Dargun vor 100 Jahren (1828)

Autor: Redaktion Ostmecklenburgische Heimat. Glöckler, Erscheinungsjahr: 1837

Neuaufgelegt: 1928
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Ostmecklenburg, Dargun, Reiseziel
Aus: Ostmecklenburgische Heimat. Halbmonatszeitschrift der „Teterower Nachrichten“ für ostmecklenburgische Heimatwerte und Landeskunde. Verantwortlich für den gesamten Inhalt: Studienrat Dr. Gerhard Böhmer. — Druck und Verlag von Hermann Decker, Teterow, Malchiner Straße 15. — Erscheinungsort Teterow. (Mecklenburgische Schweiz) 1. Jahrgang. 1928. [im Bestand des Stadtarchivs der Stadt Teterow]

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Eine Heimatzeitschrift „Ostmecklenburgische Heimat“ gab der Verlag Hermann Decker, Inhaber Ernst Vick, in den Jahren 1928 bis 1945 regelmäßig heraus. Die Auflage betrug 3000, später 4000 Exemplare.(Aus: Kurt Bernhard, Die Zeitungs- und Zeitschriften –Verlage in Mecklenburg, 1982/83) F. Herholz

(Wer das heutige Dargun kennt, wird auch gern vielleicht etwas über das frühere erfahren wollen. Schloss und Kirche bergen bauliche Schätze und sind deswegen schon oftmals eingehend untersucht worden.)

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Der Flecken Dargun, in einer flachen und seit Alters waldreichen Gegend gelegen, bildet eine einzige, lang hingedehnte Straße, an deren äußerstem Ende man das Schloss mit der ehemaligen Klosterkirche gewahrt. Besonders auf den von der Rostocker Seite her aus der Waldung tretenden Reisenden macht der Anblick des Ortes, verbunden mit der Stille und Einsamkeit seiner Umgebungen, einen eigentümlichen Eindruck.

Der Flecken besteht aus dem Schlosse mit der Kirche und den Nebengebäuden - das alte Dargun - wohin am fischreichen Klostersee vorüber eine herrliche Kastanien-Allee führt, den Neubauten und dem Dorfe Röcknitz, welches sich unmittelbar dem Flecken anschließt.

Das alte Dargun erlitt bald nach der Säkularisierung des Klosters (12. Febr. 1552) bedeutende Veränderungen. Das bald darauf hier errichtete Amt fiel durch den ruppinschen Machtspruch (1. August 1856, dem Herzoge Ulrich zu, dessen übrigen Landesteilen es sich schon geographisch anschloss. Der Herzog, ein großer Jagdliebhaber, hielt sich, namentlich seit 1560, häufig zu Dargun auf, um seinem Lieblingsvergnügen, der Jagd, obzuliegen. Schon um diese Zeit scheint der Bau eines fürstlichen Jagdhauses auf der Stelle des jetzigen Schlosses begonnen zu haben, in Folge dessen mehrere der Klostergebäude abgebrochen oder umgestaltet wurden. Der Herzog verweilte gerne und oft längere Zeit zu Dargun, um so mehr, als dieses der Residenz Güstrow ziemlich nahe gelegen war. Seit dem Jahre 1580 kommen von Dargun aus datierte Erlasse dieses Fürsten nicht selten vor. Gegen das Ende des Jahrhunderts (schon vor 1590) war das fürstliche „lange Haus“ vollständig eingerichtet und eine fürstliche Dienerschaft, welche hauptsächlich während der Anwesenheit des Herzogs fungierten, hatte ihren beständigen Wohnort zu Dargun.

Im Jahre 1610 standen neben der ehemaligen Klosterkirche, außer den kleinen Gebäuden, folgende:

1. „Das fürstliche lange Haus, gemaurett und mit Flomstein gedecket; in der Mitte ein Thorwegk“;
2. Ein Gebäude, in welchem die Speise- und Silberkammer, die Küchenmeisterei und Bierkeller;
3. Die Kirche;
4. „Ein Distillierhaus, durchaus gemaurett“ ;
5. „Der alte Reventer“ und in dessen Nähe der Weinkeller, ebenfalls ein altes Gebäude.

