Der Prüssel Totschlag unweit Rüdershof bei Penzlin

Aus: Mecklenburgs Volkssagen. Band 3
Autor: Von A. C. F. Krohn zu Penzlin, Erscheinungsjahr: 1860
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Sage, Volkssage, Rüdershof, Penzlin,
Mit dem Namen „Prüssel Totschlag" bezeichnet man eine kleine Brücke unweit Lüdershof, auf dem nach Groß-Helle führenden Wege. Dieser Name soll durch folgende Begebenheit entstanden sein:

Es wohnte früher einmal ein Tagelöhner zu Lüdershof, der hieß Prüssel. Er war verheiratet, konnte sich aber mit seiner Frau gar nicht vertragen. Fast kein Tag verging, wo sie sich nicht in den Haaren lagen.

Nun begab es sich, dass man in einem besonders gesegneten Jahre nicht alle Feldfrüchte unter Dach und Fach bringen konnte, sondern im Freien eine Kornmiete aufrichten musste. Hierbei war auch Prüssel beschäftigt, indem er mit der „Stakelfork" den Obenstehenden die schweren Garben hinaufreichte.

So hatte er den ganzen Vormittag gearbeitet; Mittag war's auch schon lange, und die meisten Arbeiter hatten bereits das ihnen nachgebrachte Mittagsbrot verzehrt. Nur Prüssel stand allein da und wartete noch immer vergeblich. Endlich erschien auch sein Weib mit ihrem Henkeltopfe. Aber ob's gleich schon so ungebührlich spät war, so beeilte sich doch die gute Frau nicht im mindesten.

Prüssel hatte erst am Morgen mit seiner Ehehälfte argen Streit gehabt, und als er nun ihr absichtliches Zögern sah, da geriet er in solche Wut, dass er ihr mit der Stakelforke entgegenrannte, und sie auf der erwähnten Brücke niederstach, also dass sie gleich darauf ihren Geist aufgab. Seine Mitarbeiter, die wohl seine schlimme Absicht errieten und ihm nachgeeilt waren, kamen leider zu spät, um die grässliche Tat zu verhindern.

Der Mörder entfloh. Alle Nachforschungen nach ihm waren vergeblich. Man hat nie wieder etwas von ihm gehört.

Auf der Brücke war's aber fortan nicht geheuer; und die Leute behaupten, dass es dort auch heute noch umgeht.
Was es ist, weiß man selbst nicht. Zuweilen soll sich ein Klagelaut hören lassen, dann wieder verfolgt etwas die Vorübergehenden, oder springt ihnen auf den Rücken, und doch kann man nichts gewahr werden, wenn man sich umsieht.

Manche erzählen auch, ihnen habe beim Vorübergehen der Spuk so zugesetzt, dass sie einen dicken geschwollenen Kopf davongetragen haben.

Mittagstisch auf dem Bauernhof

Mittagstisch auf dem Bauernhof

Getreideernte

Getreideernte