Die Reise nach dem Heiligen Grab. *)

Aus: Mecklenburgische Sagen
Autor: Studemund, Friedrich (1784-1857) Pastor an der Nikolaikirche in Schwerin, Erscheinungsjahr: 1848
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg, Sagen, Mittelalter, Pilgerreise, Jerusalem, Heilige Grab, Heinrich der Löwe, Pribislav, Fürst Gunzelin von Schwerin, Christentum, Religion
Anno 1171 beschloss der Herzog Heinrich von Sachsen, da die Wenden zur Ruhe gebracht worden waren, eine Reise nach dem gelobten Lande zu tun und das heilige Grab daselbst zu besuchen.
Zu seinen Reisegefährten erwählte er unter andern den Fürsten Pribislav und den Grafen Gunzelin von Schwerin, auf deren Herzhaftigkeit er sich glaubte verlassen zu können.

*) Diese Reise ist deshalb merkwürdig, weil es wohl die erste der Art ist, an welcher ein mecklenburgischer Fürst Teil nahm.

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Der Aufbruch geschah von Braunschweig den 13. Januar 1171 und am 2. Februar waren sie schon zu Regensburg. Darauf gingen sie nach Wien und so weiter die Donau hinab. Hier schickte der König Stephan von Ungarn ihnen einen Geleitsmann entgegen, welcher sie bis Gran brachte, wo sie den König vorzufinden vermuteten; aber er war die Nacht zuvor von seinem Bruder vergiftet worden, welches die hohe Reisegesellschaft etwas stutzig machte. Aber der Erzbischof Mathäus daselbst, der wegen seiner Kenntnisse und seiner Rechtschaffenheit sehr geachtet war, gab als Primas des Reichs, auf des Herzogs Anhalten, Befehl, dass vorgedachter Geleitsmann sie weiter bis an die Grenzen des Reichs führen sollte; welches auch geschah. Nachdem sie etliche Tage fortgefahren, kamen sie an die Scheeren (Klippen) in der Donau, woselbst des Herzogs Schiff strandete. Die auf dem Kastei daselbst befindliche Mannschaft schickte geschwinde einen Kahn, womit der Herzog abgeholt wurde, der Graf Gunzelin aber musste nebst den Andern ans Land schwimmen. Dies war die erste Lebensgefahr, darin diese Gesellschaft geriet.

Nachdem das Schiff wieder in Stand gesetzt worden, fuhren sie weiter bis Brandis, welches die erste Stadt in des griechischen Kaisers Gebiet war. Dieser Kaiser hieß Manuel Komnenus, welcher schon Anno 1164 eine Gesandtschaft an den Herzog abgefertigt hatte. Weil hier die Donau eine Strecke lang unfahrbar wird, so mussten sie zu Lande reisen. Sie kamen also in einen großen Wald der Bulgarei, woselbst sie einen unwegsamen Morast antrafen. Die Wagen fuhren einer hinter dem andern und blieben öfters stecken, da dann alle, welche hinter dem eingesunkenen sich befanden, Halt machen mussten. Dies nötigte sie, das Kostbarste auf Pferde zu laden und alles Übrige im Stich zu lassen.

Die Reise wurde durch Serbien fortgesetzt. Hier wollten ihnen die Serbier den Durchzug nicht gestatten, ob sie gleich noch so viel darum anhielten. Der Herzog aber blieb deswegen doch bei seinem Vornehmen und suchte mit Gewalt, was man ihm in Güte versagte. Sie setzten sich also an einem vorteilhaften Ort hinter einer Dornenhecke und begaben sich darauf zur Ruhe. Mitten in der Nacht kamen aber die Serbier und griffen sie, unter grässlichem Geschrei, an vier Orten an. Der Herzog warf sich eilig in die Waffen und der Marschall kam, mit der gesamten Mannschaft von 200 Köpfen, vor das Hauptquartier. Hier wollten die Fürsten Kriegsrat halten, aber indem fiel ein Pfeil mitten unter ihnen nieder. Der beste Rat bestand also in der geschwindesten Gegenwehr. Der Herzog schickte zwanzig geharnischte Reiter nach dem Ort, wo der Angriff am hitzigsten war, da es sich denn fügte, dass einer mit seiner Armbrust den Anführer der Serbier erlegte, worauf die andern die Flucht nahmen. Bei Anbruch des Tages setzten sie darauf unter steter Beobachtung der Serbier ihre Reise fort und kamen bis Nicäa. Hier ward der Herzog mit seiner ganzen Gesellschaft wohl empfangen und auf Kosten des Griechischen Kaisers bis Adrianopel, auch weiter bis Konstantinopel begleitet. Am stillen Freitage kamen sie daselbst an, und nachdem sie sich ausgeruhet, hielten sie am Ostertage ihren öffentlichen Einzug. Der Kaiser empfing sie mit größter Pracht, der Weg war mit Purpur-Decken belegt und mit goldenen Tapeten von Phrygischer Arbeit behangen. Des Kaisers Gezelt glänzte von Diamanten und andern Edelgesteinen. Alles ging aufs prächtigste zu und konnte man die Üppigkeit und Verschwendung der Griechen nicht genug bewundern.

