Die Cholera-Epidemie in Rostock 1859 - Stadtbeschreibung, Sittenbild

Aus: Die Choleraepidemie des Jahres 1859 im Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin
Autor: Ackermann, Hans Konrad Karl Theodor (1825-1896) deutscher Pathologe, Professor an der Rostocker Universität, Erscheinungsjahr: 1860
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Rostock, Medizingeschichte, Landesgeschichte, Sitten- und Sozialgeschichte, Stadtgeschichte, epidemische Ausbreitung, Seuchen, Epidemie
Die Stadt Rostock*), welche vor dem Ausbruch der Cholera etwa 25.000 Einwohner zählte, liegt am linken Ufer der Warnow und bedeckt mit Ausschluss ihrer Vorstädte einen Flächenraum von 38.400 Q.-Ruthen. Der von Süden kommende Fluss bewegt sich, zum Teil von Wiesen begrenzt, in langsamer Strömung und in einer Breite von etwa 200 Fuß am östlichen Rande der Stadt vorüber, um an der nordöstlichen Ecke derselben, beim Petritor, unter einer plötzlichen Steigerung seiner Breite auf ungefähr 2.400 Fuß, sich in fast rechtwinkliger Biegung gegen Westen zu wenden. In dieser breiteren Ausdehnung, welche der Fluss auf einer Strecke von etwa zwei Meilen bis kurz vor seiner Mündung nicht wieder verliert, bildet derselbe zunächst den Hafen und damit die nördliche Grenze Rostocks.

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Die Stadt, deren Längsdurchmesser in der Richtung von Osten nach Westen liegt, zerfällt in zwei natürlich geschiedene Hälften; die kleinere, gegen Osten gelegene Altstadt und die größere westliche Hälfte, Neustadt. Beide werden getrennt von der die Stadt in ihrer ganzen Breite durchschneidenden Grubenstraße, welche ihren Namen nach einem Arm der Warnow führt, der früher unbedeckt in ihrer Mitte verlief, seit sechs Jahren aber durch einen gemauerten Tunnel umschlossen ist. Über ihm vermittelt ein zum Hafen verlaufender Schienenstrang die Güterkommunikation mit dem im Süden Rostocks gelegenen Bahnhofe.

Die Altstadt liegt auf einem Hügel**), dessen Gipfel in die Gegend des alten Marktes fällt. Von hier aus senkt das Terrain sich rasch gegen Osten, langsamer gegen die drei übrigen Himmelsgegenden. Am Fuße des südöstlichen Abhanges liegen auf einem völlig ebenen Terrain der Gerber- und der Fischerbruch, zwei von Kanälen durchzogene, bis an die Ufer der Warnow verlaufende Straßen. Am Fuße der westlichen Abdachung verläuft, ebenfalls vollkommen horizontal, die Grubenstraße.

*) Hierzu der Plan von Rostock.
**) Speziellere Höhenangaben folgen unten bei der Beschreibung der Straßenepidemien.

Das Terrain, auf welchem die Neustadt sich ausbreitet, steigt von der Grubenstraße aus allmählich gegen Westen bis zum neuen Markt und zur Steinstraße empor. Beide liegen bereits auf der Höhe einer Ebene, welche gegen Norden von der Blutstraße, dem Hopfenmarkt und der Kröpelinerstraße begrenzt wird, während sie sich gegen Süden unter geringen Höheschwankungen bis weit über die Grenzen der Stadt fortsetzt. Westlich vom Kröpelinertor dagegen senkt das Terrain sich langsam bis zu einem etwa 1.000 Fuß vom Tor entlegenen Bach, welcher den in eine Wiese umgewandelten früheren Vögenteich mit der Warnow verbindet, und von hier aus steigt der Boden wieder allmählich in der Wismarschen Landstraße, dem Barnstorfer Weg und der Doberaner Chaussee in die Höhe. Gegen Süden nimmt die Steigung in der Richtung zum Friedhofswege und zum Friedhof noch etwas zu, die nördliche Seite der Höhe dagegen fällt allmählich nach der Warnow zu ab und an ihrem Fuße liegt, von ihr durch Gärten und Wiesen getrennt, in einer niedrigen Ebene der Neue Werder.

