Die Deutschen zur See im Mittelalter

Aus: Unterhaltungen am häuslichen Herd. Herausgeber: Gutzkow, Karl. Neue Folge . Band 5
Autor: Asmus, Heinrich (?), Erscheinungsjahr: 1860
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Hansabund, Hansestädte, Andernach, Anklam, Aschersleben, Bergen (Norwegen), Berlin, Bielefeld, Bolsward (Friesland), Brandenburg, Braunsberg, Braunschweig, Bremen, Buxtehude, Campen, Danzig, Demmin (Pommern), Deventer, Dorpat, Dortmund, Duisburg, Eimbeck (Harz), Elbing, Elburg, Emmerich, Frankfurt an der Oder, Golnow (Pommern), Goslar, Göttingen, Greifswald, Gröningen, Halberstadt, Halle (im Magdeburgischen), Hamburg, Hameln, Hamm (Westfalen), Hannover, Harderwyk, Helmstädt, Hervorden (Westfalen), Hildesheim, Kiel, Koesfeld, Kolberg, Köln, Königsberg, Krakau, Kulm, Lemgo, Lirhcim (Lothringen), Lübeck, Lüneburg, Magdeburg, Minden (Hannover), Münster, Nimwegen, Nordheim, Osnabrück, Osterburg (Altmark), Paderborn, Quedlinburg, Reval, Riga, Rostock, Rügenwalde, Ruremonde (Geldern), Salzwedel, Seehausen, Soest, Stade, Stargard, Stavern (Friesland), Stendal, Stettin, Stolpe, Stralsund, Thom, Venlo (Geldern), Uelzen, Unna, Warburg (Schweden), Werben (Altmark), Wesel, Wisby, Wismar, Zütphen und Zwoll (Geldern). Handelsmacht
Eben lese ich in den Zeitungen, dass in Berlin die Beratungen über die Befestigung der oft- und norddeutschen Seeküsten ihren Anfang nehmen sollen und werde dadurch an die Vergangenheit und zwar an die Zeit erinnert, wo die deutschen Städte an der Nord- und Ostsee durch die vielköpfige Hansa so beschützt und gesichert waren, dass jede Macht, selbst die größte, anstand, sie zu behelligen.

Diese Erinnerung fachte bei mir den Gedanken an, den Lesern der „Unterhaltungen“ eine ungefähre skizzierte Übersicht der ehemaligen deutschen Seemacht und zwar aus dem Mittelalter vorzulegen, aus jener Zeit, wo mitunter 600 hansische Schiffe während des Winters im Lübecker Hafen ankerten.

Die Zahl der Städte, welche diese Macht auf der See bildeten, hat sich wohl über 100 belaufen; namhaft können wir aber nur 85 machen: Andernach, Anklam, Aschersleben, Bergen (Norwegen), Berlin, Bielefeld, Bolsward (Friesland), Brandenburg, Braunsberg, Braunschweig, Bremen, Buxtehude, Campen, Danzig, Demmin (Pommern), Deventer, Dorpat, Dortmund, Duisburg, Eimbeck (Harz), Elbing, Elburg, Emmerich, Frankfurt an der Oder, Golnow (Pommern), Goslar, Göttingen, Greifswald, Gröningen, Halberstadt, Halle (im Magdeburgischen), Hamburg, Hameln, Hamm (Westfalen), Hannover, Harderwyk, Helmstädt, Hervorden (Westfalen), Hildesheim, Kiel, Koesfeld, Kolberg, Köln, Königsberg, Krakau, Kulm, Lemgo, Lirhcim (Lothringen), Lübeck, Lüneburg, Magdeburg, Minden (Hannover), Münster, Nimwegen, Nordheim, Osnabrück, Osterburg (Altmark), Paderborn, Quedlinburg, Reval, Riga, Rostock, Rügenwalde, Ruremonde (Geldern), Salzwedel, Seehausen, Soest, Stade, Stargard, Stavern (Friesland), Stendal, Stettin, Stolpe, Stralsund, Thom, Venlo (Geldern), Uelzen, Unna, Warburg (Schweden), Werben (Altmark), Wesel, Wisby, Wismar, Zütphen und Zwoll (Geldern).

Diese hansischen Städte waren in vier Klassen geteilt; in der ersten war Lübeck der Hauptort, in der zweiten Köln, in der dritten Braunschweig, in der vierten Danzig.