Nachdem sie hier einige Tage ausgeruhet hatten und der Herzog von der Kaiserin reichlich beschenkt worden war, gingen sie wieder zu Schiff und fuhren nach Akaron (Ekron). Unterweges überfiel sie zwar ein gewaltiger Sturm, aber sie liefen dennoch glücklich in den Hafen dieser Stadt ein, deren Einwohner sie ganz herrlich empfingen und mit allem ausrüsteten, was sie bedurften, die Reise nach Jerusalem anzutreten. Nicht ferne von Jerusalem kamen ihnen die Ritter, welche Tempelherren genannt wurden, mit großem Gefolge entgegen und begleiteten sie in die Stadt, woselbst die Geistlichkeit sie mit allerlei Lobgesängen empfing. Sie besahen darauf zuvörderst das in Felsen gehauene heilige Grab. Der Herzog beschenkte dasselbe mit vielem Gelde. Die Kirche, darin das Holz vom Kreuze Christi war, ließ er mit musivischer Arbeit zieren und die Türen derselben mit feinem Silber überziehen. Er setzte auch eine Summe Geldes aus, dass Jahr aus, Jahr ein, Wachslichte beim heiligen Grabe davon konnten gehalten werden. Den Rittern daselbst gab er unter andern sehr viele Waffen und tausend Mark Silbers. Der König von Jerusalem, Almerich I., bewirtete sie drei Tage in seinem Hause, darauf sie alle heilige Örter besahen, als im Tal Josaphat, auf dem Ölberge, in Bethlehem, in Nazareth. Zuletzt besuchten sie auch den Jordan. Als sie wieder nach Jerusalem zurückkamen, behielt sie der Patriarch daselbst noch zwei Tage, worauf sie zurück nach Akaron gingen. Hier wurden zwei der angesehenen Reifegefährten, der Bischof Conrad von Lübeck und der Abt Berthold von Lüneburg, krank. Aber der Herzog wollte nicht auf sie warten, sondern ging nach Antiochien, welches der Bischof höchst schmerzlich empfand. Da nun die beiden Kranken nicht zurückbleiben wollten, so nahmen sie ein kleines Fahrzeug und ließen sich nach Tyrus bringen; aber diese Reise bekam dem Bischofe so schlecht, dass er daselbst mit dem Ausgang des Juli starb. Der Herzog ließ ihn anständig begraben und übernahm der Graf von Schwerin die Besorgung des Leichenbegängnisses. Der Abt Berthold ging wieder zurück nach Akaron, um sich heilen zu lassen; aber er starb gleichfalls, welches nicht allein der Herzog, sondern auch der Fürst Pribislav von Mecklenburg, den er getauft hatte, sehr bedauerte.

Von Tyrus waren die hohen Reisenden erst Willens, die Reise zu Lande fortzusetzen; aber sie konnten dem Saracenen Milo nicht trauen, deswegen gingen sie zu Schiff nach Tarsus, wo ihnen der Türkische Sultan 500 Mann mitgab, sie durch das Gebiet des Milo zu begleiten. Auf dieser Reise litten sie großen Mangel an Wasser, da sie in der Romanischen Wüste waren, bis sie endlich nach Heraklea kamen, woselbst sie von den Türken auf das prächtigste empfangen wurden. Der Sultan fiel dem Herzoge um den Hals, herzte und küsste ihn, sagte auch unter andern, dass er des Herzogs Verwandter sei, denn er stamme von einer Russischen Prinzessin her, welche eine deutsche Mutter gehabt hätte. Er beschenkte den Herzog mit schönen seidenen Tüchern, woraus nachher lange Priesterröcke gemacht wurden. Er ließ 1.800 Pferde vorführen, dass sich ein jeder davon eins aussehen möchte, welches sie auch taten. Er gab ihnen sechs Häuser von Filz nach dasiger Landesart, welche von 6 Kamelen getragen wurden, wozu er ihnen auch so viel Knechte schenkte, welche damit umzugehen wussten. Er gab ihnen überdem zwei Leoparden, welche auf Pferden reiten konnten, wozu er ihnen sowohl die beiden Pferde, als die beiden Knechte gab, welche die Weise dieser Tiere gelernt hatten. Von Heraklea reisten sie nach Iscia und von da nach Iconieum, welches die Hauptstadt in Lycaonien und damals noch das Hoflager der Türkischen Sultane war. Darauf kamen sie in eine weite Wüste und ferner in einen dichten Wald, welchen durchzureisen sie drei Tage brauchten. Endlich gelangten sie wieder zu den Griechischen Christen, unter welchen sie ihre Reise bis Konstantinopel fortsetzten. In dieser Stadt wurden sie nun abermals von dem Kaiser wohl aufgenommen und mit allerlei Heiligtümern beschenkt. Nachdem sie sich einige Zeit ausgeruhet, gingen sie auf dem vorigen Wege nach Deutschland zurück und kamen endlich auch nach Augsburg, woselbst der Kaiser Friedrich sein Hoflager hatte, welcher sich mit ihnen über die glücklich zurückgelegte, gefahrvolle Reise freute. Nach Ablauf eines Jahres langten sie wieder zu Braunschweig an.

Dieser Fürst Pribislav von Mecklenburg, welcher den Herzog Heinrich den Löwen auf seiner Reise nach dem heiligen Grabe begleitete, hatte sein Hoflager auf dem Schloss Kyssin. Dies ward die Veranlassung zur Erbauung der Stadt Rostock. Es soll schon damals der Graben gezogen worden sein, welcher noch jetzt die Grube heißt und die alte Stadt von der neuen scheidet. Man will auch, dass dazumal ein Schloss an der Stelle sei angelegt worden, welche jetzt der Burgwall genannt wird.

Übrigens verlor dieser Fürst, welcher großmütig und tapfer war, sein Leben in einem Turnier zu Lüneburg durch einen Sturz vom Pferde.

Jerusalem from the Mount of Olives

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Mosque at Hebron

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Forecourt of the Holy Sepulchre.

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Mosque of Omar.

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The Tomb of the Virgin.

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Judean Dessert and the Dead Sea.

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The Cypresses of the Garden of Gethsemane.

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The Rock-Cut Tombs of the Valley of Jehoshaphat.

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