Der große Hansebund - 6. Wirkungen des Hansebundes auf die Freiheit der Städte.

Aus: Das Bürgertum und Städtewesen der Deutschen im Mittelalter
Autor: Rauschnick, Gottfried Peter Dr. (1778-1835) Arzt und Schriftsteller, Reiseberichte und historische Abhandlungen, Erscheinungsjahr: 1829

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Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Hansestadt Rostock, Hansebund, Hansa, Hansetag, Mittelalter, Bürgerstand, Koggen, Handel, Städtewesen, Bürgerleben,
Der Hansebund mischte sich nicht in die innere Regierung der Städte, die seine Mitglieder waren, so lange nicht eine völlige Zerrüttung der Gemeinde seine Dazwischenkunft zur Herstellung der Ruhe dringend nötig machte, denn nie trachtete er dahin, eine gleichmäßige Verfassung bei seinen Mitgliedern anzuordnen. Dennoch ist er eine von den Hauptursachen des Strebens der Städte, die Unabhängigkeit von ihren Landesherren zu erringen und ohne ihn wäre die Städtefreiheit weder jemals so groß noch so allgemein in Deutschland geworden als sie es in der Tat gewesen ist; denn auch auf Städte, die nicht zum Bunde gehörten, wirkte er wenigstens mittelbar in dieser Hinsicht ein. Der Wohlstand, den die Städte durch den lebhaften Handel, der ganz allein das Werk der Hanse war, erhielten, verschaffte ihnen die Mittel, sich von vielen Leistungen und Pflichten loszukaufen und die stets geldbedürftigen Landesherren machten keine Schwierigkeiten, selbst die kostbarsten und wichtigsten Gerechtsame sich abkaufen zu lassen. So kam es denn dahin, dass die Landesherren oft in Städten, die ihnen seit undenklichen Zeiten unterworfen gewesen waren, nun nicht mehr als selbstständige Regenten zu gebieten vermochten, im Gegenteil überall auf Hindernisse stießen, wo sie solche am wenigsten geahnt hatten. Die Widersetzlichkeit der größeren Städte gegen ihre Landesherren verleidete diesen das Wohnen darin; sie zogen sich auf ihre Landschlösser oder in die kleineren Städte zurück und die großen Städte waren froh, sie los geworden zu sein; denn der unmittelbaren Aufsicht ihrer Oberlehnsherren entnommen, konnten sie mit desto besserem Erfolg für ihre Unabhängigkeit tätig sein. Zuerst suchten sie sich der landesherrlichen Beamten durch Kauf oder Verträge oder auch mit Gewalt zu entledigen, wo dieses aber nicht ging, da schränkten sie die herrschaftlichen Beamten so sehr ein, dass sie völlig bedeutungslos wurden. Mit gleichem Glück entledigten sie sich der meisten Abgaben und wo sie sie nicht völlig abkaufen konnten, da erwarben sie sich wenigstens die Zusicherung, dass die bestehende Abgabe unter keinem Beding erhöhet werden durfte. Die städtischen Magistrate nahmen das Besteuerungsrecht für ihre Städte in Anspruch, und es wurde ihnen, wenn auch nicht ohne großes Widerstreben, eingeräumt. Nun wollten sie aber auch die Gerichtsbarkeit und das Besteuerungsrecht über die Geistlichkeit und den Landadel ausdehnen, die in ihren Weichbildern ansässig waren; sie versuchten sogar dieses Recht über die Güter der Bewohner ihres Grundes auszudehnen, die auf fremdem Grundgebiet lagen, und dieserhalb entstanden eine große Menge Zwistigkeiten und Fehden. Durch Klugheit, List und Beharrlichkeit, nicht weniger aber auch durch große bare Summen, die zweckmäßig angewandt wurden, machten sich die meisten großen Städte Deutschlands, vor allen aber die hansischen Seestädte von ihren Landesherren so unabhängig, dass diesen von ihrer Oberherrlichkeit kaum noch etwas anderes als der bloße Name übrig blieb.