Zwischen der Nordseite der Stadt und der Warnow erstreckt sich der 150—200 Fuß breite Quai des Hafens, der s. g. Strand und, in gleicher Ebene mit ihm, die parallel mit der Warnow liegende Strandstraße, welche von der Grubenstraße bis zum Platz am blauen Turm oder Brink verläuft, den nördlichen Rand der Neustadt bildet und von den Ausläufern der auf den Strand mündenden Straßen durchschnitten wird. Diese Straßen werden in der Regel mit dem gemeinsamen Namen der Strandstraßen bezeichnet, sie verbinden die Langestraße und deren Fortsetzungen (Schmiedestraße, Vogelsang, Krämerstraße) mit dem Hafen und kommunizieren unter einander vermittelst einer Reihe kleiner, in fast gleicher Richtung verlaufender Quergässchen. Vom nördlichen Rande der Neustadt aus erhebt das Terrain sich bis gegen den neuen Markt, die Blutstraße, und deren Fortsetzungen in der Weise, dass in der Regel die bedeutendste Erhebung auf der Strecke von den queren Verbindungsgässchen der Strandstraßen bis zu ihren oberen Enden vorhanden ist, während die unteren Teile dieser Straßen gewöhnlich etwas langsamer ansteigen.

Eine sehr geringe und allmähliche Steigung zeigt endlich das Terrain zwischen der Langenstraße mit ihren Fortsetzungen einerseits und der Blutstraße mit ihren Fortsetzungen andererseits.

Die ganze westliche und der größere Teil der südlichen Seite Rostocks ist von einem zu Spaziergängen umgewandelten Walle begrenzt, dessen äußerer Rand von einem Graben umschlossen wird, welcher stehendes Wasser enthält, nur an seinem nördlichen Ende mit der Warnow in Verbindung steht und einen großen Teil der Abflüsse aus den Häusern der Vorstadt aufnimmt. Vor einer Reihe von Jahren kommunizierte auch das östliche Ende des Wallgrabens mit der Ober-Warnow. Jetzt begünstigt die Aufhebung dieser Kommunikation in hohem Grade die Zersetzung der organischen Abfälle, welche seit der ausgedehnteren Bebauung des angrenzenden Terrains in großer Masse sich in den Graben ergießen. In seinem Wasser entwickeln sich in Folge dieser Umstände große Mengen von Schwefelwasserstoff, welche sich namentlich in den Sommermonaten des Jahres 1859 oft auf weite Entfernungen bemerkbar machten. Wall und Graben trennen von der Stadt die erst im Laufe der letzten 15 Jahre erbaute Vorstadt, soweit sie sich zwischen dem Kröpelinertor und dem Steintor ausbreitet. Hier ist das Terrain fast vollkommen eben, die Häuser stehen weitläufig, die Straßen sind breit, und werden hin und wieder von großen unbebauten Plätzen unterbrochen.

Der Grund und Boden in und um Rostock enthält, so weit er durch Bauten nicht verändert ist, fast ohne Ausnahme einen gelben, überwiegend sandigen, seinen mechanischen Eigenschaften nach aber doch zähen Lehm, dessen Konsistenz und Permeabilität indes bedeutend differiert, indem der Sand an manchen Stellen nur in sehr geringer Quantität, häufig aber selbst unvermengt in Form größerer und kleinerer Adern angetroffen wird. Der diesem Lehm beigemengte Mergel schwankt seiner Menge nach in ähnlichen Grenzen, wie der Sand zwischen sehr bedeutenden Quantitäten und kaum nachweisbaren Spuren. Die Lehmschicht besitzt eine Mächtigkeit von ungefähr 10 — 20 Fuß und darüber und grenzt sich nach unten überall sehr scharf ab gegen einen festen und impermeablen Letten von blaugrauer Farbe, während ihre Oberfläche von einer 3—19 Fuß hohen Humusschicht überdeckt wird.*)

*) Nach mündlichen Mitteilungen des Herrn Prof. Schulze.

In dem ganzen Teil der Stadt, welcher gegen Osten von der Wendenstraße, gegen Süden vom Strande, gegen Westen von der Westseite des Brinks und gegen Norden von den kleinen, die Strandstraßen verbindenden Quergassen eingeschlossen wird, zeigt der Boden eine poröse und fast durchweg sehr feuchte Beschaffenheit, so dass man in der Regel schon in einer Tiefe von 3—6 Fuß auf Wasser stößt, wodurch auch die Anlage tieferer Keller hier unmöglich wird. Der eigentliche Träger des Wassers ist auch in dieser Gegend der gelbe Lehm, unter welchem sich hier, wie überall jener blaue impermeable Letten vorfindet.

