werden kann, gern behilflich ist. Der Hauptpunkt bleibt indes die anderthalb Stunden von dem neuerbauten Doberan entfernte Anlage des Seebades selbst, wo das eigentliche Badehaus zwischen der Bucht, und einem in der Länge sich hinziehenden Lustgehölze angelegt, und durch das neue Säulengebäude mit dem, die Tropf-, Regen- und Spritzbäder umschließenden kleinen Badehause in Verbindung gebracht ist, und wo man sich zum Seebad selbst, das entweder ins Meer geschoben, oder auch im Freien genommen wird, durch vorbereitende gewärmte Bäder empfänglich macht. Dort verwaltet der ehrwürdige Veteran und das Orakel des Bades, dessen Vormund und schriftlicher Verkündiger, der 70jährige Badearzt, Geheimrat Vogel, täglich von frühem Morgen an sein Amt, berät die Badelustigen, verordnet die Temperatur der vorbereitenden, die Dauer der eigentlichen Bäder, in der nach Tageszeit und Witterung verschiedene Wirkung darbietenden See. Die Temperatur der Luft und der See findet man täglich im Badehause in einer eigenen Tabelle aufgezeichnet. Der kräftige, Welt- und Menschenkundige Greis ist noch im Speisehaus stets gegenwärtig, und mit zuvorkommender Bereitwilligkeit stets hilfreich und zugänglich. Seit einigen Jahren ist auch der Gebrauch der Struve’schen künstlichen Mineralwasser hier eingerichtet, und mit bestem Erfolg angewandt. Nur muss, das Material dazu erst von der Sollmannischen Anstalt in Berlin herbeigeschafft werden, und da kann sich’s wohl ereignen dass ein Brunnen, wie diesmal das Karlsbad, auf einige Tage ausgeht. Die mit Millionen ausgeworfenen, in der Morgensonne herrlich schimmernden Kieseln bedeckte Küste bildet den berühmten herrlichen Damm, und der Blick darauf gewährt die mannigfaltigste Unterhaltung. Eine abwechselnd an mehreren Orten spielende Schauspielergesellschaft benutzt während der Badezeit das vom Großherzog erbaute Schauspielhaus; es ist aber von ihren Leistungen wenig zu berichten. Auch wird es von der vornehmen Welt nur wenig besucht. Früher wurde Doberan wegen seiner Hazardspiele fleißig besucht, und noch jetzt ist die Unternehmung um eine bedeutende Summe verpachtet. Es hat aber die Spiellust, der die frühere Aufmunterung durch Beispiele gebricht, sehr abgenommen. Desto anziehender sind die seit einigen Jahren ganz in der Form von englischen Horse-races eingerichteten Pferderennen, die vom 11. bis 17 August eine volle Woche dauern, und eine Menge Zuschauer zu Ross und Wagen von den Ufern der Elbe und den Küsten der Ostsee herbeiziehen. Sie begannen auch diesmal mit dem sogenannten Bauernrennen an dem allen Mecklenburgern hochfeierlichen Tage, wo Friedrich Franz am 10. August 1807 von Altona zurückgekehrt, sein geliebtes Doberan zum ersten Mal wieder begrüßte. 168 Bauern brachten am 14 August ihre Pferde, die immer zu 8 miteinander ein Rennen halten, worauf die Sieger im letzten Rennen wieder miteinander um den Preis, eine kostbare Peitsche, kämpfen. Der Sieger war der Landmann Brüsehaber aus Jörgendorf. Der Großherzog teilte dabei selbst die Prämien aus, und es ist kaum zu berechnen welche Vorteile der hierdurch angeregte Wetteifer für die Mecklenburgische Pferdezucht in der Folge noch bringen wird. Die an den folgenden Tagen abgehaltenen Wettrennen haben ihre Benennung von den Prinzen und Prinzessinnen des Hauses. So fand am 17. August ein erstes und zweites Alexandrine-Rennen zur Ehre der Erbgroßherzogin statt. Außerdem finden täglich noch Privattennen auf der 5.500 Fuß langen Rennbahn statt. Den Beschluss machte am 18. August das sogenannte Peitschenrennen, wo des Grafen von Plessen-Ivenacks Wallach Typhon Sieger war. Das erste Gesetz bei allen diesen Wettrennen ist, dass es Pferde, auf dem Kontinent geboren, sind, die in die Rennbahn treten. Die Untersuchung liegt dem Oberstallmeister v. Rantzau ob. Wetten auf 100 auf 50 Friedrichsdor für das künftige Jahr wurden schon jetzt angeboten, und durch gedruckte Anzeigen bekannt gemacht. Die Kampfrichter und Marschälle sind die ersten Männer des Hofs und des Landes. Alles wird mit der strengsten Genauigkeit geprüft, erwogen, beurteilt. Dies muss notwendig das Interesse der Zuschauer mächtig steigern. An den zwei Haupttagen waren an 400 Wagen von herbeigeeilten Zuschauern versammelt.

