Die Kirche zu Boitin

Zur Baukunde - 2. Zur Baukunde des christlichen Mittelalters. - Kirchliche Bauwerke
Autor: Lisch, Georg Christian Friedrich (1801 Strelitz - 1883 Schwerin) Prähistoriker, mecklenburgischer Altertumsforscher, Archivar, Konservator, Bibliothekar, Redakteur, Heraldiker und Publizist (Freimaurer), Erscheinungsjahr: 1862
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Boitin, Mittelalter, Baustil
Die Kirche zu Boitin bildet ein großes, weites Oblongum von zwei Gewölben Länge. Die Wände bestehen in der untern Hälfte aus Feldsteinen, in der oberen Hälfte aus guten Ziegeln. Die Fenster und Pforten sind im strengen Spitzbogen stark und groß gewölbt. Die Kirche selbst ist sehr weit und die Gewölbe gehen daher sehr tief hinab. Die Kirche stammt nach dem Baustil aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Sie ist in neueren Zeiten restauriert und enthält im Innern weder Bauverzierungen, noch altertümliches Mobiliar.

Die Kirche hat aber in den Ringmauern im Äußeren eine Verzierung, welche höchst merkwürdig ist. Sie ist nämlich an mehreren Stellen mit denselben Reliefziegeln geschmückt, mit welchen die ganze Außenwand des Chores der Kirche zu Steffenshagen verziert ist (vgl. Jahrb. XIX, S. 395); diese gedruckten Reliefziegel beider Kirchen stammen ohne allen Zweifel aus denselben Formen und daher sind sicher beide Kirchen zu derselben Zeit erbauet. Beide Kirchen stammen dem Anschein nach aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Über den Bau der Kirche zu Boitin wird im großherzoglichen Archive zu Schwerin eine aus dem Ende des 16. Jahrhunderts stammende Abschrift einer Nachricht aufbewahrt, welche in den „Ordinarius ecclesiae Suerinansis" eingetragen gewesen sein soll.

Diese Nachricht ist nun freilich sehr dunkel. Es scheint, dass angenommen wird, die Kirche sei im Jahre 1252 erbauet. Dagegen wird mit der Erbauung der Schweriner Bischof Melchior, Herzog von Braunschweig, in Verbindung gebracht, welcher jedoch erst 1376—1381 regierte. Es wird auf Bilder (icones) verwiesen. Hierunter scheinen die Löwen verstanden zu sein, welche an der Außenwand der Kirche zu sehen sind und auch das braunschweigische Wappen bilden. Es ist hier aber mit den wilden Tieren sicher nicht das braunschweigische Wappen, sondern das Heidentum gemeint. Überdies sind beide Kirchen jedenfalls viel älter, als Bischof Melchior. Daher mag man die Jahreszahl 1252 gelten, die Kombination auf den Bischof Melchior aber fallen lassen. Diese Reliefziegel an der Kirche zu Boitin sind folgende:

1. An der Ostwand liegt über dem Feldsteinsockel, der ganzen Breite der Kirche nach, unter dem im Ziegelbau stehenden Altarfenster ein Kaffsims, eine Schicht Reliefziegel, welche abwechselnd Löwen und Lindwürmer*) darstellen.

2. In der Südwand, gegen Westen, ist eine schön konstruierte, jetzt zugemauerte, große Pforte, welche die„Dreetzer Tür" genannt wird, weil sie den Eingang für die Bewohner des im dreißigjährigen Kriege untergegangenen, jetzt wieder aufgebauten Gutes Dreetz gebildet haben soll. Diese Pforte ist im strengen Spitzbogen außen mit denselben Reliefziegeln eingefasst, an einer Seite mit Löwen, an der andern Seite mit Lindwürmern. Die einzelnen Reliefziegel sind wieder mit glatten Ziegeln von verschiedener Stellung und Länge eingefasst, so dass die ganze Einfassung ein äußerst geschickt und verständig ausgeführtes Muster zeigt. Diese Pforte ist ein sehr merkwürdiges und schönes Beispiel von Schmuck im Ziegelbau, ähnlich den mit Heiligenbildern geschmückten Pforten der Sandsteinkirchen in südlichen Ländern.

3. In der Südwand gegen Osten ist eine kleinere Pforte, welche in und neben der Wölbung auch mit einigen Reliefziegeln verziert ist, welche die genannten beiden Tiere und außerdem zwei verschiedene Formen von Blattwerk zeigen.
            G. C. F. Lisch.

*) Dieses Tier ist offenbar ein Lindwurm mit zwei Vorderbeinen, welcher an der Kirche zu Steffenshagen, so viel mir erinnerlich ist, nicht vorkommt. Die Kirche zu Steffenshagen hat mehrere Tiere: Löwen, Tiger, Panther, Greifen.

Lisch, Georg Christian Friedrich (1801-1883) mecklenburgischer, Archivar, Altertumsforscher, Bibliothekar, Redakteur, Publizist

Lisch, Georg Christian Friedrich (1801-1883) mecklenburgischer, Archivar, Altertumsforscher, Bibliothekar, Redakteur, Publizist

Boitin, Der Steintanz

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Boitin, Gutshaus

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