Eine ähnliche feuchte Beschaffenheit und Porosität zeigt der Boden in der Gegend zwischen Katharinenstift, Grube, Fischbank, Seiden- und Pferdestraße, während der übrige Teil der Altstadt, mit Ausnahme der Brüche, einen trockenen Lehmboden hat. Der Boden auf den Brüchen ist überaus feucht und zeigt schon in einer Tiefe von 2—3 Fuß Wasser. Reich an Wasser ist außerdem noch in hohem Grade der Boden in der Petri-Vorstadt, am Mühlendamm, der Bleicherstraße, am neuen Werder und in geringerem Grade am Barnstorfer Wege, in den tieferen Teilen der Wismarschen Landstraße, am Pütterweg, den westlichen Hälften der Friedrichfranz- und Augustenstraße und im Innern der Stadt in den oberen Teilen der Strandstraßen. Trocken dagegen ist der Boden gegenüber dem Krankenhause und hinter dem Krankenhause, ebenso an der Westseite der Himmelfahrtstraße, und auf der Neustadt überhaupt fast durchweg in den südlich von der langen Straße gelegenen Teilen. Eine besonders kompakte, derbe und trockene Beschaffenheit zeigt der Boden u. a. am alten Markt, an der Steinstraße, dem neuen Markt, der Westseite der Alexandrinen-Straße, in der Nähe des Friedhofes, den höheren Punkten der Wismarschen Landstraße und der Doberaner Chaussee.*)

*) Nach Mitteilungen Rostocker Baumeister.

Das Trinkwasser wird der Stadt zum Teil aus mehreren etwa 1/2 Meile südlich von ihr gelegenen Teichen, den s. g. Pfeifenteichen oder aus Brunnen (sog. Kümmen) in hölzernen Röhren zugeleitet, zum Teil wird es aus einer großen Zahl über die Stadt zerstreuter und vielfach im Privatbesitz befindlicher Brunnen gewonnen. Der verschiedene Permeabilitätsgrad des Bodens, auf welchem die Stadt mit ihren Vorstädten erbauet ist, bedingt große Differenzen in dem Wasserstande verschiedener dieser Brunnen, häufig selbst solcher, die einander sehr nahe gelegen sind und aus diesem Grunde ist ein sicherer Schluss auf die Höhe des Grundwasserstandes aus der Höhe, welche das Wasser in den Brunnen zeigt, für Rostock vollkommen unzulässig.

Die seit mehreren Jahren andauernde Dürre hatte indes im Jahre 1859 die Ergiebigkeit der Brunnen fast allgemein bedeutend vermindert und veranlasste in einzelnen Teilen der Stadt selbst einen empfindlichen Mangel an gutem Trinkwasser. Viele bis zu 30 Fuß tiefe Brunnen versagten ihre Dienste; die Pfeifenteiche waren fast ausgetrocknet, und man war mehrere Monate lang genötigt, den sog. Reifergraben, welcher ebenso wie der mit ihm kommunizierende Kummgraben für das Wasser auf seinem Wege von den Pfeifenteichen zur Stadt eine Zwischenstation darstellt, mittelst einer Dampfmaschine aus der Ober-Warnow zu speisen.

Die Zahl der notorisch Armen ist in Rostock nicht eben groß. Einem dauernden Mangel an den notwendigsten Lebensbedürfnissen wird durch die öffentliche Armenpflege wie durch den sehr allgemeinen Wohltätigkeitssinn der Begüterten wohl in allen Fällen zuvorgekommen. Ein eigentliches Proletariat ist in Rostock ebenso wenig wie sonst in Mecklenburg zu finden. Dennoch fehlt es in den Wohnungen der ärmeren Klasse nicht an Bedingungen, welche, in so fern sie die Gesundheit überhaupt beeinträchtigen, auch für die Entwicklung und Verbreitung mancher epidemischer Krankheiten begünstigend wirken. Enge und feuchte Wohnungen, namentlich kleine und niedrige Hofzimmer mit der Aussicht auf Kloaken und Misthaufen findet man besonders häufig in den kleinen Gassen, welche in der Nähe des unteren Endes der Langen- und Kröpelinerstraße und gegen das Westende des Strandes zu liegen. Von der unbemittelten Klasse im Innern der Stadt wird häufig Vieh gehalten und auf diese Weise die Ansammlung größerer Dungmengen auf den fast durchweg sehr wenig geräumigen Höfen der Stadt veranlasst. Diesen Dunglagern werden in der Regel auch die Entleerungen des Hauspersonals beigemengt und die Lagerung derselben auf dem gewöhnlich unbedeckten, mindestens nicht mit einem impermemeabelen Material bekleideten Boden lässt ausgebreitete Infiltrationen ihrer flüssigen Bestandteile zu und veranlasst gewiss hin und wieder Verunreinigung benachbarter Brunnen. Nicht selten sieht man in den kleineren und ärmeren Straßen, hin und wieder sogar in den besseren Gegenden Kanäle unter den Häusern verlaufen, welche die Abfallflüssigkeiten aus den Höfen auf die Straßen führen. Hier stagnieren diese Abflussmaterien natürlich je nach der Beschaffenheit des Terrains bald in der Nähe ihres Ursprunges, bald verbreiten sie sich über weitere Strecken und können so ihren nachteiligen Einfluss auf einen größeren Teil der Bevölkerung ausdehnen. Solche und ähnliche schädliche Anlagen finden sich namentlich in der Himmelfahrtstraße, der Fischerstraße, den Lastadien, der Kuh- und Baustraße, dem großen und kleinen Katthagen, der kleinen Goldstraße, am alten Markt, an den Brüchen, an der Wismarschen Straße, dem Barnstorfer Wege usw.

