Des erschlagenen Handwerksburschen Grab zwischen Neumühle und Gahlenbeck bei Friedland

Aus: Mecklenburgs Volkssagen. Band 4
Autor: Gesammelt und herausgegeben von M. Dr. A. Niederhöffer, Erscheinungsjahr: 1862
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Sage, Volkssage, Neumühle, Gahlenbeck,
Am Landwege zwischen Neumühle und Gahlenbeck bei Friedland befindet sich ein hoher, aus Sträuchern, Rasenstücken und Steinen gebildeter Haufen, unter dem ein hier vor langen Jahren ermordeter armer Handwerksbursche ruht. Derselbe hatte nämlich im Kruge zu Gahlenbeck scherzhaft geäußert, dass er hundert und einen Groschen in der Tasche habe; er meinte nämlich mit dem „Hundert" sogenannte Stahlzwicken,*) die er nebst seinem einen Groschen bei sich führte, denn er war ein ehrlicher Schustergeselle.

*) Kleine starke Stahlnägel, welche die Schuhmacher bei ihrer Arbeit zum Befestigen des Leders auf dem Leisten gebrauchen.

Zwei dort gerade anwesende Strolche glaubten nun, dass der Handwerksbursche hundert Thaler und einen Groschen in der Tasche habe; deshalb schlichen sie ihm nach, als er weiter reiste, und ermordeten ihn auf der bezeichneten Stelle. Doch arg wurden sie enttäuscht, als sie in der Tasche des armen Gesellen, statt der erwarteten hundert Thaler, nur hundert Stahlzwicken und einen Groschen fanden.

Jeder der vorübergehenden schlichten Landleute hält es nun für eine heilige Pflicht, entweder einen Strauch, ein Stückchen Rasen oder einen Stein auf des Handwerksburschen Grab zu werfen, damit der Geist des Erschlagenen, der hier in nicht geweihter Erde schlummert, Ruhe habe.

Und so ist denn im Laufe der vielen Jahre der erwähnte große Hügel entstanden.