Dritter Abschnitt
Der älteste der Bergbauzweige ist der auf Silber, welchen die Spanier schon betrieben. Er ist fast völlig eingeschlafen und Kupfer dafür in den Vordergrund getreten. Es werden bedeutende Mengen exportiert. Das chilenische Kupfer enthält meist Gold oder Silber, dabei auch noch Wolfram, Vanadium, auch etwas Zinn. Die Hauptbergbauregion liegt von Santiago nördlich, ihr altes Zentrum ist Copiapó. Aber die ganze Kordillere und die Küstenkordillere haben Kupfer. Reiche Minen mit 30 %, auch mehr, sind im Innern von Iquique aufgeschlossen. In der Nähe dieses Salpeterhafens liegt auch das große Silbervorkommen von Huantajaya. Auch der Süden ist metallreich, doch konzentriert sich dort das Interesse mehr auf Viehzucht. Die Ausdehnung des Bahnnetzes wird viele Minen, auch bei jetzigen Preisen, lebensfähig machen. Gleich ausgedehnt ist das Vorkommen von Gold. Die Salpetergewinnung liefert Chile über die Hälfte seiner Staatseinnahmen, und große Flächen sind noch im Besitz des Fiskus. Der pacifische Krieg, durch den Chile sämtliche Salpeterfelder von Peru und Bolivien gewann, hat das Land reich gemacht. Die Produktion liegt in den Händen großer Gesellschaften, englischer, deutscher, auch chilenischer, der Export, welcher meist nach England und Deutschland geht, ist mit Zoll belastet. Man kann heutzutage nur mit großem Kapital in dieser Industrie arbeiten. Wiederholte Ringbildung hat auch noch kleinen Werken bis jetzt durchgeholfen, aber da das Hochhalten der Preise auch die Konkurrenz des Kalkstickstoff großzog, scheint man jetzt endgültig entschlossen, die Verhältnisse nach jeder Richtung zu sanieren und der Ring ist nicht mehr erneuert. Als Nebenprodukt wird Jod gewonnen, ebenfalls unter großer Einschränkung der Produktion, da der Konsum klein ist. Andere Minerale, wie Schwefel, Borax, Koalin, Natron, sind häufig, auch Gips, Marmor und Kalk, aber letzterer nur im Norden, der Süden ist kalkarm.
Der chilenische Bergbau hat durch die größere Nähe der Küste durchschnittlich viel bessere Bedingungen als der argentinische, auch ist der Chilene Minero (Bergmann) und hat Interesse und Verständnis, findet auch im Lande Kapital, während der Argentiner in erster Linie Viehzüchter ist und dem Bergbau misstrauisch gegenübersteht. Kohle findet sich in Chile an vielen Stellen. Das bis jetzt hauptsächlich abgebaute Gebiet liegt an der Küste südlich Concepcion. Die Kohle ist ein Lignit mit ziemlich hohem Gehalt und wird von den Eisenbahnen und allen Dampferlinien gebraucht. Eine große Ausdehnung könnte der Bergbau durch Herstellung billiger Schwefelsäure erfahren, sowie verschiedene andere Zweige der chemischen Industrie, wie die Produktion von Salpetersäure, Salzsäure, Sprengstoffen, Glyzerin, Handelsdüngern, Soda, Seife, Lichten usw. Die Anfänge für alles dieses existieren bereits im Betriebe, indes vielfach zu teuer und nach veralteten Methoden arbeitend. Die Einführung chemischer Industrie auf rationeller Grundlage würde hervorragend gewinn57 bringend sein. Durch seine Wasserkräfte, seine guten Verbindungen, das Vorhandensein vieler Rohstoffe, eignet sich Chile hervorragend zum Industrieland. Die Wasserkräfte werden noch sehr wenig für industrielle Zwecke benutzt, nur Mühlen im Süden werden durch Wasserkraft betrieben, neuerdings auch elektrische Anlagen in Santiago. Ferner nutzt die Sloman-Salpeterkompagnie die aufgestauten Wasser des Loaflusses aus.
Konzessionen sind von der Regierung unschwer zu erlangen, sobald dieselbe glaubt, dass im Interesse des Landes liegende Unternehmungen dadurch ins Leben gerufen werden.
Deutsches Kapital könnte auf allen diesen Gebieten eine weit größere Rolle spielen. Es ist aber trotz des Entgegenkommens der Regierung nicht dazu gekommen, dass auch nur eine der neu gebauten Bahnen oder ein ähnliches Unternehmen in deutsche Hände kam. Die deutschen Banken haben allerdings die letzte Anleihe erhalten, die reichen Verdienste an den neuen Bahnen schlucken indes die Engländer, welche der Regierung die Sache leichter machten. — Chile kann als Ackerbauland, in geringerem Grade auch als Bergbauland und für einige Industrien dem deutschen Kapital empfohlen werden, bei verständiger Benutzung der vorhandenen Möglichkeiten werden neue deutsche Unternehmungen bald ebenso florieren wie die alten schon vorhandenen.