Aus der großen Mehrzahl der Häuser Rostocks werden die menschlichen Ausleerungen wöchentlich zweimal entfernt. Dies geschieht durch Karren, welche in den frühen Morgenstunden den Inhalt der vor den Haustüren aufgestellten Privetkübel aufnehmen und mit denselben bis zu ihrer Entleerung in einen an der Wismarschen Landstraße gelegenen unbedeckten Bretterverschlag untergebracht werden. Ein Teil dieser Exkrete wird von einer außerhalb des Steintors in hinreichend weiter Entfernung von der Stadt gelegenen Düngerfabrik verarbeitet. Gruben, in welchen die Auswurfsstoffe längere Zeit hindurch angesammelt werden, sind in den Vorstädten ziemlich häufig und finden sich namentlich überall auch im Innern der Stadt bei Häusern, deren Bewohner entweder selbst eine kleine Ackerwirtschaft betreiben, oder auf den geringen Erlös nicht verzichten wollen, welcher aus dem Verkaufe des Düngers gezogen werden kann. Wo solche Ablagerungsstätten vorkommen, da sind sie in der Regel nicht mit einem undurchlässigen Material ausgekleidet und stellen also wirkliche Schwindgruben dar. Die Bewohner des Gerber- und Fischerbruchs entleeren ihre Exkrete zum Teil direkt in die benachbarten Kanäle, namentlich in den zwischen beiden Straßen befindlichen Graben und in den Kanal, welcher an der Nordwestfeite der Brüche vom Mühlendamm bis zur Küterwiese verläuft.

Die offene Lage der Stadt gegen Norden und ihre Begrenzung durch die Wälle gegen Süden haben ihr in früherer Zeit einen Ruhm eingebracht, welcher sich im Laufe der letzten drei Dezennien nicht eben bewährt hat. Der alte Klüver*) rühmt nämlich die gesunde Luft Rostocks, „denn nach dem Mittag“, sagt er, „ist die Stadt hoch mit erhobenen Wällen und Mauern umgeben, dass also die schädliche pestilenzialische Luft und ungesunden Südwinde meistenteils überhin wehen und nicht tief in die Stadt kommen. Nach Norden aber am Strande ist die Stadt niedrig, dass also die gesunden Nordwinde die Stadt durch und durch wehen.“ Diese „gesunde Luft“ hat es indes nicht verhüten können, dass Rostock in den letzten 10 Jahren mehr denn 1.000 Menschen an der Cholera verloren und zwei verheerende Scharlach-Epidemien nebst einer Blatter-Epidemie durchgemacht hat.

*) Beschreibung des Herzogtums Mecklenburg und dazu gehöriger Länder und Örter. Hamb. 1728, Thl. 2. p. 84.

