Des Drachens Besuche zu Malchin.

Aus: Mecklenburgs Volkssagen. Band 4
Autor: Gesammelt und herausgegeben von M. Dr. A. Niederhöffer, Erscheinungsjahr: 1862
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Sage, Volkssage, Malchin, Drachen, Satan, Sprichwort
Auch nach Malchin ist vor diesem der Drache viel gekommen und hat seinen und des Teufels Freunden, deren es dort einst eine große Masse gegeben haben soll, Allerlei zugetragen.

Alte Malchiner Leute wissen noch viele Geschichten hiervon zu erzählen, die sie in ihrer Jugend von ihren Großeltern gehört haben; auch wissen sie noch manche Namen Derjenigen zu nennen, zu denen der Drache immer gekommen ist, sowie auch noch die Häuser, worin dieselben ehemals gewohnt haben.

Der Urgroßvater einer noch jetzt in Malchin in sehr dürftigen Verhältnissen lebenden Familie, der steinreich gewesen ist, soll eben all sein Geld und Gut nur dem Drachen zu verdanken gehabt haben, der des Nachts immer durch den Schornstein zu ihm ins Haus gekommen ist und ihm so die Schätze zugetragen hat. Auf seinem Reichtum hat aber kein Segen geruht: „Wie gewonnen, so zerronnen!" sagt ein altes Sprüchwort, und so ist's auch hiermit gekommen. Des reichen Mannes Seele hat Satanas für seine Dienste bekommen, und seine nachgelassenen Teufelschätze haben seine Erben ruiniert. Sie wurden nämlich hochmütig und gottlos; verprassten Alles, da es keinen Zuschub mehr gab, in kurzer Zeit und gerieten bald, nackt und bloß, an den Bettelstab.

Manche Einwohner Malchins, die in damaligen Zeiten lebten, haben den Drachen öfters zufällig gesehen, oder ihm aufgelauert, wenn er des Nachts in seiner feurigen Gestalt, wie ein Weesbaum so groß, vorn mit einem ordentlichen dicken Kopfe und hinten mit einem langen Schwanze, mit voller Ladung durch die Lüfte daher gezogen gekommen ist, um seinen dortigen Freunden etwas zuzutragen. Zuweilen sind ihm dann welche zuvorgekommen, und haben ihn gezwungen, was er trug abzuladen, ehe er die Wohnung seiner Freunde erreichen konnte.

So ließ auch einst Einer den Drachen abladen, als er justement über einem Brunnen schwebte, so dass seine ganze Ladung hineinfiel und ihn bis oben damit voll schüttete. Es waren dies aber gerade Erbsen, die der Drache einem Ackerbürger hatte zutragen wollen. Als man nachher nun den Schweinen davon vorschüttete, wollten sie sie nicht einmal fressen.

Ein Anderer aber, der den Kram nicht ganz richtig machte und unter freiem Himmel stehen blieb, als er den Drachen zum Abladen zwang, wurde dabei von ihm mit einer so grässlich riechenden und kleberigen Materie überschüttet, dass er weder den Schmutz wieder ganz abkriegen, noch den abscheulichen Gestank davon wieder los werden konnte.

Noch ein Anderer ließ den Drachen gerade abladen, als er eine große Summe Geldes trug, die eben der schon zu Anfang erwähnte reiche Mann, der Urgroßvater noch heute in Malchin lebender Leute, haben sollte. Obgleich der Mann recht arm war, so wollte er doch weder für sich noch für andere seiner bedürftigen Mitmenschen keinen Heller davon habe; denn er war fromm und gottesfürchtig und wusste wohl, dass Teufelsreichtum und Geld keinen Segen bringt, sondern Gottes Fluch darauf ruht. Deshalb verscharrte er das Geld auch sofort tief in die Erde und hat erst nach Jahren die Geschichte andern Leuten erzählt; den Platz aber, wo er das Geld damals vergraben, hat er niemals angeben wollen.