Kommunikationen.

      Bevor wir zur Betrachtung der wirtschaftlichen Bedeutung der Hochländer und der Rentabilität des Minenbetriebes übergehen, ist es nötig, einen kurzen Blick auf die Verkehrswege und -Mittel zu werfen.
      Auch heute noch vollzieht sich der Transport von Gütern im Innern fast ausschließlich auf dem Rücken der Tiere. Es existieren fast nur Maultierwege, und das dem Andenhochlande eigentümliche Llama besorgt in erster Reihe den Austausch von Waren sogar bis zur Küste herunter nach Tacna. Ist auch der Transport langsam, so hat er den Vorzug der Billigkeit. Das. Llama findet sein Futter auch in den harten Gräsern der ärmsten Steppen, und der [Ureinwohner] fordert eine nur geringe Bezahlung.
      Pferde und Mulas dienen in weit geringerem Grade dem Verkehr im Hochlande. Fuhrwerke noch weniger, obgleich sie viel ausgedehnter angewendet werden könnten. Kur zwischen den größeren Städten und nach den großen Minenetablissements sind Wege für Fuhrwerke gebaut.
      Unternehmungen für Kutschen und Frachtverkehr existieren z. B. zwischen Oruro-La Paz, Oruro-Cochabamba u. a. m. Sie gehören Argentiniern.
Die bolivianische Kordillere ist wohl das am leichtesten zugängliche Hochgebirge der Welt. Es gibt wenig Berge, auf die man nicht hinaufreiten kann und wenig Minen, die nicht einen Fahrweg besitzen oder an die man nicht einen dicht heranführen kann, und zwar mit geringen Kosten. Die Vermehrung des Minenbetriebes wird eine große Vermehrung der Fahrwege mit sich bringen.
      Seit Jahren ist der Zugangshafen für Südbolivien der Hafen Antofagasta-Mejillones. Ein fast 960 km lange Bahn führt von dort über Uyuni bis Oruro. Das Unternehmen ist englisch.
      Nordbolivien hat die Bahn Mollendo-Arequipa-Puno, von hier Dampfer über den Titicacasee bis zum Südhafen Guaqui und von dort wieder Bahn bis zur Landeshauptstadt La Paz, 70.000 Einwohner. Vor vier Jahren schloss die Regierung einen Vertrag mit dem Yankeekonsortium Speyer, welches für 5 1/2 Million Lstr. folgende Linien herzustellen hat:
      1. Viacha (La Paz)-Oruro, diese Linie kann als fertig betrachtet werden, da der weitaus größte Teil schon dem Verkehr übergeben ist.
      2. Oruro-Cochabamba.
      3. Oruro-Potosi.
      4. La Paz-Puerto Pando-Gummidistrikte des Beni.
      5. Die Linie Uyuni-Tupiza ist noch zweifelhaft. Diese Linien dürften innerhalb acht Jahren fertiggestellt sein.
      6. Chile muss laut Friedensvertrag eine Bahn von Arica nach La Paz bauen. Diese Bahn würde den Verkehr zur Küste ganz wesentlich erleichtern, da man in einem Tage von La Paz nach Arica kommen kann. Diese Bahn berührt die berühmten Kupferminen von Corocoro.
      7. Eine neue Unternehmung wird auch den Osten erschließen durch Bau einer Bahn vom Paraguayfluss über Santa Cruz nach Cochabamba und ferner wird eine
      8. Verbindung von Iquique nach Uyuni im Anschluss an die bereits bestehende Salpeter- und Minenbahn geplant.
      9. Argentinien hat die Bahn über Jujuy bis zur Grenze nach der Station La Quiaca fertig gestellt und beabsichtigt die Linie bis Potosi weiterzuführen. Die Bolivian-Railway hat den Kontrakt Speyer übernommen und baut die Bahn nach Potosi.
      Einmal ausgeführt, werden diese Bahnen das Hochland vollständig erschließen. Verzweigungen derselben nach bedeutenden Minendistrikten natürlich Vorbehalten, d. h. den Detailausbau des Netzes. Indes auch schon heute bieten die Verfrachtungskosten nirgends einen Grund der Behinderung für Export oder Import, trotzdem die Bahnen kein bolivianisches Brennmaterial benutzen. Die Fracht von Oruro nach der Küste z. B. beträgt pro Quintal noch nicht 3 Bois. (Boliviano = 1,80 M) genau 2,76 Bols. Bei dieser Fracht ist es sogar möglich, dass die Chilenen „pasto prensado“ als Futter nach Oruro senden.
      Die Bahn Oruro-Antofagasta hat 960 km. Die Bahn Potosi-Buenos Aires wird die dreifache Länge haben. Trotzdem baut Argentinien diese Bahn nicht bloß aus politischen Rücksichten*), sondern auch in der Hoffnung auf Güterverkehr, der schon heut in erheblichem Grade stattfindet. Südbolivien bezieht Waren und Bergwerksmaschinen via Rosario anstatt über Antofagasta. Dies allein dürfte in Argentinien zeigen, dass die Sorgen, die man sich über die Schwierigkeiten des Transportes macht, — unbegründet sind und dass gerade die argentinischen Behörden das sehr gut wissen.

      *) Der Bau der Bahn ist suspendiert.


      Im Vergleich zu anderen Ländern ist Bolivien dem Reisenden zum Teil immer noch schwer erreichbar. Wer elf bis zwölf Tage auf die Reise Buenos Aires-Oruro z. B. verwendet, dann weitere zwei Tage nach Cochabamba und weitere zehn bis zwölf Tage nach Santa Cruz, wird behaupten, dass Reisen in Bolivien eine zeitraubende Sache ist und auch damit recht haben. Dies trifft aber weniger den Warenverkehr, der, wenn er auch entsprechend langsam geht, doch unter dem Zeitverlust nicht so zu leiden hat, während die Preise der Frachten bis heut Handel und Herstellung hochwertiger Produkte wie Zinn, Kupfer usw. noch in keiner Weise unmöglich gemacht haben. Dass man nicht Weizen von Santa Cruz nach La Paz senden kann, ist klar. Darum handelt es sich indes zunächst auch noch nicht.