Ackerbau und Viehzucht.
Jedenfalls bietet diese enorme Region dem Ackerbau und der Viehzucht ein weites Feld, Erwerbszweige, welche in gewissen Teilen Boliviens außerordentlich günstige Bedingungen finden. Schon im ersten Teil gedachten wir kurz der Landwirtschaft der Hochebene, welche alles liefert, was der [Ureinwohner] bedarf, indes nicht entfernt genügend produziert, um die Städte und die Minenindustrie zu versorgen. Die Folge sind unglaublich hohe Preise für Lebensmittel und Futter der Arbeitstiere, welche zu einer Versorgung der Bevölkerungszentren geradezu herausfordern. Preise von 1 Boliviano für 10 kg Kartoffeln, von 3, 4, 12 ja 20 Bolivianos für 1 q Futtergerste „enberza“ *) — während die Produkte für 20 bzw. 50 Centavos erzeugt werden können — , wozu noch die Fracht tritt, die mäßig ist, fordern zum Liefern geradezu heraus.
*) Halb reif geschnitten.
Andere Produkte haben ähnliche Preise, und schon allein die auch vorerwähnte Tatsache, dass die Chilenen ihren Pasto, mit dem sie nebenbei bemerkt an Ort und Stelle schon 100 bis 200% verdienen, nach Oruro senden, während unweit Oruro das, was im Lande gebraucht wird, billig erzeugt werden kann — , nicht viel teurer wie in Chile oder Argentinien — spricht genügend deutlich. Ebenso sendet Chile seinen Wein und hat das Alkoholmonopol gepachtet, während in den bolivianischen Tälern die Trauben verfaulen. — Man kann jedes Ackerbauprodukt in ausreichender Menge in Bolivien selbst produzieren und für ein Drittel, ja ein Viertel der jetzigen Preise noch mit Vorteil verkaufen.
Ähnlich verhält es sich mit der Viehzucht. Fleisch kostet in La Paz 60, in Oruro bis 80 Centavos und ist kaum und fast nur in schlechter Qualität zu haben. Butter und Milch sind fast unbekannt, schlecht und sehr teuer. Die Bevölkerung, sogar einschließlich vieler Europäer, betrachtet ranzige Konservenbutter als eine Blüte europäischer Kultur. Schweinefleisch ist selten, Schafe sind im Winter halb verhungert, im Sommer, wenn fett, erreicht das Gewicht eines Schafes kaum das einer deutschen Gans.
Wie auch in Südperu dürften die von den Spaniern eingeführten Haustiere kaum eine Blutauffrischung erfahren haben, und sämtliche Tiere sind degeneriert, mehr im kalten, rauen, armen Hochlande, weniger in den Tälern, welche in milderem Klima bei reichlichem Futter stärkere Tiere produzieren.
Ein Einheimischer-Ochse von der Hochebene dürfte lebend kaum 400 kg, Ochsen aus den Tälern 600 bis 700 kg erreichen. Pferde und Mulas werden meist aus Argentinien zugetrieben und auf der großen Feria in Huari gekauft. Die Zucht selbst ist billig.
Es ist geraten, in erster Linie die Versorgung der Städte und Minenkomplexe ins Auge zu fassen. Bolivien ist ein neues Land, und die bolivianische Landwirtschaft ist der ihr durch das Wachsen der Minenindustrie gestellten Aufgabe keineswegs bisher gerecht geworden. Man ist in Bolivien sehr konservativ und lässt die Dinge an sich kommen. Die Bodenpreise sind großenteils noch sehr mäßig. Nur durch die Bahnen ist teilweise ein spekulatives Anschwellen der Forderungen herbeigeführt, doch ist genug Platz da, zu Preisen zu kaufen, die eine Verzinsung von 50 % und mehr und bei dem steigenden Bodenwert einen Kapitalzuwachs von 300 bis 500% in wenigen Jahren in Aussicht stellen.