Bemerkt sei noch, dass auch die Bierbrauerei, ebenso wie in Argentinien, zumeist in deutschen Händen liegt, mindestens durch deutsche Brauer besorgt wird, und dass sie sich gut rentiert, obgleich im Lande außer dem billigen guten Wein noch chicha (Apfelwein oder gekochter Weinmost) und Schnaps in großen Mengen konsumiert werden. Viel Platz für Betätigung neuen Kapitals dürfte aber nicht vorhanden sein. Wer in diesen Ländern arbeiten will, auch in Chile, wird guttun, sein Geld auf die Bank zu legen, sein ganzes europäisches Wissen, theoretisches und praktisches, einzupacken, bis er gelernt hat, die Sachen so zu machen, wie sie dort gemacht werden. Was die Leute tun, beruht meist auf Erfahrung, und der Erfahrung liegt meistens irgendeine Wahrheit zugrunde. Hat man gelernt, auf die Art Geld zu ver58 dienen, so kann man sein eigenes Geld verwenden, auch sein Wissen herausholen, um die zahlreichen Fehler und Mängel zu verbessern, welche unleugbar den einheimischen Methoden anhaften. Will man von vornherein „europäisch“ Vorgehen, so gerät man in die Gefahr, die bestehenden Schwierigkeiten zu übersehen und seinerseits grobe Fehler zu begehen. — So einfach alles auf den ersten Blick erscheint, so teuer werden häufig die trotzdem eintretenden trüben Erfahrungen. Man muss sich eben in die Verhältnisse erst einleben, in das Land und ebenfalls in die Leute. Namentlich der kritische Deutsche mit seinem häufig recht engen Gesichtskreis findet vieles am Südamerikaner auf das bitterste zu tadeln. Der welterfahrene Engländer kommt mit ihnen meist viel besser aus, am besten der Yankee. Auch hier gibt es nur einen Weg, sich in die Verhältnisse zu finden und zu lernen, wie man die Leute zu nehmen hat. Von vornherein wird man selten auf schlechten Willen stoßen und bei richtiger Behandlung mit den Leuten ebensoweit und weiter kommen als mit den lieben Landsleuten. Aber man muss sie eben nach ihrer Art behandeln und nicht verlangen, dass sie sich deutsch geben.
Schon Darwin konstatierte im Jahre 1833, dass die Südamerikaner durch die Berührung mit den Ausländern nicht verbessert wurden, im Gegenteil, ihre Fehler und Laster annahmen, ihre alten, guten Eigenschaften verloren, ohne fähig zu sein, sich auch die guten Seiten, die größere Arbeitskraft, Kenntnisse und Energie anzueignen. Man muss dies berücksichtigen, ehe man über manches, was mangelhaft erscheint, den Stab bricht. Der Romane liebt die Phrase mehr als der Deutsche. Es wäre indes nicht richtig, ihn deshalb sofort als falsch und unaufrichtig zu verurteilen. Als Freund wird man vom Südamerikaner stets ziemlich viel erreichen, als Ausländer in der Fremde mit dem Kopf durch die Wand zu wollen, hat noch weniger Zweck als daheim. Der Deutsche im Auslande sollte stets vor Augen haben, dass er auf einem vorgeschobenen Posten steht, auf dem er die Ehre seines Landes rein erhalten soll. Das ist wohl manchmal nicht der Fall. Kommen auch Fälle, wie der des Gesandschaftskanzlisten Beckert selten vor, der den chilenischen Portier der Gesandtschaft ermordete und nur durch Zufall abgehalten wurde, auch den Gesandten zu ermorden, und der dann die Gesandtschaft in Brand steckte, um große Unterschlagungen zu verdecken, so stehen doch viele den von ihnen angegriffenen Südamerikanern an Schwächen nicht nach. Ich habe in fast zwanzigjähriger praktischer Tätigkeit in diesen Ländern, stets in verantwortlicher Stellung, nie durch einen Südamerikaner Schaden oder Nachteil erlitten. Man soll nur den Amerikaner nicht schwärzer malen als er ist. Dass ein gewisser Nativismus existiert, ist unzweifelhaft. Man verkennt indes nicht das Gute, was deutsche Kulturträger gebracht haben. Viele Nachkommen verdienstvoller Deutscher genießen auch in chilenischen Kreisen großes Ansehen, und Namen wie Philippi, Fonck, Anwandter usw. geben an sich dem Träger ein besonderes Relief. Dass die Chilenen sich mündig fühlen, dass sie nicht wollen, dass die gut bezahlten Stellen nur von Ausländern eingenommen werden, sondern dass sie diese selber haben wollen, dass es ihnen ferner unangenehm ist, wenn der Handel, die reiche Salpeterindustrie und manches andere Gewinnbringende fast ganz in ausländischen Händen liegt, ist erklärlich und menschlich. Trotzdem werden immer wieder deutsche Kräfte geworben, wo sie nötig erscheinen. Der Chef der Eisenbahnen, des Generalstabes, viele Inhaber von Professuren sind Deutsche. Sicher hat der Südamerikaner seine Schwächen und Mängel, aber wer das von vornherein als etwas Unvermeidliches in Rechnung stellt, ebenso wie der Landmann die Witterung und der Seemann die wechselnde Stärke und Richtung des Windes, wird zur Zufriedenheit mit ihnen auskommen.
