Der Hirschkopf in der Kirche zu Doberan

Aus: Mecklenburgs Volkssagen. Band 2
Autor: Gesammelt und herausgegeben von M. Dr. A. Niederhöffer, Erscheinungsjahr: 1862
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Sage, Volkssage, Bad Doberan, Heiden, Wenden, Obotriten, Altertümer, Heinrich Borwin I., Friedrich Franz, Althof, Zisterzienser-Mönchs-Kloster, Münster, Hirschkopf
Unter den vielen Merkwürdigkeiten und Altertümern, woran die Doberaner Kirche bekanntlich so sehr reich ist, befindet sich auch ein Hirschkopf mit stattlichem Geweihe, der an einem Pfeiler beim Hochaltare befestiget ist und von dem man Folgendes erzählt:

Als nämlich im Jahre 1186 Fürst Heinrich Borwin I. von Mecklenburg*) beschloss, das zerstörte Zisterzienser-Mönchskloster Doberan**) wiederherzustellen, wählte er für dasselbe nicht den alten Ort, sondern einen neuen und zwar aus dem Grunde, weil er, der Sage nach, ein Gelübde getan haben soll, da das neue Kloster aufzubauen, wo er das erste Wild erlegen werde. Der Fürst tötete nun auf der Stelle, wo noch heute die alte, prächtige Doberaner Kirche steht, einen ausgezeichnet schönen Hirsch, und begann hier sofort den Bau dieser Kirche und des neuen Doberaner Klosters.

Nach Vollendung der Kirche soll der Kopf des beregten Hirsches zur ewigen Erinnerung dort aufgehangen worden sein, wo er sich noch jetzt befindet.

*) Heinrich Borwin I., Fürst zu Mecklenburg-Kissin und Wenden, regierte von 1181 an und starb den 28. Januar 1227.
**) Das erste Kloster Doberan wurde 1170 von Pribislav II., letzter König der Obotriten, und seiner Gemahlin Woizlava — siehe Anmerk. Seite 14 ersten Bandes — neben der von Beiden schon im Jahre 1166 — nach der Bekehrung des Ersteren zum Christentum — erbauten Kapelle gegründet; aber schon 1179 zerstörten die vom Christenglauben wieder abgefallenen Wenden dasselbe und erschlugen die Mönche. Seit Verlegung des Klosters nach dem jetzigen Doberan, damals ein wendisches Dorf, nannte man den Ort, wo zuerst das zerstörte Doberaner Kloster gestanden, Alt-Doberan, woraus später Alt-Hof entstanden, unter welchen Namen es denn auch jetzt allgemein in Mecklenburg bekannt ist und vielfach besucht wird. Hier in Alt-Hof befindet sich noch immer die vorbenannte, altberühmte, von Pribislav und seiner Gemahlin erbaute Kapelle, das erste und älteste christliche Gotteshaus Mecklenburgs. Friedrich Franz I, ließ dasselbe im Jahre 1823 wieder vollständig restaurieren, und sein Urenkel, der jetzt regierende Großherzog von Mecklenburg-Schwerin, Friedrich Franz II., setzte 1852 in frommer Pietät und zur Erinnerung an das schöne Werk seines hohen Ahns, rechts vom Altare der Kapelle eine Marmortafel mit der Inschrift:


„An der Stätte eines heidnischen Heiligtums gründete dies Gotteshaus, den ersten tätigen Beweis seines Christentums, im Jahre seiner Taufe Pribislav II., letzter König der Obotriten, 1166. Nach Jahrhunderten der Entwürdigung befahl es herzustellen sein Enkel im zwanzigstem Geschlechte Friedrich Franz, erster Großherzog von Mecklenburg-Schwerin, 1823, das Heiligtum, den Ahnherrn und sich selbst gleich ehrend.

Die Kirche - Das Doberaner Münster.

Die Kirche - Das Doberaner Münster.

Das Innere der Kirche zu Doberan.

Das Innere der Kirche zu Doberan.

Die Kapelle in Althof.

Die Kapelle in Althof.