Außerdem waren hier einige kleinere, namentlich Wirtschaftsgebäude, von denen mehrere, wie z. B. das Gärtnerhaus, aus der Klosterzeit stammten. Überhaupt kommt in einem Inventarium von 1610 „altes Mauerwerk“ noch häufig vor und ein großer Teil der Ringmauern des Klosters dürfte damals noch vorhanden gewesen sein.

Ein Lustgarten war bald nach Errichtung des fürstlichen Jagdhauses angelegt worden. In diesem Garten ward auch Gemüse gebaut.

Auf dem Bauhofe, an der Stelle des jetzigen gleichnamigen Ortes, waren an größeren Gebäuden im Jahre 1610 vorhanden:

Das „Jegerhaus“ von 8 Gebinden; der „Mahrstall“ von 32 Gebinden; das „Kornhaus“, durch gemaurett, 4 Böhne hoch; neben dem Jegerhause ein Angebäude, „ist die Cantzlei genennt“. Hier waren auch der „Immenhof“ und Ställe für die „Windhunde“.

Das fürstliche „lange Haus“ erhielt seine jetzige Gestaltung während des 17. Jahrhunderts.

Schon im Jahre 1612 ward es unter dem Baumeister Michael Falk erweitert, namentlich in den oberen Teilen. 1622 ward der „lange Saal von dem Kalckschneider Daniel Ankenmann ausstaffiert“, doch waren 162 die oberen Teile des hintern „corps de logis“ des jetzigen Schlosses noch im Bau begriffen. Unter Wallensteins Regierung verfielen die Schlossgebäude bei Unachtsamkeit und mangelnden Baumitteln, so wie durch feindliche Zerstörung vor und nach Wallensteins Zeit in Kurzem.

Obgleich der Herzog Johann Albrecht II. schon 1634 Geld zum Schlossbau zu Dargun anlieh, auch zu bauen begann, so waren doch 1640 die Galerien und ein Teil der Bedachung dem Einsturze nahe. Das Amt war durch Kriegslasten ausgesogen; während verschiedener Durchzüge war die Gefahr selbst für das landesherrliche Eigentum so groß geworden, dass, um das Jahr 1640 alle Mobilien des Schlosses nach Rostock geschafft werden mussten.

Erst unter dem Herzog Gustav Adolph, der viel persönliches Interesse an Dargun nahm und öfter dort verweilte, ward der Bau wieder mit Erfolg ausgenommen. Im Jahr 1668 ward vieles wieder hergestellt und am neuen Stockwerk auf der Südseite gebaut, auch ein großer Teil des Schlosses von Christoph Fensterer mit Wasserfarben und mit „Gold und Silber“ gemalt, wozu dieser das meiste Material und außerdem mit seinen Leuten monatlich 50 Reichsthaler erhielt. Die letzten bedeutenden Bauten während dieses Jahrhunderts fanden 1687 statt, wo an den Galerien, in der Nähe des Tanzsaales etc. manches gebessert oder erneuert ward.

Seit dem vorigen Jahrhundert hat das Schloss im Wesentlichen seine jetzige Gestalt behalten; an Reparaturen und Ausschmückungen fehlte es aber nicht, namentlich während der langen Anwesenheit der Herzogin Auguste zu Dargun.

Das jetzige Schloss besteht aus einem oblongen Viereck von zwei Stockwerken, mit einer Ausfahrt in der Mitte der Vorderfronte. Obgleich man dem Ganzen den Baustil des 17. Jahrhunderts sofort ansieht, so erinnert doch manches an eine frühere Zeit und verleiht dem Gebäude ein eigentümliches Interesse. Das Äußere ist vor einiger Zeit ausgeputzt; das Innere findet sich, bis auf den sogenannten Redoutensaal im linken Flügel, ziemlich erhalten und wird von einem Teile des Beamten-Personals bewohnt. In den reservierten Zimmern finden sich schöne Wandbekleidungen von gemalter farbiger Wolle aus dem 17. Jahrhundert; einige gemalte Ledertapeten dürften von noch höherem Alter sein. Eine Reihe von dynastischen Porträts ist auf allerhöchsten Befehl in die großherzogl. Gemälde-Galerie versetzt worden.

