Der spukende Bürgermeister auf dem Mittelwerder bei Dömitz.

Aus: Mecklenburgs Volkssagen. Band 3
Autor: Von L. Kreutzer zu Parchim, Erscheinungsjahr: 1860
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Sagen, Volkssagen, Dömitz, Gesetz, Feuergefahr, Brandgefahr, Feuerwehr, Elbinsel, Mittelwerder
Vor vielen Jahren lebte in Dömitz ein Bürgermeister, der hatte ein Gesetz gegeben, dass jeder Bürger, dessen Haus ein Raub der Flammen würde, ohne Gnade erhängt werden solle.

Eines Sonntags, während der Bürgermeister in der Kirche ist, bereitet seine Köchin die gelieferten Ochsenzungen. Plötzlich ergreift das Feuer eine der Zungen, welche laut zischend in den Schornstein fährt und das Dach in Brand steckt.

Der Bürgermeister hört den Feuerruf, erfährt, dass derselbe seinem Hause gelte und begibt sich, eingedenk seines eigenen Gesetzes, schleunigst auf die Flucht, verfolgt von dem wütenden Pöbel.

Obgleich der Bürgermeister der Wut desselben glücklich entgeht, so trifft ihn unterwegs doch ein Unfall, so dass er unglücklich ums Leben kommt.

Seit der Zeit trieb der Geist des Verstorbenen sein Unwesen im Rathause und in einer Bürgerwohnung, bis zwei Bürger es wagten, ihn zu bannen. Sie lockten ihn mit Hilfe eines Pfannkuchens — auf welche Weises wird nicht erzählt — in einen Sack und brachten ihn auf eine Elbinsel, den Mittelwerder.

Unterwegs stellte der Geist sich gewaltig ungebärdig und die beiden Schiffer hatten ihre liebe Not mit ihm. Während der Eine ruderte, musste der Andere mit einem tüchtigen Knittel auf den Geist im Sacke losschlagen, wobei jeder dritte Schlag so zurückprallte, dass er auf den Geber zurückfiel.

Jahrelang trieb der Geist sein Unwesen auf dem Mittelwerder. Seitdem aber, veranlasst durch die Eindeichung der Elbe, der Mittelwerder alljährlich überschwemmt wird, ist er spurlos verschwunden.

Wahrscheinlich ist der arme Geist ertrunken.