Übrigens ist zwar hier jede willkürliche Überteuerung unmöglich, da alles seine festgesetzten Preise hat, auch die Fuhren von Doberan nach dem herrlichen Damm; indes ist der Aufenthalt hier nichts weniger als wohlfeil, besonders für die, welche den Friedrichsdor zu Hause mit 5 Thlr. 12 gr. einwechseln, und ihn hier nur zu 4 Thlr. 18 gr. ausgeben können. Jede Fuhre von Doberan ins Bad kostet 1 Thlr. 8 gr., ein gewärmtes Bad dort 12 gr. Familien, die aus Obersachsen, Schlesien usw. bieder kommen, tun wohl, Pferde und Wagen, auch nur gemietet, von Hause mitzubringen, da Futter und Stallung sehr billig sind. Weniger Bemittelte ziehen es auch wohl vor, die Seebäder In dem nachbarlichen Warnemünde zu brauchen, wo man in den kleinen, doch bequemen Schifferwohnungen sehr wohlfeil lebt, die herrlichen Seefische ganz frisch genießt, und mit Herzenslust baden, auch täglich nach Doberan fahren, und Vogels Rat einholen kann. Auch machen die Doberaner Badegäste häufig Spazierfahrten hierher, um Seefische zu schmausen, die im Bratrosste herrlich zubereitet werden. Andere Partien gehen nach Schwerin selbst, wo der alte, kunstliebende Großherzog sehr reiche und mannigfaltige Kunstsammlungen zusammenbrachte, und sie noch immer vermehrt; in das reizende Ludwigslust mit seinem Park und Monumenten in der Nähe, auf die Großfürstin Helena und Prinzessin Louise von Gotha; nach Rostock, dessen Hafen den regesten Verkehr darbietet, und von wo, so wie selbst von Hamburg, im Julius und August die zierlichsten englischen und deutschen Waren nach Doberan in geschmückten Magazinen zum Kauf ausgestellt werden. Als Erholung nach dem Bade wird häufig ein Abstecher über Stralsund auf die Insel Rügen gemacht, dort das romantische Arkona mit Kosegartens Jokunde in der Hand besucht, die gewaltigen Kreideklippen der Stubbenkammer, wenn auch nicht bis zum Königsstuhle, erstiegen, und die neuen Seebäder an der östlichen Küste beim Schlosse Putbus, eine Schöpfung des Fürsten Putbus, auch Seebad Neuendorf genannt, mit Doberan verglichen, und die Besorgnis der Doberaner, dass diese Anstalt einst ihnen merklichen Abbruch tun könne, sehr gegründet gefunden. Indes bietet die ganze Ostsee weder den kräftigen Wellenschlag, noch die reiche Schwängerung durch Salzteile — die Nordsee enthält fast doppelt so viel — und die gewaltige Bewegung der Ebbe und Flut dar, als die dem nördlichen Ozean zugewandten Bäder in Ostfriesland und im Oldenburgischen. Ihre Konkurrenz haben also die Seebäder an der Ostsee für die Zukunft am meisten zu fürchten. In Norderney, einer ostfriesischen Insel, beginnt die eigentliche Badezeit Mitte Julius bis Mitte Septembers, wo viermal in der Woche eine halbe Stunde von Norden beim sogenannten Fischerhause am Deiche ein sicheres, reinliches, mit einer Kajüte versehenes Fährschiff abfährt. Wer