Von der Lebhaftigkeit und Vielseitigkeit der Schifffahrt dieser Städte in der Nord- und Ostsee zu Anfang des 15. Jahrhunderts können wir uns gegenwärtig nur noch einen schwachen Begriff machen, denn wenn wir auf der Karte eine gerade Linie von Brügge in den Niederlanden bis Nowgorod in Russland ziehen und von Stettin aus auf der Nordseite einen Halbkreis beschreiben. den wir bis London westwärts erweitern, so haben wir den damaligen Schauplatz der deutschen Handelsflotte, über den hinaus der direkte Handel der Deutschen sich damals nie erstreckte. Jedoch herrschte schon die deutsche Flagge vor einem halben Jahrtausend auf der Ostsee: gen Bergen, Schonen, Wisby und Nowgorod steuerten die deutschen Schiffe, den Nordländern zu bringen, was den Körper ziert und die Speise würzt, von der gröbsten Leinwand bis zu den teuersten Stoffen, von dem täglich gebrauchten und dem Nordländer unentbehrlichen Salze, bis zu den feinsten Gewürzen und der Traube köstlichem Safte. Keine drückenden Abgaben erschwerten die Einfuhr, kein Zollbedienter durchsuchte die Ladung; überall wurden die deutschen Kaufleute mit offenen Armen empfangen, oft zum Nachteil der Einheimischen begünstigt. Mit einem Worte, es ist fast unmöglich, ein anschauliches Bild von dem im Mittelalter kräftig blühenden Baum des deutschen Handels zu entwerfen, von seinen Wurzeln, die wir in Flandern, dem Stapelplatz der südlichen Produkte, suchen müssen, bis zu den unzähligen Ästen und Zweigen, die sich nach allen Richtungen des Nordens ausbreiteten. Fürstliche und königliche Freibriefe gaben dem Ganzen später seine eigentümliche Festigkeit, die namentlich durch die zu Köln 1364 abgefasste Bundesakte des Vereins gesichert wurde. Die Hansa erlangte daher erst im 14. Jahrhundert, ihre hohe politische Wichtigkeit, denn aus ihr und in ihr entwickelte sich zuerst die in alle Verhältnisse eingreifende Handelspolitik, von der vielleicht kein gekröntes Haupt damals eine Ahnung hatte.

Der nächste Zweck des Vereins war freilich Handel und Gewerbe zu heben, aber doch auch die Küsten und sich gegen Seeräubereien zu sichern und zu schützen; vielleicht hatte man gar die Absicht, allen auswärtigen Handel ausschließlich an sich zu bringen — aber bald ward die Hansa durch die Macht ihrer Schiffe und Waffen die Beherrscherin über Meere, Kronen und Länder. Sie war siegreich gegen Könige und Fürsten und rüstete in dem zweiten Viertel des 15. Jahrhunderts Flotten von nahe an 250 Schiffen aus, die sie mit 12.000 Kriegern bemannte. Daher kann nicht auffällig sein, dass sie bei solchen Mitteln Königen den Krieg erklären konnte, sie auf den Thron oder wieder absetzte und die deutsche Flagge überall auf der Ost- und Nordsee Achtung und Gehorsam gebot.

Die Jahrbücher der Städte sind voll von Zügen bürgermeisterlicher Kampffertigkeit, denn das amphibienartige, von Jugend auf an Schifffahrt, Wind, Wetter und Meeresgefahr gewöhnte Geschlecht in den Seestädten war ja auf dem Wasser zu Hause. Jede Kauffahrteifahrt in den Norden kam, bei der Unsicherheit der Seewege, fast immer einem muterprobenden, abhärtenden Kreuzzuge, einer Kaperfahrt gleich, und darum zeichneten sich hansische Bürgermeister und Ratsherren, wie auch einfache, gewöhnliche Kaufleute als Admirale und Schiffspatrone aus. Der Ruf der seekundigen Norddeutschen wuchs denn auch so mächtig, dass der fromme Venetianer Marino Sanuto, als er zu Anfang des 14. Jahrhunderts Europa durchzogen, dem Papste kein streitbareres Seefahrvolk empfehlen konnte als die „siebenundsiebenzig Gänse“. Besonders nannte er neben Friesen, Ditmarsen und Holländern die großen Städte in Holstein und Slawonien, Lübeck, Hamburg, Wismar, Rostock, Sund, Greifswald und Stettin. Eine so hohe Meinung trug ein Südländer von diesen Städten heim, der gleichwohl Venedig, Pisa und Genua kannte und die Welt weit und breit durchwandert hatte.

