Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger - Der Bezirks-Verein für Rostock und Umgebung

Aus: Hansa. Zeitschrift für Seewesen. Organ der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger.
Autor: Redigiert und Verlegt: Schuirman und Thaulow, Vorsteher der Deutschen Seemannsschule in Hamburg, Erscheinungsjahr: 1867
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Hansestadt Rostock, Lebensrettung, Lebensretter, Schiffbruch, Schiffbrüchige
Der Bezirks-Verein für Rostock und Umgebung, in dessem Bereiche jetzt 397 Mitglieder unserer Gesellschaft mit 308 Mark 25 Sgr. Mitgliedsgeldern sich finden, hat es sich zur besonderen Aufgabe gestellt, für die Gewässer der Warnemündung und für die der Schifffahrt so gefährliche Küste des Fischlandes geeignete Rettungsanstalten zu beschaffen. Bereits ist die Station Warnemünde mit einem 28' Rettungsboote des sog. modifizierten Francissystems ausgerüstet und dem Vorstand des Lokalvereines Warnemünde zur Verwaltung übertragen worden; für die Fertigstellung der dortigen Geschützstation sind alle Vorbereitungen getroffen, ebenso für die Geschützstation auf Wustrow, mit der man jetzt eine Bootsstation zu verbinden gedenkt. Von beiden Punkten aus sind im vorigen Jahre anerkennenswerte Rettungstaten vollbracht worden, über die es im Jahresberichte heißt:

„Die erste Rettung von Schiffbrüchigen seit dem Bestehen unseres Bezirksvereins geschah am 12. November 1865. Es war an diesem Tage bei starkem Sturme das Schwedische Schiff „Sophie", Kapitän Soestroem, unweit Wustrow auf dem Fischlande gestrandet und wurde die aus dem Kapitän und zwei Leuten bestehende Mannschaft durch den Kapitän Hans Oberländer und den Steuermann C. Falk gerettet, indem diese beiden kühnen Männer, so weit die Tiefe des Wassers und die Brandung es erlaubten, dem Wracke zuwateten und sich dann vermittelst einer Leine, welche sie den Schiffbrüchigen zuwarfen, an Bord desselben holten. Dort angekommen, setzten sie das am Schiff befindliche Boot über Bord, und brachten die Schiffbrüchigen, unter denen der Kapitän fast schon erstarrt war, glücklich ans Land.

Die zweite Rettung aus Seegefahr ward ebenfalls von Wustrow aus ausgeführt, und galt den Schiffbrüchigen des am 18. Juni 1866 unweit Wustrow gestrandeten Finnischen Schiffes „Coustanlin", Kapitän Segerstroem. Die Rettungsfahrt ward in dem Peake'schen Rettungsboote unter Führung des Herrn Navigationsschuldirektors Schütze, des Herrn Navigationslehrers Agrell und mit Unterstützung sämtlicher Navigationsschüler, so wie einiger anderer Seeleute, unternommen und wurde, trotz großer Schwierigkeiten, von Erfolg gekrönt. Die Besatzung des "Constantin" bestand, inclusive des Kapitäns, aus vier Mann, welche glücklich gerettet wurden.

Unter der Leitung des Herrn Navigationslehrers Agrell und mit Unterstützung der Navigationsschüler ward am 10. Dezember 1866 die dritte Rettung ausgeführt. Es war das Schwedische Schiff "Josephine", Kapitän Zander, in einem schweren Sturme unweit Wustrow gestrandet, und ward dessen aus sechs Mann bestehende Besatzung von jenen kühnen Männern vermittelst eines Fischerbootes glücklich gerettet.

Die vierte Rettungsfahrt ward von Warnemünde aus unter Leitung des Herrn Lotsenkommandeurs Jantzen zur Rettung der Mannschaft des am 14. Dezember 1856 bei Stolteraa gestrandeten Dänischen Schiffes "Sex Söskeude", Kapitän Clemensen, unternommen und gelang es, die aus zwei Mann bestehende Besatzung, wenn auch in einem fast erstarrten Zustande, doch glücklich zu retten.

So sind an unserer Küste in einem Zeiträume von wenig mehr als einem Jahre 15 Menschenleben dem Tode entrissen."

Im Kreise der Bezirksverwaltung haben verschiedene Beratungen stattgefunden, um das Problem der Herstellung eines leichten und doch sicheren Rettungsbootes zu lösen; hoffentlich sind dieselben von gutem Erfolge gekrönt.