Die Kirche zu Tarnow bei Bützow

Zur Baukunde - 2. Zur Baukunde des christlichen Mittelalters. - Kirchliche Bauwerke
Autor: Lisch, Georg Christian Friedrich (1801 Strelitz - 1883 Schwerin) Prähistoriker, mecklenburgischer Altertumsforscher, Archivar, Konservator, Bibliothekar, Redakteur, Heraldiker und Publizist (Freimaurer), Erscheinungsjahr: 1862
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern,
Die Kirche zu Tarnow bei Bützow, eine zweischiffige Kirche, welche in Jahrb. XXI, S. 277 flgd., beschrieben ist, ist im Jahre 1860 restauriert. Die Kirche ist ursprünglich Wohl im altgotischen Stil erbaut gewesen; in jüngeren Zeiten, wahrscheinlich in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, sind aber die Pfeiler und Gewölbe hineingesetzt und die Kirche ist dadurch zu einer zweischiffigen gemacht. Die in Jahrbüchern XXI geäußerte Vermutung, dass die Kirche unter der Kalktünche ganz gemalt sei, hat sich bei der Restauration vollkommen bestätigt. Die Wände haben aber eine andere und ältere Ausschmückung, als die Pfeiler und Gewölbe. Die Wände sind hellgelb bemalt, obgleich die Kirche eine rote Ziegelkirche ist, und auf diesem Grunde sind mit doppelten roten Linien, Kalkfugen nachahmend, Steine von doppeltem Format der größten Ziegel dargestellt. Dieser Farbenton ist wahrscheinlich eine Nachahmung des natürlichen Farbentons des Innern der nahen Kirche zu Bützow (vgl. Jahrb. XXIV, S. 316). Auch ist diese Art von Dekoration alt, da die rote Malung von architektonischen Gliedern auf weißem Grunde an romanischen und romanisierenden Kirchen nicht selten ist. Für das Alter zeugen auch die noch wohl erhaltenen Weihkreuze, welche in denselben Farbentönen gemalt find. Die Einfassungen der Fensteröffnungen sind rot gewesen. Die Fensterpfeiler und Bogen sind blaugrau, wie Sandstein, und von einer roten Linie, welche zugleich die gelblichen Quadern begrenzt, eingefasst.

Die 3 achteckigen Pfeiler standen im Rohbau von roter Farbe. Die Kreuzrippen sind mit einem schönen Rot, die Scheiderippen grün bemalt.

Die Gewölbekappen sind alle mit Szenen aus der Heiligengeschichte bemalt. Die Kirche hat 8 Gewölbe, also 32 Gewölbekappen, welche durch eine schwarze Linie in zwei Felder geteilt sind; die Gewölbe enthalten daher 64 Gemälde, welche alle sehr reich an Figuren und Ornamenten sind. Die Bilder sind auf weißen (nicht gelben) Grund zwischen den roten Rippen gemalt und stammen sicher frühestens aus dem Ende des 14 Jahrhunderts. Die Komposition ist ganz gut, die Zeichnung schlecht; dazu sind die Gemälde viel beschädigt und kaum, vielleicht gar nicht sicher, zu restaurieren, und widerstreben dem Geist der Gemeinde. Sie sind daher wieder mit einer Kalktünche bedeckt und bleiben darunter so wohl erhalten, wie sie jetzt noch sind. Die Bilder sind sehr figurenreich und gedrängt; dazu ist der leere Raum des weißen Grundes mit unzähligen grünen Lilien, roten Rosen und andern Verzierungen bedeckt. Die Bilder stehen auf einem roten Sockel auf Bogen, welche in den Zwickeln der Gewölbe von roten Säulen getragen werden, an die sich eine Figur, eine Art von Karyatide, lehnt. Die Darstellung ist der Heiligen-Legende entnommen. So z. B. ist in einer halben Gewölbekappe das Martyrium der H. Katharine dargestellt, indem eine gekrönte Jungfrau kniet und ein großes Lichtrad durch Blitze (?) aus einer Wolke zertrümmert wird, und weiterhin dieselbe Jungfrau kniet, welche mit dem Schwerte hingerichtet wird. In einer andern Gewölbekappe ist dargestellt, wie der H. Laurentius auf einem Rost gebraten wird. Auf dem südlichen, dritten Gewölbe war der Tod und die Erhöhung der Maria in acht Bildern dargestellt; es waren: die Krankheit der Maria; der Tod der Maria, während Johannes ihr das Licht hält und Engel Weihrauchfässer schwingen; Maria im Sarge: ein schwarz behangener Sarg auf einer grauen Bahre, ohne Figuren; das Begräbnis der Maria, deren Sarg auf einer Bahre von den 12 Aposteln (mit ihren Attributen) getragen und von viel Volk mit spitzen Mützen begleitet wird; die Himmelfahrt der Maria, wie sie aufgenommen wirb; das Himmelreich der Maria, wie sie im Himmel thront.

Die nördliche Eingangspforte hat noch einen kunstvollen und reichen eisernen Türbeschlag mit Lilien aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts.

Der Altar der Kirche ist ein Flügelaltar mit doppelten Flügeln aus der letzten Zeit der katholischen Kirche, wahrscheinlich aus dem Anfange des 16. Jahrhunderts.
Die Vorderseite ist mit geschnitzten Figuren und Baldachinen aus Eichenholz geschmückt. Das feste Mittelstück hat, ohne Querteilung, Figuren, welche durch die ganze Höhe des Schreines reichen: in der Mitte Christus am Kreuze mit Maria zur Rechten und Johannes Ev. zur Linken; zur Rechten davon steht Johannes d. T., zur Linken die H. Katharina mit dem Rade, die Lokalheiligen der Kirche. Die Flügel sind quer geteilt; zunächst dem Mittelstück stehen: zur Rechten: oben die H Anna mit zwei Kindern auf dem Arme, unten die H. Gertrud mit dem Hospitale; zur Linken: oben die H. Margarethe mit dem Schwerte (?), unten die H. Barbara mit dem Turme. Neben diesen Figuren stehen an jeder Seite derselben drei Apostel. Die Figuren sind gut gearbeitet und erhalten.

Die ersten Flügel sind quer geteilt und enthalten die Passion Christi in 8 Gemälden auf vergoldetem Kreidegrund, welche zwar gut erhalten, aber schlecht komponiert und gemalt sind.

Die zweiten Flügel enthalten, ohne Querteilung, 4 gemalte Figuren auf Kreidegrund, welche zwar gut gemalt, aber schlecht erhalten sind. Die beiden mittleren Flügel enthalten den Engelsgruß: zur Linken die Jungfrau Maria, zur Rechten den Engel. Die äußersten Flügel enthalten wieder die beiden Lokalheiligen: zur Rechten Johannes d. T., zur Linken die H. Katharine.
G. C. F. Lisch.

Lisch, Georg Christian Friedrich (1801-1883) mecklenburgischer, Archivar, Altertumsforscher, Bibliothekar, Redakteur, Publizist

Lisch, Georg Christian Friedrich (1801-1883) mecklenburgischer, Archivar, Altertumsforscher, Bibliothekar, Redakteur, Publizist

Tarnow, zweischiffige Kiche

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