Der chilenische Bergbau hat durch die größere Nähe der Küste durchschnittlich viel bessere Bedingungen als der argentinische, auch ist der Chilene Minero (Bergmann) und hat Interesse und Verständnis, findet auch im Lande Kapital, während der Argentiner in erster Linie Viehzüchter ist und dem Bergbau misstrauisch gegenübersteht. Kohle findet sich in Chile an vielen Stellen. Das bis jetzt hauptsächlich abgebaute Gebiet liegt an der Küste südlich Concepcion. Die Kohle ist ein Lignit mit ziemlich hohem Gehalt und wird von den Eisenbahnen und allen Dampferlinien gebraucht. Eine große Ausdehnung könnte der Bergbau durch Herstellung billiger Schwefelsäure erfahren, sowie verschiedene andere Zweige der chemischen Industrie, wie die Produktion von Salpetersäure, Salzsäure, Sprengstoffen, Glyzerin, Handelsdüngern, Soda, Seife, Lichten usw. Die Anfänge für alles dieses existieren bereits im Betriebe, indes vielfach zu teuer und nach veralteten Methoden arbeitend. Die Einführung chemischer Industrie auf rationeller Grundlage würde hervorragend gewinn57 bringend sein. Durch seine Wasserkräfte, seine guten Verbindungen, das Vorhandensein vieler Rohstoffe, eignet sich Chile hervorragend zum Industrieland. Die Wasserkräfte werden noch sehr wenig für industrielle Zwecke benutzt, nur Mühlen im Süden werden durch Wasserkraft betrieben, neuerdings auch elektrische Anlagen in Santiago. Ferner nutzt die Sloman-Salpeterkompagnie die aufgestauten Wasser des Loaflusses aus.
Konzessionen sind von der Regierung unschwer zu erlangen, sobald dieselbe glaubt, dass im Interesse des Landes liegende Unternehmungen dadurch ins Leben gerufen werden.
Deutsches Kapital könnte auf allen diesen Gebieten eine weit größere Rolle spielen. Es ist aber trotz des Entgegenkommens der Regierung nicht dazu gekommen, dass auch nur eine der neu gebauten Bahnen oder ein ähnliches Unternehmen in deutsche Hände kam. Die deutschen Banken haben allerdings die letzte Anleihe erhalten, die reichen Verdienste an den neuen Bahnen schlucken indes die Engländer, welche der Regierung die Sache leichter machten. — Chile kann als Ackerbauland, in geringerem Grade auch als Bergbauland und für einige Industrien dem deutschen Kapital empfohlen werden, bei verständiger Benutzung der vorhandenen Möglichkeiten werden neue deutsche Unternehmungen bald ebenso florieren wie die alten schon vorhandenen.