Ein Unternehmen, welches die Versorgung der Bevölkerungszentren zum Ziel hat, würde am besten den Distrikt von Oruro ins Auge fassen, eine größere Finca für Produktion erwerben, die mehr im Innern, etwa bei Cochabamba, liegt, sowie eine kleinere in der Hochebene, welche als Stapelplatz für die Verteilung dient und ebenfalls Kartoffeln, Futtergerste, Quinoa produzieren kann. Nahe Oruro liegen die größten, ältesten und bestfundierten Minen, welche z. B. während des Preisrückganges in 1907 bis 1908 alle zu arbeiten fortfuhren, indes die jüngeren von La Paz ausgehenden Unternehmungen zu stoppen gezwungen waren. Es gebührt einem argentinischen Konsortium das Verdienst, die Lage in Bolivien richtig erkannt zu haben. Dieses hat eine Viehzuchtfinca nahe La Paz gekauft, um die Versorgung der Landeshauptstadt zu übernehmen und in erster Linie besseren Viehrassen Eingang zu verschaffen. Der Verfasser war in der Lage, das Unternehmen wie seine in Bolivien tätigen Leiter kennen zu lernen, und gewann hierbei den bestimmten Eindruck, dass dasselbe zu den allerbesten Hoffnungen berechtigt. Die sehr glückliche Kombination, einen Gipsbruch mitzukaufen, gestattet eine sofortige Verzinsung des eingeschossenen Kapitals, hier umso schätzenswerter, als Viehzuchtunternehmen einer Periode der Entwicklung bedürfen, bis sie volle Rente bringen, während der Ackerbau sofort Erträge liefert. — Spekulative Bodenkäufe kann man natürlich in allen Teilen des Landes machen. Auch die tropische Landwirtschaft, namentlich der Anbau von Kaffee und Zuckerrohr, bringt sehr gute Erträge. Arbeiter sind genügend zu haben. Die Fincas haben meist einen Stamm von [Eingeborenen]Familien, die im Abhängigkeitsverhältnis stehen, Land erhalten, dessen Ernte sie zum Teil abgeben müssen, außerdem noch gewisse Arbeitstage teils umsonst, teils gegen geringe Bezahlung leistend. Vielfach hängt es von der Behandlung dieser Leute ab, welchen Wert ihre Arbeit hat. Wer sie richtig zu nehmen weiß, hat in der Regel genug Arbeiter und ihre Arbeit billig.
*) Halb reif geschnitten.
Andere Produkte haben ähnliche Preise, und schon allein die auch vorerwähnte Tatsache, dass die Chilenen ihren Pasto, mit dem sie nebenbei bemerkt an Ort und Stelle schon 100 bis 200% verdienen, nach Oruro senden, während unweit Oruro das, was im Lande gebraucht wird, billig erzeugt werden kann — , nicht viel teurer wie in Chile oder Argentinien — spricht genügend deutlich. Ebenso sendet Chile seinen Wein und hat das Alkoholmonopol gepachtet, während in den bolivianischen Tälern die Trauben verfaulen. — Man kann jedes Ackerbauprodukt in ausreichender Menge in Bolivien selbst produzieren und für ein Drittel, ja ein Viertel der jetzigen Preise noch mit Vorteil verkaufen.
Ähnlich verhält es sich mit der Viehzucht. Fleisch kostet in La Paz 60, in Oruro bis 80 Centavos und ist kaum und fast nur in schlechter Qualität zu haben. Butter und Milch sind fast unbekannt, schlecht und sehr teuer. Die Bevölkerung, sogar einschließlich vieler Europäer, betrachtet ranzige Konservenbutter als eine Blüte europäischer Kultur. Schweinefleisch ist selten, Schafe sind im Winter halb verhungert, im Sommer, wenn fett, erreicht das Gewicht eines Schafes kaum das einer deutschen Gans.
