Deutsche Volkstrachten

Autor: G. Zuban Zigarettenfabrik Aktiengesellschaft München, Erscheinungsjahr: 1930

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Themenbereiche
Enthaltene Themen: Volkstrachten, Bauern, Schönheit des Landes, Kleider, Staffagen, Heimat, Heimatmuseen, Geschichte, Kleidung, Bauerntracht, Landschaften, Zuschnitt, Farben, Ausschmückung
Noch zur Zeit unserer Väter pflegten allenthalben im Deutschen Land die Bauersleute sich in ihren eigenen Trachten zu kleiden. Man zerbrach sich damals nicht den Kopf darüber, hatte seine Freude an den schlichten, eigenartigen und farbenfrohen Kleidern, die als eine Art von selbstverständlicher Staffage zum Bild des Dorfes, der ländlichen Natur gehörten. Jetzt sind die Volkstrachten vor dem gleichmachenden Einfluss der Mode fast schon verschwunden. Was wir von ihnen heute noch sehen, werten wir als einen unverfälschten Ausdruck heimatlicher Volkskunst aus vergangenen Tagen und lieben in ihnen die Erinnerung an eine versunkene „gute alte Zeit“.

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Natürlich sind die bäuerlichen Trachten unter dem bestimmenden Einfluss von Lebensgewohnheiten, Arbeit, Klima und wirtschaftlicher Lage entstanden. Aber gleichwohl stellen sie vor allen eine lebensvolle Äußerung der Volksseele dar, so wie sie auch im Spiel geschmacklicher Gestaltungsfreude verrät. Und gerade hierin, in dieser gefühlsmäßigen Bindung an unser Volkstum, mag wohl die Freude begründet sein, mit der wir auf Reise oder Wanderung die noch bestehenden Reste der Trachten „entdecken“, und ebenso auch die Freude, welche uns Bilder dieser Trachten, der noch lebenden wie der verschwundenen, sammeln lässt. –
„Der Zwilch schmeckt ihnen nicht mehr sehr,
Sie wollen keine Kittel mehr“

Schrieb Sebastian Brant am Ende des 15. Jahrhunderts über die Kleidung des deutschen Bauern. Tatsächlich stand dieser damals in der Strömung der Zeitmode. Mit solcher Aktivität pflegte er sich sogar daran zu beteiligen, dass mehr als einmal obrigkeitliche Erlasse gegen seine Neigung zum Kleiderluxus erscheinen konnten. Der Landmann hatte Geld und wollte diese Tatsache auch in seinem Gehaben zum Ausdruck bringen.

„Der Bauernnarr tritt auch daher,
Als ob er was ganz Vornehms wär‘“

So spöttelt Sebastian Brant, weiland Professor in Basel. Aber es kamen auch andere Zeiten. Der 30jährige Krieg zersetzte das Reich und brachte Armut und Not über die Bauern. Der Städter wandte sich verhältnismäßig bald nach diesem auszehrenden Kriege wieder der französischen Mode zu. Der Landmann hatte den Kopf voll anderer Dinge. Es galt, ein verwüstetes Land wieder zu bebauen, und so verwendete er keine Gedanken mehr an Eleganz und Mode, sondern hielt sich an seine altgewohnte Kleidung aus der Zeit vor dem Kriege. Diese bildete er im folgenden Jahrhundert – abseits vom Fluss des Verkehrs und unberührt vom Wirken des Zeitgeistes – in Anlehnung an praktische Erfordernisse nach eigenem Geschmack und Gutdünken aus. Dabei erwies sich seine Eigenart als stark genug, um fremde Anregungen, die doch schließlich bis in sein Gebiet vordrangen, anzupassen und umzugestalten. So entstanden im Nebeneinander der Landesgebiete, jede unabhängig und für sich, die Trachten der Stämme, deren unterschiede sich umso stärker ausprägten, je weiter die Zeit und die Entwicklung voranschritt.

So blieb es bis gegen die Mitte des vorigen Jahrhunderts. Genügsam und stolz zugleich, kleidete der deutsche Bauer sich nach ererbter Väterart in selbstgesponnenes Leinen und handgewobenes Tuch; und was Zuschnitt und Farbe und Ausschmückung betraf, so ließ er sich nicht die Lust an dem verderben, was sein Geschmack guthieß:

„Selbstgesponnen, selbstgemacht,
Ist die beste Bauerntracht.“

Erst um die Mitte des vorigen Jahrhunderts setzte eine Änderung ein, nämlich mit dem Aufkommen eines stärkeren Verkehrs, welcher die Landschaften verband und menschlich einander näher brachte. Er wirkte ausgleichend und manche Unterschiede, nicht zuletzt auf diejenigen der Kleidung. Die Trachten rückten in den Hintergrund. Sie wurden im Verlauf dieser Entwicklung allmählich immer mehr durch eine gleichförmige Kleidung ersetzt.

Heute, im Zeitalter der Funkentelegraphie, des Flugzeugs und der gewaltigen Industrie, sind wir so weit gekommen, dass wir die bunten Trachten als ein liebes Kuriosum anschauen und als ein reizvolles Bild, dass man auf der photographischen Platte festhalten möchte. Die Geschichtswissenschaft wendet diesem Gebiet ihr Interesse zu und man bemüht sich, in Heimatmuseen die Trachten in möglicher Vollständigkeit zu bewahren. Damit ist für den Sammler das große Signal gegeben, Bilder von dieser verschwindenden und verschwundenen Schönheit unseres Landes, unseres Volkes zusammenzutragen.
Es ist ja charakteristisch für unsere Jahrzehnte, derlei Erinnerungen an vergehende Dinge und Verhältnisse festzuhalten. Seinen Beitrag hierzu möchte unser Sammelbuch bilden, dessen Bildmaterial einen knappen und klaren Querschnitt durch die Gesamtheit deutscher Volkstracht zu geben bestimmt ist. Es ist unser herzlicher Wunsch an die Sammler, dass dieses unser ernsthaftes Bilderbuch für die Großen die genannte Aufgabe erfüllen und vielen Freude bereiten möge, welche die farbenfrohen Trachten unseres Volkes lieben und schätzen.

001 Bauersleute, Braunschweig, 1840

001 Bauersleute, Braunschweig, 1840

001 Sachsen, Wende 13. Jahrhundert

001 Sachsen, Wende 13. Jahrhundert

002 Bürgerliche Frauen, Nordhausen, 1736

002 Bürgerliche Frauen, Nordhausen, 1736

002 Sächsische Juden 13. Jahrhundert

002 Sächsische Juden 13. Jahrhundert

003 Bauer und Bäuerin von der Insel Pöl (Mecklenburg) Um 1800

003 Bauer und Bäuerin von der Insel Pöl (Mecklenburg) Um 1800

003 Bauersleute, Umgegend von Göttingen, um 1780

003 Bauersleute, Umgegend von Göttingen, um 1780

004 Bauersleute, Umgegend von Osnabrück, 1840

004 Bauersleute, Umgegend von Osnabrück, 1840