aber, die Möglichkeit einer Seekrankheit selbst bei einer zweistündigen Überfahrt fürchtend, zu Lande hinzukommen vorzieht, reist über Norden nach dem Hilgenrieder Siel, wo ein eigener Strandvogt dem Reisenden den Weg über das Watt zeigt; doch bis wollen die Wenigsten. Auch von Vegesack sind zwei schnellsegelnde Schiffe in Bewegung. Zur Seereise von Hamburg aus ist der Schiffer Reckma (Steenhöft Nr. 62.) zu empfehlen. Der Weststrand mit seinem kräftigen Wellenschlag, seiner oft zwanzig Fuß hoch steigenden Flut, seinen mannigfaltigen dort ausgespülten Seeprodukten, ist das eigentliche Paradies dieses Insel- und Badelebens. Da badet man früh in den nach dem Muster der englischen zu Deal eingerichteten, vierrädrigen Badekutschen, im Süden der ausgesteckten Badelinie die Frauen, im Norden die Männer (der Preis ist 4 Groschen das Bad). Da lustwandelt man im Wagen oder zu Fuß, und fühlt sich durch die reine, erquickende Seeluft unaussprechlich gestärkt. Außerdem gibt es im bequem eingerichteten Badehause auch erwärmte Seebäder, Dusche- und Sturzbäder um sehr billige Preise. Die lehrreichste Schrift bleibt noch immer die von Dr. F. W. v. Halem: Die Insel Norderney und ihr Seebad. Hannover, Hahn, 1822. mit dem Nachtrage des jetzigen Badearztes Dr. Bluhm, Hannover 1824. Seit der Erscheinung dieses Nachtrags hat sich die Zahl der Häuser auf der Insel bis auf 142 vermehrt. Bei der jährlich wachsenden Frequenz fehlt es daher nicht an Wohnungen, für deren innere Bequemlichkeit und anständige Möblierung fortwährend so viel getan wird, dass, wenn auch hier die Eleganz und der städtische Prunk der Wohnungen in den größeren Bädern des Festlandes vermisst würde, bis alles doch durch die echt holländische Reinlichkeit von Zimmern, Gerätschaften, Betten u. s. w., so wie durch die Gutmütigkeit und Ehrlichkeit dieser Insulaner vollkommen aufgewogen wird. Von letzterer kann als Beweis dienen, dass das Verschließen der Haustüren und Zimmer hier zu den Ausnahmen von der Regel gehört, und dass man demungeachtet nichts von Diebereien hört. Übrigens war dies Bad in diesem so günstigen, heiteren Sommer, wo allerdings alles, was reisen konnte, sich auf die Füße machte, besuchter als je vorher (das eigentliche Bad besteht erst seit 1801). Die gedruckte Badeliste gab gegen 700 Namen, wovon wenigstens zwei Drittel als wirkliche Badegästeanzunehmen sind. Die zahlreichsten Landsmannschaften bildeten natürlich die Hannoveraner (viele, die sonst in Pyrmont anzutreffen waren,) und Preußen. Dann kamen die Hanseaten und Holländer. Doch waren auch fast aus allen, auch den entferntesten Provinzen Deutschlands, wie Schlesien und Österreich, daneben aber auch aus Polen und Russland, Badelustige hier zu finden, so dass wirklich keiner aller Gaue Deutschland und seiner nordöstlichen Nachbarländer unrepräsentiert blieb.

