Der Mann ohne Kopf in Pyritz.

Aus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen
Autor: Gesammelt von Temme, Jodocus Donatus Hubertus (1798-1881) Politiker, Jurist und Schriftsteller, Erscheinungsjahr: 1840
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Sage, Volkssage, Pommern, Pyritz
Ein Teil der Stadt Pyritz heißt das Mönchsviertel; darin hat in alten Zeiten ein Nonnenkloster gestanden, da wo noch jetzt das alte Schulhaus liegt. Zur Zeit des dreißigjährigen Krieges sollen noch Nonnen in dem Kloster gewesen sein. Nach diesem Kloster sieht man in jeder Silvesternacht vom Kirchhofe der Stadt aus in einem Wagen einen großen Mann fahren, der keinen Kopf hat. Die Pferde vor seinem Wagen sind eben so ohne Kopf. Hiervon sprechen die Leute allerlei. Einige sagen, der Mann sei ein Verwandter einer Nonne, die im Kloster gewesen sei, und die er alle Jahre einmal zu besuchen komme. Andere meinen, der Mann sei ein Liebhaber der Nonne gewesen. Die Meisten erzählen sich aber folgende Geschichte: Vor alten Zeiten hat in der Gegend ein boshafter und habsüchtiger Mann gelebt, dem seine Schwester hinderlich gewesen, eine große Erbschaft zu machen. Er hat sie deshalb heimlich und mit Gewalt in das Kloster bringen lassen, wo sie hat Nonne werden müssen, und zu den Leuten hat er gesagt, sie sei gestorben. Erst auf seinem Sterbebett hat er seine Missetat entdeckt, und nun ein großes Verlangen gehabt, seine Schwester nur noch einmal zu sehen. Dazu ist er aber nicht mehr gekommen, denn er ist gleich darauf gestorben. Zur Strafe hat er nun im Grabe keine Ruhe, und er muss alle Jahre einmal ohne Kopf auf einem glühenden Wagen nach dem Kloster fahren.

Mündlich.

Temme, Jodocus Donatus Hubertus (1798-1881) Politiker, Jurist und Schriftsteller

Temme, Jodocus Donatus Hubertus (1798-1881) Politiker, Jurist und Schriftsteller