Die Festigkeit der deutschen Städte im Mittelalter machte ihnen die Verteidigung gegen die Fürsten sehr leicht, wenn diese mit Waffengewalt sie unterwerfen wollten. Hinter ihren Mauern und Türmen konnten sie sich in der Regel so lange halten, bis ihre Bundesgenossen ihnen zur Hilfe kamen, oder bis die Belagerer aus Mangel an Lebensmitteln gezwungen wurden, die Belagerung aufzuheben. Da fast alle bedeutende Hansestädte sich die Stapelgerechtigkeit zu verschaffen gewusst hatten, so besaßen sie beinah immer große Vorräte von Lebensmitteln und Kriegesbedürfnissen in ihren Mauern, die es ihnen möglich machten, eine lange Belagerung auszuhalten.

Während die norddeutschen, besonders die niedersächsischen Hansestädte, die eigentlich den Kern des Bundes ausmachten, mit vielem Erfolg nach Unabhängigkeit strebten, waren sie auch bemüht, ihre innere Verfassung auf eine zweckmäßige Weise und für die Dauer zu ordnen. In den Hansestädten bildete sich die Verfassung auf eine von den großen rheinländischen Städten ganz verschiedene Weise aus, denn hier waren andere Veranlassungen zu Gründung und Bevölkerung gewesen, hier waren andere Nahrungszweige vorherrschend, auch veranlasste die Örtlichkeit manches Eigentümliche in der Verfassung der niedersächsischen Städte. Wenn es in den niederdeutschen Hansestädten zwar auch nicht an adeligen Stadtgeschlechtern oder Patriziern fehlte, so waren sie doch weder so zahlreich noch so mächtig, wie in den oberdeutschen oder rheinländischen Städten, und mussten nicht nur dem zahlreichen und ansehnlichen Kaufmannsstande eine Teilnahme an der Stadtregierung einräumen, sondern ihm sogar den bedeutendsten Teil davon überlassen. Auch trieben die Patrizier in den Hansestädten selbst den Großhandel und vermischten sich also mit dem Kaufmannsstande. Die Wahl des Stadtrats stand der Gemeinde zu, die auch den Rat beaufsichtigte. Die Handwerker und Gemeinen machten aber bis um die Mitte des 14. Jahrhunderts gar keinen Anspruch, an der Regierung der Stadt Teil zu nehmen, weil ihnen dazu die Kenntnisse fehlten und sie auch dem von ihnen gewählten Rat vertrauten. Diese einfachen Verhältnisse wurden aber mit dem zunehmenden Reichtum, der vergrößerten Bevölkerung und den verwickelten äußeren Angelegenheiten unzureichend. Ein Streben der reichen und mächtigen Familien nach der Gewalt blieb nicht aus, und so verwandelte sich die Regierung in den Hansestädten aus ihrer ursprünglich demokratischen Form in eine aristokratische. Zwar waren es noch immer nicht Patrizier allein, die die Gewalt an sich gerissen halten, doch die mächtigen Kaufmannsfamilien ersetzten die Geschlechter und wurden zuletzt mit ihnen identisch. Ganz blieben, zwar die Zunft- und Innungsmeister als Vertreter der Gemeinde nicht von der Stadtregierung ausgeschlossen, nur war ihr Anteil sehr geringe und wurde am Ende bis auf bloße Form beschränkt.

Die auswärtigen Angelegenheiten, Kriege, Gesandtschaften und Bündnisse, dann auch große Bauten und prächtige Feste, welche die Städte der Ehre wegen geben mussten, veranlassten große Ausgaben, die nur durch Auflagen oder Anleihen gedeckt werden konnten. Bei dem großen Wohlstande aller Gewerbetreibenden waren die Auflagen wohl selten sonderlich drückend, doch gaben sie Anlass zu Unzufriedenheit der Gemeinen und zu Klagen gegen die Magistrate, denn nun trachteten die wohlhabenden Zünftigen nach einer Teilnahme an der Regierung und besonders aus dem Grunde führten sie Beschwerde über Verschwendung der öffentlichen Gelder und forderten Rechenschaft über die Verwendung der Stadteinkünfte. Dergleichen Unruhen fanden während des ganzen 14. und 15. Jahrhunderts häufig Statt und kosteten manchem Bürgermeister oder Ratsherren das Leben. Zwar eilten der Kaiser, die Fürsten, die hohe Geistlichkeit und der Hansebund, diese Unruhen zu dämpfen und in der Regel stets in der Art, dass der Rat im Besitz seiner Gewalt blieb; doch erneuerten sich diese Aufstände von Zeit zu Zeit, und der Hansebund hatte volle Arbeit, um Frieden zu stiften, damit die Städte durch ihre inneren Zwistigkeiten nicht geschwächt und eine Beute der Fürsten wurden. Der Hansebund entschied in solchen Fällen in der Regel immer für den Magistrat und drang auf Herstellung der alten Ordnung; dennoch gewannen die Gilden und Zünfte nach und nach einen größeren Einfluss, der ihnen nicht wohl genommen werden konnte.