Die Versammlung in Norderney war kann jeder Hinsicht glänzend zu nennen. Es fanden sich hier nicht weniger als acht deutsche Durchlauchten und eine russische zusammen (der Landgraf von Hessen-Rothenburg nebst Gemahlin und deren Bruder und Schwester, Prinz Gustav und Prinzessin Agnes von Hohenlohe-Langenburg, Prinz Philipp von Löwenstein-Wertheim, Prinz Viktor von Isenburg, die Fürstin von Solms-Lich und ihr Sohn der regierende Fürst, endlich der russische Fürst Koslowsky. Da nun diese fürstlichen Personen selbst das Beispiel von echthumaner, allem National- und Kastengeist abholder Geselligkeit gaben: so verbreitete als im Allgemeinen eine sehr ungezwungene und heitere Stimmung. Jeden Abend nach Beendigung der Strandpromenade, die besonders bei der diesmaligen Hitze durch erfrischende Kühlung so einladend war, fand sich die Gesellschaft im bunten Gemische aller Nationen und Stände zum Tee in den Sälen des Konversationshauses ein. Die Jugend belustigte sich mit Darstellung lebender Bilder, mit Aufführung von Sprichwörtern, Tanz, Gesang, Musik — die altern schwatzten, scherzten, sahen zu. Dem Spieldämon, dem auch hier in einer verpachteten, unter öffentlicher Kontrolle stehenden Faro- und Roulettebank ein Tempel geöffnet ist, wurden nur sparsame Opfer gebracht. Desto fleißiger aber wurde das Lesekabinett besucht und benutzt, wo außer einer Zahl unterhaltender und belehrender Bücher auch die besten Zeitungen und politischen Zeitschriften ohne Bevormundung gelesen werden konnten. Fast alle Anwesenden speisten an der öffentlichen Tasttafel (wiewohl das Alleinsein liebende Badegäste auch in ihren Wohnungen ihre Ökonomie treiben können,) für gr. preußisch (denn hier ist kein schweres Geld wie in Doberan,) und 2 gr. für die Musik. Da die Ökonomie durchaus auf Rechnung der Regierung geführt wird, so ist Alles was hier genossen wird, in der Regel gut, billig und auf festen Fuß gestellt. Selbst die Wohnungen in den Häusern der ehrlichen Inselbewohner haben ihre billige Taxe. Der königl. hannöversche Bade-Kommissarius, Graf August von Wedel-Bollinghausen, Mitglied der ostfriesischen Stände, leitet, durchdringt das Ganze. Seine weltkundige Gewandtheit, Liebenswürdigkeit, verbunden mit rastlosem Eifer und Bereitwilligkeit, eignen ihn ganz zu dem, was man in englischen Bädern den Badekönig nennt, und was in keinem Bade fehlen sollte, wäre es auch durch die freie Wahl der Badegäste selbst. Nächst ihm führt die medizinische Verwaltung der würdige Badearzt Dr. Bluhm von Norden, so wie die rein ökonomische Leitung sich in den Händen des wackeren, alle Gäste durch Aufmerksamkeit und Gefälligkeit sich verbindenden Inspektors Ruppersberg sich befindet. Gewiss ein seltener Verein, durch dessen harmonisches Ineinandergreifen der Flor dieses Inselbads von Jahr zu Jahr zunehmen, und den schönen Ruf, den es sich bei Sachkennern bereits erworben hat, immer vollständiger rechtfertigen muss. Die Geburtsfeste der Könige von Preußen und Großbritannien, des alten und neuen Landesherrn, der 3. und 12. August, wurden von sämtlichen Badegästen in brüderlicher Eintracht und Fröhlichkeit stattlich gefeiert, und von den Preußen im Sinne jener Humanität, die auch an anderen Badeplätzen den Tag des Königs durch Werke der Wohltätigkeit bezeichnete, der 1824 bereits gestiftete Fond zur Unterstützung hilfsbedürftiger Badegäste ansehnlich gemehrt. Es gehört zur Vollendung eines wohlgeordneten Badeaufenthalts, dass man am Schluss nicht gleich ins alte Gleis der Berufsgeschäfte eintrete, sondern durch einige Abstecher in benachbarte Gegenden zur Nachkur sich körperliche und geistige Erholung gewähre. Versäumnisse hierin werden gewöhnlich schwer gebüßt. So macht man auch von Norderney Seefahrten nach der Insel Borkum, und besteigt den neuen, wahrhaft bewundernswürdigen Leuchtturm daselbst. Wer, was jeder wohlorganisierte Mensch sein sollte, beidlebig ist, und die Reize des Seelebens, der den