Die Kirche schließt sich dem Schlosse da an, wo die Hinterseite und der rechte Flügel desselben zusammenstoßen. Sie ist in einem schmucklosen gotischen Stil gebaut und stammt nur in ihren Grundmauern aus alter Zeit. Der obere Teil, Gewölbe, Turm und Bedachung sind aus der Mitte des 15. Jahrhunderts, wie eine in der Kirche neben dem Fürstenchor aufgestellte Denktafel nachweist. In den Grundmauern finden sich noch die meisten jener Blenden und Nischen, welche einst zu Altären und zur Aufstellung der Bilder der Heiligen dienten. Im Jahre 1661 war das alte Dach sehr beschädigt und musste 1661-1663 und 1675 repariert werden. Auch das alte Gewölbe war 1665 zum großen Teile eingestürzt, und obgleich nach Möglichkeit hergestellt, erforderte es doch 1673 wiederholte bedeutende Reparaturen. Die Pfeiler waren 1665 ebenfalls schadhaft und mussten zum Teil erneuert werden. Im Jahre 1693 ward im ganzen Lande zum Bau dieser Kirche kollektiert, jedoch mit geringem Erfolge. Auch waren 1717 wiederum viele Fenster zerstört, wie schon im Jahr 1673. Am Dache, so wie am Turm musste gebessert werden; aber 1735 war der letztere schon wieder baufällig.

Dem Inneren fehlt, außer einer Reihe alter Grabsteine, aller altertümliche Schmuck. Der Hochaltar, der Fürstenchor, die Kanzel und die Orgel sind aus neuer Zeit. Der neue Altar, von Charles Dieussart für 250 Reichsthaler aber 1673 abgebrochen. Auf dem Fußboden der geliefert, ward 1669 geweiht, „der alte Chor“ Seitenkirche zur Linken vom Schloss-Eingange finden sich einige im Quadrat geformte Ziegel mit Bildern von Hirschen in einem sehr schwachen Relief. Einige Pfeiler haben an den Absätzen der Sockel mit Arabesken verzierte oblonge Ziegel, welche jedoch überkalkt sind. An Glasmalerei sind nur in zwei oder drei Fenstern hinter und neben dem Hochaltare spärliche, obwohl vielleicht kostbare Reste er-halten.

Die Sage von einem großen unterirdischen, mit der Kirche zusammenhängenden Gange ist im Ort sehr verbreitet, der Gang selbst unbekannt. Schätze sollen in der Kirche verborgen sein und man hat vor einiger Zeit einen Pfeiler erbrochen, jedoch nur eine leere Höhlung gefunden. Beim Graben ist man in der Nahe des Schlosses und der Kirche noch in neuester Zeit bisweilen auf Reste menschlicher Körper gestoßen.

(Diese Beschreibung wurde gegeben auf Grund der Lokaluntersuchung des Herrn Archivar Glöckler aus dem Jahre 1837. Eine Fortsetzung wird evtl. später folgen im Anschluss an die Ergänzungen des Herrn Geh. Rat G. E. F. Lisch, Jahrbücher Bd. 6. Hoffentlich bietet sich einmal Gelegenheit, dieser Schilderung eine solche des heutigen Darguns gegenüberzustellen.)

Dargun, Ostseite der Kirche

Dargun, Ostseite der Kirche

Dargun, Schloss und Kirche aus Nordost

Dargun, Schloss und Kirche aus Nordost

Dargun, Schloss und Kirche aus Südwest

Dargun, Schloss und Kirche aus Südwest

Dargun, Klosterkirche, Glasmalerei

Dargun, Klosterkirche, Glasmalerei

Dargun, Ansicht vom Schloss

Dargun, Ansicht vom Schloss

Dargun, Schlosshof

Dargun, Schlosshof