Ein auffallendes Beispiel, wie der Hansebund sich in dergleichen Fällen benahm, gibt der Aufruhr, der zu Braunschweig im Jahr 1272 entstand. Die Zünfte empörten sich gegen den Magistrat und die Geschlechter, erschlugen Mehrere davon und vertrieben die Übrigen. Da die Herzoge von Braunschweig die Ruhe nicht herstellen konnten, so belegte die Hanse die Stadt mit dem großen Bann, in dessen Folge der Handelsverkehr von Braunschweig völlig gelähmt wurde und ihre Gewerbe ins Stocken gerieten. Lange wollte die empörte Gemeinde sich nicht zur Unterwerfung bequemen, doch der Hunger und die Not zwang sie endlich dazu. Nun ließ sich aber die Hanse nicht sogleich bereitwillig zur Aufhebung des Bannes finden, der mehrere Jahre in Wirkung blieb und nur auf Vorbitte Kaiser Karls lV. aufgehoben wurde. Die Wiederaufnahme erfolgte unter demütigenden Zeremonien. Zwei Bürgermeister und acht Bürger von Braunschweig mussten mit entblößtem Haupt, ohne Mantel, mit brennenden Kerzen in der Hand aus der Marienkirche nach dem Rathaus auf den Hansesaal gehen, daselbst kniend um Gottes und der heiligen Jungfrau willen die Bundesgenossen um Verzeihung bitten und erklären, dass die von ihrer Bürgerschaft begangenen Untaten nur in Übereilung geschehen wären, und dann im Namen der Bürgerschaft versprechen, sich künftig bei jedem Streit mit dem Rat jedes eigenmächtigen Verfahrens zu enthalten und einzig bei der Hanse Recht zu suchen. Ferner machten sie sich verbindlich, die vertriebenen Bürger wieder in ihre Mauern aufzunehmen und ihnen allen Schaden zu erstatten. Zur Sühne wegen der erschlagenen Bürger gelobten sie, eine Kapelle zu Braunschweig zu bauen und Pilgrime nach Rom zu senden.

Hansewappen

Hansewappen

Hanse Kogge

Hanse Kogge

Lübeck Das Holstentor

Lübeck Das Holstentor

Braunschweig Stadtansicht

Braunschweig Stadtansicht

Bremen Marktplatz

Bremen Marktplatz

Greifswald Stadtansicht

Greifswald Stadtansicht

Goslar Stadtansicht

Goslar Stadtansicht

Elbing Stadtansicht

Elbing Stadtansicht

Berlin und Kölln

Berlin und Kölln

Lüneburg Stadtansicht

Lüneburg Stadtansicht

Magdeburg Stadtansicht

Magdeburg Stadtansicht

Rostock Stadtansicht

Rostock Stadtansicht

Stettin, das Alte Schloss

Stettin, das Alte Schloss

Stralsund Stadtansicht

Stralsund Stadtansicht

Wismar, Stadtansicht

Wismar, Stadtansicht

Hamburg, Blick auf die Unterelbe

Hamburg, Blick auf die Unterelbe

Hamburg, Flet in der Altstadt

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Bremen - Einfamilienhäuser in der Olbersstraße

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Bremen - Freihafen

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Danzig - Frauengasse

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Hamburg - Deichstraßenfleet

Hamburg - Deichstraßenfleet

Hamburg - Leitergasse

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