Wie auch in Südperu dürften die von den Spaniern eingeführten Haustiere kaum eine Blutauffrischung erfahren haben, und sämtliche Tiere sind degeneriert, mehr im kalten, rauen, armen Hochlande, weniger in den Tälern, welche in milderem Klima bei reichlichem Futter stärkere Tiere produzieren.
Ein Einheimischer-Ochse von der Hochebene dürfte lebend kaum 400 kg, Ochsen aus den Tälern 600 bis 700 kg erreichen. Pferde und Mulas werden meist aus Argentinien zugetrieben und auf der großen Feria in Huari gekauft. Die Zucht selbst ist billig.
Es ist geraten, in erster Linie die Versorgung der Städte und Minenkomplexe ins Auge zu fassen. Bolivien ist ein neues Land, und die bolivianische Landwirtschaft ist der ihr durch das Wachsen der Minenindustrie gestellten Aufgabe keineswegs bisher gerecht geworden. Man ist in Bolivien sehr konservativ und lässt die Dinge an sich kommen. Die Bodenpreise sind großenteils noch sehr mäßig. Nur durch die Bahnen ist teilweise ein spekulatives Anschwellen der Forderungen herbeigeführt, doch ist genug Platz da, zu Preisen zu kaufen, die eine Verzinsung von 50 % und mehr und bei dem steigenden Bodenwert einen Kapitalzuwachs von 300 bis 500% in wenigen Jahren in Aussicht stellen.
Ein Unternehmen, welches die Versorgung der Bevölkerungszentren zum Ziel hat, würde am besten den Distrikt von Oruro ins Auge fassen, eine größere Finca für Produktion erwerben, die mehr im Innern, etwa bei Cochabamba, liegt, sowie eine kleinere in der Hochebene, welche als Stapelplatz für die Verteilung dient und ebenfalls Kartoffeln, Futtergerste, Quinoa produzieren kann. Nahe Oruro liegen die größten, ältesten und bestfundierten Minen, welche z. B. während des Preisrückganges in 1907 bis 1908 alle zu arbeiten fortfuhren, indes die jüngeren von La Paz ausgehenden Unternehmungen zu stoppen gezwungen waren. Es gebührt einem argentinischen Konsortium das Verdienst, die Lage in Bolivien richtig erkannt zu haben. Dieses hat eine Viehzuchtfinca nahe La Paz gekauft, um die Versorgung der Landeshauptstadt zu übernehmen und in erster Linie besseren Viehrassen Eingang zu verschaffen. Der Verfasser war in der Lage, das Unternehmen wie seine in Bolivien tätigen Leiter kennen zu lernen, und gewann hierbei den bestimmten Eindruck, dass dasselbe zu den allerbesten Hoffnungen berechtigt. Die sehr glückliche Kombination, einen Gipsbruch mitzukaufen, gestattet eine sofortige Verzinsung des eingeschossenen Kapitals, hier umso schätzenswerter, als Viehzuchtunternehmen einer Periode der Entwicklung bedürfen, bis sie volle Rente bringen, während der Ackerbau sofort Erträge liefert. — Spekulative Bodenkäufe kann man natürlich in allen Teilen des Landes machen. Auch die tropische Landwirtschaft, namentlich der Anbau von Kaffee und Zuckerrohr, bringt sehr gute Erträge. Arbeiter sind genügend zu haben. Die Fincas haben meist einen Stamm von [Eingeborenen]Familien, die im Abhängigkeitsverhältnis stehen, Land erhalten, dessen Ernte sie zum Teil abgeben müssen, außerdem noch gewisse Arbeitstage teils umsonst, teils gegen geringe Bezahlung leistend. Vielfach hängt es von der Behandlung dieser Leute ab, welchen Wert ihre Arbeit hat. Wer sie richtig zu nehmen weiß, hat in der Regel genug Arbeiter und ihre Arbeit billig.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Deutschen Interessen in Argentinien, Chile, Bolivien und Peru.