Die Entstehung des sogenannten Fangelturms am Mühlentor zu Malchin.

Aus: Mecklenburgs Volkssagen. Band 4
Autor: Von Franz Gesellius, Erscheinungsjahr: 1862
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Sage, Volkssage, Fangelturm, Malchin, Kumerow, Kumerower See, Malchiner See, Mühlentor, Kumerower Tor
Es mag seit der Zeit schon viel Wasser vom Berge gelaufen sein, als einst die Malchiner Ratsherrn den Ritter und Freiherrn auf Kumerow in Pommern zu sich aufs Rathaus zu einem frohen Bankette luden.

Die Ländereien dieses Ritters zogen sich nämlich damals noch bis ans Mühlentor von Malchin, und schon lange war es der heißeste Wunsch der dortigen Bürgerschaft gewesen diese Wiesen und Felder wenigstens bis zum Kumerower Tor zu erwerben.

Als nun die Malchiner Stadtherrn mit dem Herrn von Kumerow so fröhlich auf dem Rathause bankettierten, fragte ein Ratsherr den Ritter: „Herr Ritter, wollt Ihr uns nicht Eure Ländereien bis zum Kumerower See verkaufen?"

Über diese Worte lachte der Ritter und rief: „Ja wohl, wenn Ihr nur soviel Geld hättet. Doch ich bin reich, ich will Euch bei meinem Ritterwort soviel schenken, als Ihr diese Nacht von 12 Uhr bis Morgens 4 Uhr mit einem Paar Zugochsen umhaken könnt. Doch müsst Ihr zu meinem Angedenken einen Turm bauen, und zwar am Mühlentor, woran Ihr mein Wappen anbringen sollt. Wenn Ihr aber den Turm niederreißt, so gehört das Feld meinen Nachkommen.”

Dies Alles wurde urkundlich verbrieft.

Nachts um 12 Uhr hakten nun die Malchiner Bürger los und zogen eine Furche von Malchin bis Dukow — einem kleinen Dörfchen, eine halbe Stunde von Malchin entfernt —, von da bis zum Kumerower See und dann in einem weiten Bogen bis Malchin wieder zurück. Gerade, als es vom Turme 4 schlug, gelangten sie ins Mühlentor.

Daher kommt es, dass Malchin so reich an Feld und Wiesen ist.

Beregter Turm — allgemein „der Fangelturm" genannt, der früher als Gefängnis diente — steht noch heute, obgleich das Wappen daran schon längst verwittert ist.

Vor ungefähr 20 Jahren wollten die Malchiner den Turm niederreißen lassen, um die Steine zum Rathausbau zu benutzen, doch da rief ein alter Bürger: „Daut dat nich, dei Kumerowsch kikt all ut dei Auken!"*)

*) „Tut das nicht, der Kumerower sieht schon aus der Dachluke!" d. h. er passt schon auf, um laut Kontrakt sein altes Besitztum wieder in Empfang zu nehmen.

Da wurden sie der alten Urkunde eingedenk, und ließen den Turm stehen.