Auf dem ersten großen Zuge der Cholera durch Europa wurde Rostock im Jahr 1832 befallen. Am 21. Juli dieses Jahres kam nämlich, nachdem seit dem 16. mehrere hartnäckige Diarrhöen und Cholerinen vorausgegangen waren, die erste Erkrankung an der Cholera vor, welche auch einen tödlichen Ausgang nahm. Sie betraf einen Schneidergesellen, welcher in einem Hause der Trägerstraße in Arbeit stand, bereits seit dem März in Rostock gearbeitet und eben so wenig wie die übrigen Hausgenossen in einem infizierten Orte verkehrt hatte. Diesem ersten Falle folgten in den nächsten Tagen schon mehrere, anfangs in demselben Hause und in derselben Straße, bald aber in sehr verschiedenen Gegenden der Stadt. Jedoch wurde die Stadt nicht gleichmäßig von der Seuche heimgesucht, sondern vorzugsweise war der nordöstliche Teil derselben ergriffen und besonders diejenigen Straßen und Reviere, welche dem Wasser nahe lagen. Hier aber trat die Krankheit gleichzeitig an den entferntesten Punkten auf, so dass man durchaus nicht behaupten konnte, sie habe sich von einem Punkte und allmählich weiter verbreitet. Die in dieser Epidemie besonders stark mitgenommenen Stadtteile waren: Himmelfahrtstraße, Fischerstraße, Badstüberstraße, Lastadie, Sperlingsnest, die Strandstraßen, an der Grube, Harte Straße, Alter Markt, Fischerbruch, Molkenstraße, Wollenweberstraße, Fischbank.
Ganz verschont dagegen blieben folgende Stadtteile: Kröpelinerstraße, Hopfenmarkt, Blutstraße, Neuer Markt, Steinstraße, Große Wasserstraße, Kleine Wasserstraße, Hinter dem Rathause, Auf dem Schilde, Krämerstraße, Vogelsang, Schmiedestraße, Steintorvorstadt, Mühlentorvorstadt. Die Epidemie dauerte 11 Wochen, erreichte in der 5. Woche ihren Gipfel und führte zu 396 Todesfällen.*)

*) Spitta, die asiatische Cholera im Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin, im Jahre 1832, Rostock u. Schwerin 1833. p. 21 ff.

Eine neue Epidemie kam im Jahr 1850 zum Ausbruch. Der erste Fall ereignete sich in diesem Jahre am 26. Juli, blieb aber noch längere Zeit vereinzelt, denn erst am 4. August folgte ihm der zweite, am 6. die drei nächsten, und am 7. August war die Zahl der Erkrankungen schon bedeutend gestiegen. Bis zum 24. August blieb die Ausbreitung der Krankheit im Steigen, ließ dann bis gegen die Mitte des September bedeutend nach und beschränkte sich während der zweiten Hälfte dieses Monats und während des ganzen Oktobers auf einzelne zerstreute Fälle. Selbst im November kamen noch einige tödliche Erkrankungen vor.

Die Ausbreitung der Krankheit scheint in diesem Jahr eine weit heftigere gewesen zu sein, als während der ersten Epidemie. Völlig zuverlässige Angaben über die Zahl der Verstorbenen liegen zwar nicht vor, doch soll dieselbe mindestens 660 betragen haben. Die erste Erkrankung kam in diesem Jahr in einem Stadtteil vor, in welchem die Cholera niemals eine epidemische Ausbreitung gezeigt hat. Es erkrankte nämlich, und zwar mit tödlichem Ausgange, am 25. Juli in der breiten Straße eine Tags zuvor aus Hannover gekommene Dame, dann verstarb am 4. August am Burgwall ein kleiner Knabe, ein Enkel der Familie, in deren Wohnung die zuerst Erkrankte verstorben war; die nächsten Fälle kamen in der Wollenweberstraße und an der kleinen Lastadie vor, also in weit von einander entlegenen Gegenden der Stadt und wenige Tage später war die Verbreitung der Epidemie bereits eine sehr ausgedehnte.

Die besonders heftig ergriffenen Stadtteile waren in dieser Epidemie: Faulestraße, Hartestraße, Wollenweberstraße, Molkenstraße, Gärtnerstraße, Fischerbruch, Gärberbruch, an der Grube, Strandstraße, große und kleine Mönchenstraße, Koßfelderstraße, Grapengießerstraße, Lastadien, Fischerstraße, Brink. Verschont blieben zum Teil vollständig, zum Teil mit Ausnahme weniger Erkrankungen:
Kröpelinerstraße, Hopfenmarkt, Schwaansche Straße, Altbettelmönchstraße, Eselpföterstraße, Blutstraße, Buchbinderstraße, Kistenmacherstraße, Steinstraße, Neuer Markt, Vogelsang.*)

*) Physikatsbericht vom Jahre 1850

Die Krankheit verbreitete sich also auch diesmal vorzugsweise in den tiefer gelegenen Teilen der Stadt.

Ackermann, Hans Konrad Karl Theodor (1825-1896) deutscher Pathologe

Ackermann, Hans Konrad Karl Theodor (1825-1896) deutscher Pathologe

Rostock, Universität

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Rostock, Giebelhäuser bei der Nikolaikirche

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Rostock, Gründung der Wasserheilanstalt 1850

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Rostock, Kröpeliner Tor und Teufelsgrube

Rostock, Kröpeliner Tor und Teufelsgrube

Rostock, Kröpeliner Tor

Rostock, Kröpeliner Tor