Die Insel Rügen - Reise Erinnerungen - Von Stralsund nach Hiddensee

Einer der schönsten Edelsteine in der Krone des preußischen Königs
Autor: Boll, Ernst (*1817 in Neubrandenburg; † 1868 Neubrandenburg) Naturforscher und Historiker. Einer Der Begründer der Naturforschung in Mecklenburg. Freund von Fritz Reuter, Erscheinungsjahr: 1858
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Pommern, Sitten und Gebräuche, Rügen, Reisen, Hiddensee, Ostsee, Stralsund
Auf meiner ersten Reise nahm ich meinen Weg über Stralsund, um von dort zu Wasser über Hiddensöe [Hiddensee] sogleich nach Wittow zu fahren, und meine Tour durch Rügen mit der Besichtigung Arkonas zu beginnen. Ich konnte dann freilich die Insel nur einmal, in der Richtung von N. nach S., durchwandern, während die meisten Reisenden sie zweimal, von S. nach N. und von N. nach S., zu durcheilen pflegen, doch möchte ich jedem, der Rügen zum ersten Male besucht, von der Witterung begünstigt ist und eine etwa 6 Meilen lange Seefahrt in einem kleinen Segelboote nicht scheuet, den Rat erteilen, dem von mir gegebenen Beispiele zu folgen; denn wenn man den übrigen Teil der Insel, namentlich Stubbenkammer, schon gesehen hat, bringen Wittow und Arkona nur noch auf wenige Gemüter einen befriedigenden Eindruck hervor, während sie zuerst besucht gewiss gefallen. — Geht man von Stralsund aus, so versäume man übrigens nicht, den höchsten der dortigen Kirchtürme, den der Marienkirche, zu besteigen, um von dort aus eine vorläufige Übersicht über das zu durchreisende Gebiet zu gewinnen. Es ist ein herrliches Panorama, welches sich von diesem hohen Standpunkte aus vor den Blicken des Beschauers entfaltet!

Vom herrlichsten Wetter und Winde begünstigt, segelten wir am 28. Juni Morgens 7 Uhr von Stralsund ab. Es war dies meine erste Meeresfahrt. Mit den Eigentümlich Zeiten unserer mecklenburgischen Landseen hinreichend bekannt, fiel mir hier sogleich die viel größere Durchsichtigkeit des Meereswassers auf: klar und deutlich sah man bei einer Wassertiefe von mindestens 8 Fuß die auf dem Boden liegenden Geröllblöcke und die großen hin und herwallenden Tang-Gebüsche, während man in dem durch Schlamm oder Kalk getrübten Wasser unserer Landseen bei einer Tiefe von 5 bis 6 Fuß die auf dem Boden befindlichen Gegenstände nur noch mit Mühe erkennt. — Die Fahrt ging anfänglich etwa 3/4 Meilen lang durch einen nur eine Viertelmeile breiten Meeresarm, so dass wir die Ufer der rügianischen und pommerschen Küsten zur Rechten und Linken, zwischen denen wir hinfuhren, ganz in der Nähe überblicken konnten. Ein Dorf nach dem andern schwand bei dem günstigen Winde, der unsere Segel füllte, schnell an der Seite dahin, und vor uns erblickten wir Anfangs nichts als Wasser, bis allmählich der nördliche, bergige Teil von Hiddensee wie eine tiefblaue Wolke am äußersten Rande des Horizonts vor uns auftauchte, während hinter uns die Stadt Stralsund immer mehr und mehr den Blicken entschwand, bis zuletzt nur ihre hohen Türme, welche auf dem Wasserspiegel zu stehen schienen, allein noch sichtbar waren. Nachdem wir jenen schmalen Kanal durchsegelt hatten, traten plötzlich die beiden Küsten auf zwei Meilen Weite auseinander; rechts kamen jetzt der spitze Turm der Stadt Bergen, und links, auf der Höhe von Borhöwt (d. h. Fichtenvorgebirge) und Fresenort, die ersten Dörfer auf Hiddensee zum Vorschein, und dann neben dem Gellen, dem schmalen und niedrigen südlichen Teile dieser Insel hinfahrend, konnten wir, trotz des niedrigen Standpunktes, den wir einnahmen, doch über ihn hinweg in das offene Meer blicken. Schaprode, welches auf Rügen zu unserer Rechten lag, besuchte ich auf dieser Fahrt noch nicht; ich bin aber später dort gewesen, und kann versichern, dass es wohl einen kleinen Abstecher verdient. Es ist ein großes, hauptsächlich von Schiffern bewohntes Dorf, welches mit seinen freundlichen, reinlichen Häusern ein ganz holländisches Gepräge an sich trägt, wie man dies bei anderen norddeutschen Dörfern leider nur selten antrifft. Die Halbinsel, worauf dieser Ort liegt, hieß früher das Land Wollung, unter welchem. Namen (Walungia) sie schon bei dem alten dänischen Geschichtsschreiber Saxo Grammaticus vorkommt.

Stralsund, Semlowertor

Stralsund, Semlowertor

Stralsund, Rathaus

Stralsund, Rathaus

Stralsund, Kniepertor

Stralsund, Kniepertor

Stralsund, Jakobiturmstraße und Jakobikirche

Stralsund, Jakobiturmstraße und Jakobikirche

Stralsund, alte Giebelhäuser

Stralsund, alte Giebelhäuser

Hiddensee - Kloster Leuchtturm

Hiddensee - Kloster Leuchtturm