Menschen als Herrscher der Elemente, auch des Feuers durch die Dämpfe, allein weihenden Lebensweise, zu schätzen versteht, fährt bis Helgoland, und prüft auf diesem 100 Fuß hoch emporragenden, oben so herrlich bebauten Felsenberge, dem reich begabten Anlandepunkte zwischen Cuxhaven und Harwich, die kühne Hypothese über die Entstehung dieser Reliquie einer antediluvianischen Vorzeit- und der Überreste skandinavischer Kultur, welche der einst lang hier waltende hannöversche General von der Decken in einer lesenswerten Beschreibung der Insel (Hannover, Hahn 1826) erst vor Kurzem aufgestellt hat. Doch möchte für die aus dem deutschen Binnenland nach Norderney (über Braunschweig, Hannover, Bremen, Varel, Jever) reisenden Badegäste die lohnendste Beschauung die von Hamburg selbst sein. „Den Beschluss unserer Kur“, so schreibt ein Norderneyer Badegast, „machte ein höchstinteressanter, dreiwöchentlicher Aufenthalt in Hamburg, wohin wir in einem während der Badezeit regelmäßig zwischen Norderney und Hamburg hin und herfahrenden Schnellsegler (die Person zahlt für Alles einen Friedrichsd'or) gefahren waren. Wie entzückten uns die augenscheinlichen-Beweise eines stets wachsenden Handelsflors, so wie der, wie durch Zauberei entstandenen zahllosen Verschönerung und Umwandlung der Davoust’schen Ruinen in geschmackvolle Prachtgebäude und Meistergebilde einer wahrhaft klassischen Gartenkunst. Wir fanden uns unter den mannigfaltigsten Genüssen zum lauten Jubel, Staunen, ja hin und wieder zum Beneiden hingerissen. Wahrlich kein Deutscher sollte jetzt die ehrwürdige Hansestadt an der Elbe unbesucht lassen, welche, so wie sie jetzt ist, und mit jedem Tage zunehmend sich gestaltet, ein wahres Prachtjuwel in der Ehrenkrone unsers deutschen Vaterlands genannt werden muss.“ Vielleicht trägt diese unparteiische Anzeige von einer Bade - und Heilanstalt (von welcher der hier anwesende, alle Seebäder in und außer Deutschland genau kennende Landgraf von Rothenburg versichert, dass er kaum ein Seebad gefunden habe, was in medizinischer Rücksicht dem von Norderney und dessen wahrhaft einzigem Seestrand gleich zu stellen sei) etwas dazu bei, sie noch mehr landeinwärts bekannt zu machen. Damit soll übrigens einem andern Seebade an der Nordsee, auf der oldenburgischen Insel Wangerooge (Auge des Wangerlandes), welches seit einigen Jahren sehr in Aufnahme gekommen ist, keineswegs Abbruch geschehen. Seit 1823 fährt wöchentlich während der Badezeit ein Paketboot hin; man kann hier auch über Jever zu Lande hingelangen. Schon stehen 39 Häuser, und außerdem ein Konversations- und Badehaus, zur Aufnahme und billigen Bewirtung bereit, mit 20 Badekutschen. Hauptmann Lasius und Dr. Chemnitz in Jever sind als Topographen desselben 1822 und 1823 aufgetreten. Für eine so junge Anstalt war Wangerooge diesmal von vielen und stattlichen Badegästen, unter andern von der liebenswürdigen Prinzessin Auguste, jüngeren Tochter des Erbgroßherzogs von Weimar, besucht, und erwarb sich durch Zweckmäßigkeit seiner Anstalten und die natürliche Dienstfertigkeit seiner Bewohner verdienten Beifall.

Heiligendamm, Burg Hohenzollern

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Heiligendamm - Strandpartie

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Heiligendamm, Kurhaus und Chaussee

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Heiligendamm Strandvillen

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Heiligendamm, Höhe Alexandrinencottage, Blick in Richtung Kühlungsborn, 1968

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Heiligendamm, Höhe Gespensterwald FKK, Blick in Richtung Börgerende

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Cover adaptiert

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Heiligendamm, Kurhaus und Kolonnaden

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Heiligendamm Strandansicht

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