Aber leider ging mit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts der Hansa schon manches verloren. Die fremden Nationen nahmen an Bildung zu und die Entdeckung Amerikas und des Seewegs nach Ostindien brachte den westlichen Ländern ungemeinen Reichtum; die Macht der Fürsten gewann und die Zölle und Abgaben drückten gewaltig den hansischen Handel. Dazu ward der Hansabund immer lockerer, denn der Vorteil der einzelnen schwächte das Ganze, sodass bald der gegenseitige kräftige Schutz nicht mehr vorhanden war. Dazu erhoben sich die Livländer immer zahlreicher und stärker und wirkten störend auf den hansischen Handel nach Nowgorod und Moskau, obgleich neue Verträge abgeschlossen waren. Auch die Teilnahme der westlichen Völker schmälerte den Handel und die Schifffahrt, und nie blühten die „Comptoire“ wieder auf, vielmehr irrte der Handel nach Reval, Riga und Narva herum, wo ihn die Schweden jedoch auch bald vertrieben. In der Folge versuchten zwar die Hansen ihr Glück zu Pleskow und Pernau, allein die eingetretenen unruhigen Kriegszeiten und die damit verbundenen Länderverteilungen konnten den hansischen Handel auch nicht begünstigen. In Bergen, wo die Hansa noch fortwährend herrschte, brachte es der Übermut auch zum Fall. Man untergrub dadurch die Grundfesten des Handels und reizte die Monarchen und Einwohner zu Beschränkungen, Widerstand und Begünstigung fremder Völker. Mit einem Worte, es ward auch hier der Handel und die Übermacht ihren Händen entrissen und dafür Zoll und Abgaben geboten. Nur in Schweden allein schien für sie, wenn auch nur für Augenblicke, eine günstigere Zeit eintreten zu wollen. Gustav I., der durch Unterstützung und geleistete Dienste der Hansa verpflichtet war, gab ihr fast alles, was sie nur wünschen konnte: Zollfreiheit und ungehinderten Verkehr im ganzen Lande; auch sollte kein Schwede anders wohin als nach einer Hansastadt Handel treiben. Lübeck war vor allen und fast allein in dessen Besitz. Aber auch dieses Glück war, wie schon erwähnt, nicht von Dauer. Die Eifersucht über die Begünstigungen der Holländer verwandelte das gute Vernehmen in Ausschließungen und offene Fehde, deren Glut Wullenweber noch mehr anfachte. Dieser Krieg brachte für Lübeck großen Verlust an Schiffen und Eigentum*) und weder Gewalt noch Unterhandlungen konnte die Hansa je wieder zur vorigen Höhe zurückführen, sondern die Zeit, die immer vorwärts schreitet, setzte auch der Hansa ihr Ziel im Jahre 1630.

*) Lübeck baute 1540 ein Schiff von 700 Last und einige Jahre später ein Kriegsschiff „Der Adler“ von 240 Fuß Länge, das mit 1.200 Kriegern bemannt war.

Braunschweig Stadtansicht

Braunschweig Stadtansicht

Greifswald Stadtansicht

Greifswald Stadtansicht

Goslar Stadtansicht

Goslar Stadtansicht

Elbing Stadtansicht

Elbing Stadtansicht

Berlin und Kölln

Berlin und Kölln

Lübeck Das Holstentor

Lübeck Das Holstentor

Lüneburg Stadtansicht

Lüneburg Stadtansicht

Magdeburg Stadtansicht

Magdeburg Stadtansicht

Rostock Stadtansicht

Rostock Stadtansicht

Stettin, das Alte Schloss

Stettin, das Alte Schloss

Stralsund Stadtansicht

Stralsund Stadtansicht

Wismar, Stadtansicht

Wismar, Stadtansicht

Hamburg, Blick auf die Unterelbe

Hamburg, Blick auf die Unterelbe

Bremen - Freihafen

Bremen - Freihafen

Danzig - Frauengasse

Danzig - Frauengasse

Die Plünderung Wisbys

Die Plünderung Wisbys

Hamburg - Deichstraßenfleet

Hamburg - Deichstraßenfleet

Hanse Kogge

Hanse Kogge

Hansewappen

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