Die Jagd der Vorzeit

Lebensweise und Lebenshaltung, Kunst und geistige Kultur der diluvialen Menschen
Autor: Soergel, Johannes Wolfgang Adolf Werner Dr. (1887-1946) Professor, Geologe, Palänontologe, Erscheinungsjahr: 1922
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Lebensweise und Lebenshaltung, und damit letzten Endes nach der geistigen Kultur der diluvialen Menschen, Menschengeschlecht, Prähistorie, Jagd, Jagdwaffen,
Es ist in neuerer Zeit wiederholt betont worden, dass die Lösung der großen Probleme, überhaupt die entscheidende Förderung unserer Kenntnisse von der ältesten Geschichte des Menschengeschlechts nicht so sehr von der Prähistorie, als vielmehr von der Geologie und der Paläontologie zu erwarten seien. Ohne die Bedeutung der prähistorischen Wissenschaft und ihrer Methoden, soweit sie rein zur Anwendung kommen, für die Erforschung der diluvialen Menschheit verkennen zu wollen, teile ich diese Auffassung. Das gegenseitige Altersverhältnis der verschiedenen diluvialen Menschenrassen zueinander, der verschiedenen diluvialen Kulturen zueinander; die Wanderungen der alten Rassen, vor allem die Richtung dieser Wanderungen und die daraus sich ergebenden Schlüsse über das Herkunfts- resp. Ursprungsgebiet; Art und Ausmaß der aus Benutzung ortsfremden Steinmaterials zu vermutenden Handelswege in älterer Zeit, das alles sind Fragen, die nur die Geologie zu beantworten imstande sein wird. Ausschließlich der Paläontologie fällt die Aufgabe zu, die körperlichen Eigenschaften der alten Rassen zu erforschen, die Verwandtschaftsverhältnisse festzustellen, die Stammesgeschichte des Menschengeschlechts aufzuhellen und gemeinsam mit der Geologie die Ursachen aufzuzeigen, die eine Entwicklung zum Typus Mensch bedingt, innerhalb dieses Typus die Herausbildung vieler Arten resp. Rassen veranlasst haben. Aber auch die Frage nach der Lebensweise und Lebenshaltung, und damit letzten Endes nach der geistigen Kultur der diluvialen Menschen, die bisher so gut wie ausschließlich aus den Äußerungen ihrer Kunst in Bildern, Skulpturen, Gravierungen und Schmuckgegenständen, aus den Werkzeugen (Artefakten) und ihrer technologischen Deutung im Vergleich mit den Werkzeugen und Waffen heutiger primitiver Stämme, und zuletzt auch aus der Lagerung der gefundenen Skelette (Bestattungen) beurteilt wurde, gehört nicht ausschließlich zur Domäne der prähistorischen Wissenschaft. Sie kann hier allein keine vollständige Antwort geben. Denn die hauptsächlichste Betätigung der diluvialen Menschen, aus der vor allem Lebensweise und Lebenshaltung verständlich sind, entzieht sich einer Erforschung durch nur prähistorische Methoden: die Jagd. Entscheidend sind hier wiederum Geologie und Paläontologie, die allein uns ein Bild von der Umwelt vermitteln, in der der diluviale Mensch lebte, von der er in höherem Maße als heutige primitive Stämme abhängig war. Die Paläontologie gestattet uns vor allem aus den Küchenabfällen der diluvialen Menschen Ausmaß und Art des Eingriffs der Jäger in die tierische Umwelt und damit im Vergleich mit Jagdarten heutiger primitiver Stämme die Jagdmethoden zu beurteilen. Da die Jagd als wesentlichste Nahrungsquelle im Mittelpunkt jedweder körperlichen und geistigen Betätigung stand, so dürfen ihre Methoden, die in diesem Buche untersucht worden sind, als Gradmesser gelten für die Stellung des diluvialen Menschen innerhalb der organischen Welt, und damit als Gradmesser nicht nur seiner körperlichen, sondern auch seiner geistigen Entwicklungshöhe.
              W. Soergel.


                                          Inhalt

Vorwort
Zur Einführung
1. Grundlagen und Methoden zu einer kritischen Beurteilung der diluvialen Jagd; Divergenz der neueren Ansichten
2. Die Gliederung des Eiszeitalters nach Klimaperioden, Gesteinen, Faunen, Menschenarten und Kulturen
II. Die Waffen der diluvialen Jäger
III. Die Stellung der diluvialen Jäger innerhalb der diluvialen Tierwelt
IV. Die Jagd der diluvialen Menschen auf Fische, Vögel und kleinere Säugetiere
1. Fische
2. Vögel
3. Kleinere Säugetiere
V. Die Jagd des diluvialen Menschen auf das mittlere Großwild
1. Die großen Raubtiere
2. Wisent und Ur
3. Elch
4. Riesenhirsch
5. Schwein
6. Edelhirsch, Damhirsch, Reh
7. Pferd
8. Rentier
VI. Die Jagd auf den diluvialen Waldelefanten
1. Die biologische Deutung der Taubacher Fundschicht
2. Die Altersstaffelung im Elefantenmaterial verschiedener Fundorte, insbesondere Taubachs und Predmosts, in ihrer Bedeutung für die paläolithische Jagd
3. Jagdmethoden der Gegenwart und die Jagdmethode der diluvialen Jäger
4. Elefantenjagd des Homo Heidelbergensis
5. Das Aussterben des Waldelefanten
VII. Die Jagd auf das Mammut
1. Jagd mit Hilfe von Steppenbränden auf ganze Herden
2. Angriffsjagd auf einzelne Tiere
3. Fallgrubenfang
4. Kritische Bemerkungen zu Noacks Schilderung einer Mammutjagd
VIII. Die Jagd auf das Merksche Nashorn
IX. Die Jagd auf das wollhaarige Nashorn
X. Jagd und Jäger

001 Speerspitzen aus Obsidian

001 Speerspitzen aus Obsidian

002 Faustkeile des Chelléen

002 Faustkeile des Chelléen

009 Riesenhirsch

009 Riesenhirsch

010 Wildschwein-Jagd

010 Wildschwein-Jagd

018 Rekonstruktion des Elephas primigenius Fraasi

018 Rekonstruktion des Elephas primigenius Fraasi

020 Mammut, Museum von St. Petersburg

020 Mammut, Museum von St. Petersburg

027 Rekonstruktion des wollhaarigen Nashorn

027 Rekonstruktion des wollhaarigen Nashorn

028 Gemaltes wollhaariges Nashorn

028 Gemaltes wollhaariges Nashorn

Elen, Altai wapiti

Elen, Altai wapiti