Bemerkt sei noch, dass auch die Bierbrauerei, ebenso wie in Argentinien, zumeist in deutschen Händen liegt, mindestens durch deutsche Brauer besorgt wird, und dass sie sich gut rentiert, obgleich im Lande außer dem billigen guten Wein noch chicha (Apfelwein oder gekochter Weinmost) und Schnaps in großen Mengen konsumiert werden. Viel Platz für Betätigung neuen Kapitals dürfte aber nicht vorhanden sein. Wer in diesen Ländern arbeiten will, auch in Chile, wird guttun, sein Geld auf die Bank zu legen, sein ganzes europäisches Wissen, theoretisches und praktisches, einzupacken, bis er gelernt hat, die Sachen so zu machen, wie sie dort gemacht werden. Was die Leute tun, beruht meist auf Erfahrung, und der Erfahrung liegt meistens irgendeine Wahrheit zugrunde. Hat man gelernt, auf die Art Geld zu ver58 dienen, so kann man sein eigenes Geld verwenden, auch sein Wissen herausholen, um die zahlreichen Fehler und Mängel zu verbessern, welche unleugbar den einheimischen Methoden anhaften. Will man von vornherein „europäisch“ Vorgehen, so gerät man in die Gefahr, die bestehenden Schwierigkeiten zu übersehen und seinerseits grobe Fehler zu begehen. — So einfach alles auf den ersten Blick erscheint, so teuer werden häufig die trotzdem eintretenden trüben Erfahrungen. Man muss sich eben in die Verhältnisse erst einleben, in das Land und ebenfalls in die Leute. Namentlich der kritische Deutsche mit seinem häufig recht engen Gesichtskreis findet vieles am Südamerikaner auf das bitterste zu tadeln. Der welterfahrene Engländer kommt mit ihnen meist viel besser aus, am besten der Yankee. Auch hier gibt es nur einen Weg, sich in die Verhältnisse zu finden und zu lernen, wie man die Leute zu nehmen hat. Von vornherein wird man selten auf schlechten Willen stoßen und bei richtiger Behandlung mit den Leuten ebensoweit und weiter kommen als mit den lieben Landsleuten. Aber man muss sie eben nach ihrer Art behandeln und nicht verlangen, dass sie sich deutsch geben.
Schon Darwin konstatierte im Jahre 1833, dass die Südamerikaner durch die Berührung mit den Ausländern nicht verbessert wurden, im Gegenteil, ihre Fehler und Laster annahmen, ihre alten, guten Eigenschaften verloren, ohne fähig zu sein, sich auch die guten Seiten, die größere Arbeitskraft, Kenntnisse und Energie anzueignen. Man muss dies berücksichtigen, ehe man über manches, was mangelhaft erscheint, den Stab bricht. Der Romane liebt die Phrase mehr als der Deutsche. Es wäre indes nicht richtig, ihn deshalb sofort als falsch und unaufrichtig zu verurteilen. Als Freund wird man vom Südamerikaner stets ziemlich viel erreichen, als Ausländer in der Fremde mit dem Kopf durch die Wand zu wollen, hat noch weniger Zweck als daheim. Der Deutsche im Auslande sollte stets vor Augen haben, dass er auf einem vorgeschobenen Posten steht, auf dem er die Ehre seines Landes rein erhalten soll. Das ist wohl manchmal nicht der Fall. Kommen auch Fälle, wie der des Gesandschaftskanzlisten Beckert selten vor, der den chilenischen Portier der Gesandtschaft ermordete und nur durch Zufall abgehalten wurde, auch den Gesandten zu ermorden, und der dann die Gesandtschaft in Brand steckte, um große Unterschlagungen zu verdecken, so stehen doch viele den von ihnen angegriffenen Südamerikanern an Schwächen nicht nach. Ich habe in fast zwanzigjähriger praktischer Tätigkeit in diesen Ländern, stets in verantwortlicher Stellung, nie durch einen Südamerikaner Schaden oder Nachteil erlitten. Man soll nur den Amerikaner nicht schwärzer malen als er ist. Dass ein gewisser Nativismus existiert, ist unzweifelhaft. Man verkennt indes nicht das Gute, was deutsche Kulturträger gebracht haben. Viele Nachkommen verdienstvoller Deutscher genießen auch in chilenischen Kreisen großes Ansehen, und Namen wie Philippi, Fonck, Anwandter usw. geben an sich dem Träger ein besonderes Relief. Dass die Chilenen sich mündig fühlen, dass sie nicht wollen, dass die gut bezahlten Stellen nur von Ausländern eingenommen werden, sondern dass sie diese selber haben wollen, dass es ihnen ferner unangenehm ist, wenn der Handel, die reiche Salpeterindustrie und manches andere Gewinnbringende fast ganz in ausländischen Händen liegt, ist erklärlich und menschlich. Trotzdem werden immer wieder deutsche Kräfte geworben, wo sie nötig erscheinen. Der Chef der Eisenbahnen, des Generalstabes, viele Inhaber von Professuren sind Deutsche. Sicher hat der Südamerikaner seine Schwächen und Mängel, aber wer das von vornherein als etwas Unvermeidliches in Rechnung stellt, ebenso wie der Landmann die Witterung und der Seemann die wechselnde Stärke und Richtung des Windes, wird zur Zufriedenheit mit ihnen auskommen.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Deutschen Interessen in Argentinien, Chile, Bolivien und Peru.