Das Erbjungfernrecht

Aus: Mecklenburgische Sagen
Autor: Studemund, Friedrich (1784-1857) Pastor an der Nikolaikirche in Schwerin, Erscheinungsjahr: 1848
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg, Sagen, Erbjungfernrecht, Albrecht II. von Mecklenburg, Königin Margarethe von Dänemark, Mittelalter, Gefangenschaft, Lösegeld
Ungefähr um das Jahr 1378 wurde Herzog Albrecht II., ältester Sohn des Herzogs Albrecht I. von Mecklenburg, von den schwedischen Ständen zum Könige gewählt. Er regierte mit vielem Ruhme, bis ein unglücklicher Krieg mit der Königin Margarethe von Dänemark ihn in die Gefangenschaft dieser Königin brachte. Als er endlich gegen 60.000 Mark Lösegeld die Freiheit wieder erhielt, so entsagte er der schwedischen Krone, regierte seine Erblande löblich und verlieh den adeligen Jungfrauen in Mecklenburg dafür, dass sie ihre Kostbarkeiten und Geschmeide zur Vollzähligmachung seines Lösegeldes so bereitwillig dargebracht hatten, das herrliche Privilegium des Erbjungfernrechts, kraft dessen sie bei Abgang des männlichen Stammes die Lehngüter lebenslang behalten, ehe sie an die Lehnsvettern fallen.
(S. Buchholz, Versuch in der Geschichte des H. Mecklenburg, S. 336.)

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Den Frauen sei dies Lied geweiht,
Den hochgesinnten Frauen!
Die zum Vereine schnell gereih’t,
Wenn’s Rettung gilt in böser Zeit,
Das Köstlichste mit milden Händen
Den Notbedrängten gerne spenden!

Den Frauen sei dies Lied geweiht,
Den edelmüt’gen Frauen!
Die, wenn der Treue Ruf gebeut,
Mit Lieb’ und reiner Zärtlichkeit
Das Köstlichste mit frohen Händen
Zur Rettung Hilfsbedürft’ger spenden.

Den Frauen Preis und Huldigung,
Den liebereichen Frauen,
Die in dem stillen Heiligtum
Des Vaterlandes ew’gen Ruhm
Durch Opfer treuer Lieb' errungen;
Ihr Lob sei immerdar gesungen!

Bei Falboge im Schwedenland
Besiegte Margarethe,
Die Königin von Dänemark,
Den König Albrecht. Kühn und stark
War allzu rasch er vorgedrungen
Und so durch Übermacht bezwungen.

Gefangen hielt ihn manches Jahr
Die Siegerin aus Rache.
Dem tollsten Spott gab sie ihn Preis;
Man hielt ihn hart auf ihr Geheiß,
Und bot dem hohen Heldenherzen
Des Übermuts und Hohnes Schmerzen.

Doch auch in Banden gibt es Trost
Und auch im Kerker Freude.
Ist frei das Herz durch Edelsinn,
Bringt auch die Schmach ihm Hochgewinn,
Und von der Treue Huldigungen
Wird selbst des Feindes Herz bezwungen.

Geliebt im ganzen Mecklenburg
War Albrecht. Seinen Fürsten
Blieb stets das bied’re Volk getreu,
Trat stets in Drangsal ihnen bei;
Ließ nie durch Lockung sich betören,
Die Pflicht der Treue nicht zu ehren.

Ein ungeheures Lösegeld
Begehrte Margarethe.
Erschöpft durch Kriege war das Land,
Zerrissen fast das heil’ge Band,
Das an das Volk den Fürsten kettet
Und in Gefahr allein ihn rettet.

Doch, was vermag die Liebe nicht,
Was war’ ihr nicht gelungen!
Groß ist das Lösegeld; allein
Müsst’ es auch zweifach größer sein:
Es bringen ja mit frommer Freude
Die Frau’n und Jungfrau’n ihr Geschmeide.

Das Köstlichste, sie bringen’s dar
Für den geliebten Fürsten,
Ihr Hochsinn macht den Helden frei,
Und knüpft das heil’ge Band auf’s Neu’,
Das Volk und Fürsten fest verbindet,
Und beider Wohlfahrt dauernd gründet.

Ein dankbar Herz im Busen schlug
Dem guten Herzog Albrecht.
„Es leuchte in die spät’ste Zeit
„Das Beispiel der Anhänglichkeit,
„Das edle Jungfrau’n, reich an Liebe,
„Einst aufgestellt aus reinstem Triebe.

„Drum sollen sie auf immerdar
„Das Vorrecht auch genießen,
„Dass sie fortan im Männerlehn
„Auf Lebenszeit als Erben stehn,
„Wenn sich kein näh’rer Lehnsmann findet;
„Dies sei durch Fürstenwort verkündet.“

So ehrte er das Zartgefühl,
Die Opfer wahrer Treue;
Und wer der Frauen Huld gewann,
Der folge ihm, dem edlen Mann:
Er ehre, was mit milden Händen
Sie schaffen, wirken, pflegen, spenden.

Albrecht II. (1318-1379) Herzog zu Mecklenburg

Albrecht II. (1318-1379) Herzog zu Mecklenburg

Albrecht II. (1318-1379) Herzog zu Mecklenburg, Schweriner Schloss

Albrecht II. (1318-1379) Herzog zu Mecklenburg, Schweriner Schloss

Margarethe I. (1353-1412) Königin von Dänemark

Margarethe I. (1353-1412) Königin von Dänemark