Chronik der Stadt Wolgast

Ein Beitrag zur Geschichte Vorpommerns
Autor: Heller, Karl Christian (1770-1837) Bibliothekar, Chronist, Prediger an der St. Petri-Kirche zu Wolgast, Erscheinungsjahr: 1829
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Wolgast, Usedom, Peene, Pommern,
Die Königliche Hochlöbliche Regierung zu Stralsund erteilte im Jahre 1818 den Magistraten des Stralsunder Regierungsbezirks den Befehl, eine mit dem Anfange des 19ten Jahrhunderts beginnende Chronik ihrer Städte anfertigen und jährlich fortsetzen zu lassen. Der Hoch-Edle Magistrat der Stadt Wolgast machte mir den ehrenvollen Antrag, die Anfertigung einer Chronik dieser Stadt zu übernehmen, und ich entschloss mich sogleich, dieser Aufforderung nach meinen besten Kräften zu genügen.

Der Gegenstand ist immer von Bedeutung, indem Wolgast wegen seines Alters und ehemaligen Fürstensitzes eine ehrwürdige Stadt ist. Deswegen habe ich auch jene bezeichnete Grenze, die durch das Beginnen des 19ten Jahrhunderts bestimmt ist, überschritten, und mich auf diesem Wege nach einigen in der Vorzeit liegenden und anziehenden Gegenständen umgesehen. Ich hoffe, dass dieses Zurückgehen in die Vorwelt dem Freunde des Altertums nicht unwillkommen sein, und dass er es nicht missbilligen wird, wenn ich in diesem Werke einige wichtige Punkte aus der älteren Geschichte Wolgasts vors Auge stelle.

Meine Wegweiser auf diesem dunklen Wege waren hauptsächlich: zuförderst eine Handschrift von Peter Henning Müller. Dieser Mann privatisierte zu Wolgast in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts, und ward darauf im Jahre 1744 als Prediger nach Hanshagen berufen. Doch schon lange vor dieser Beförderung hatte er seine Handschrift, welche „geographisch-historische Nachrichten über die vormalige fürstliche Residenzstadt Wolgast“ enthält, geschlossen, und nur sparsam sind die Mitteilungen, welche er von dieser Stadt nach ihrer Einäscherung gibt. Auch seine Überlieferungen früherer Zeit tragen nicht immer das Gepräge der genauen Prüfung, und auffallend ist es, dass er weder die Akten des Ratsarchivs, noch das Diarium des Ratssekretärs Hoppe hierselbst benutzt hat. Doch die vielbewegte Zeit, worin Müller in Wolgast lebte, die allgemeine Zerrüttung, welche damals die Einäscherung dieser Stadt herbeiführte, ließen diesem verdienten Manne wohl nicht Ruhe und Gelegenheit genug, Alles gehörig auffassen zu können. Indes war eine Handschrift eigentlich das Vehikel meiner Ausführung, und gleichsam das Triebrad, wodurch mein Unternehmen, diese Chronik bis in die dunkle Vorzeit hinauszuführen, in Bewegung gesetzt wurde, Ich habe daher aus derselben das Wichtigere herausgesucht, und dieses teils berichtigt, teils bedeutend vermehrt.

Außer dieser Müller’schen Handschrift diente mir als Wegweiser in der Vorzeit: die fragmentarische Handschrift des Rektors Bötticher in Wolgast, welche mit jener gleichzeitig ist, und sich in der Universitäts-Bibliothek zu Greifswald befindet. Es ward mir gestattet, hierin einen Blick zu werfen; aber sie gewährte mir nur eine dürftige Ausbeute, da sie nur wenige, flüchtige und abgerissene Bemerkungen enthält.

Die Akten im hiesigen Ratsarchive aber sind meine besten Wegweiser gewesen. Durch diese bin ich nämlich in den Stand gesetzt worden, die Fehler in den eben genannten Handschriften zu berichtigen, und den Faden der älteren Geschichte von dem Zeitpunkte an, wo Müller mich verlässt, bis zum Jahre 1800 fortzuführen. Durch die Beschauung dieser Akten, wozu mir durch die Güte des Magistrats hierselbst der Zutritt gestattet ward, und wobei mir die freundliche Hinweisung des Herrn Syndikus Braun und des Herrn Ratssekretärs Rietow äußerst zu statten kam, ward es mir nun möglich, mich sicherer in der Vorzeit zu orientieren, das Zerstreute zu sammeln, zu ordnen, und meine Chronik, oder viel mehr Stadtgeschichte von Wolgast, als ein zusammenhängendes Ganze aufzustellen.

Die Anlage und der Plan dieser Chronik schienen mir so, wie sie hier sich darstellt, am zweckmäßigsten. Jeder Chronicant schlägt einen eigenen Weg ein, wie man es bei J. F. Wachsens Stadtgeschichte von Colberg, C. W. Hakens Geschichte von Cöslin und Stolpe, W. C. Stolles Beschreibung der Hansestadt Demmin, und C. F. Stavenhagens Beschreibung von Anklam, u. m. a., sehen kann. Ich wählte auf den Rat des vielverdienten, seligen Professors Rühs beim Entwurf meiner Chronik ungefähr dieselbe Einteilung, welcher der Verfasser in seiner Beschreibung von der Stadt Hannover gefolgt ist, und bei meiner weitern Ausführung habe ich auch gefunden, dass diese Einteilung sich für mein Werk vorzüglich eigne, und dass ich auf diese Art die Gegenstände am besten habe aufnehmen, trennen und darstellen können. Diese Einteilung scheint auch dem Verfasser des Taschenbuchs von Königsberg zugesagt zu haben, indem derselbe ebenfalls eine historisch-topographisch-statistische Beschreibung dieser Stadt im Jahre 1828 entwirft.

Da ich den Wunsch hege, dass die Mehrzahl meiner lieben Mitbewohner in Wolgast mit der Geschichte dieser Stadt vertraut, und über manches für sie nicht Unwichtige belehrt werden möge, so erscheine ich öffentlich mit meinem Werke. Es ist natürlich, dass ich, diesem Zwecke folgend, mich bemüht habe, dass meine Darstellung sich leicht und klar bewege, und in einer einfachen und planen Sprache sich ausspreche. Es machen ja ohnehin Annalen keine Ansprüche auf historische Kunst, und überdies geht auch schon bei der Darstellungsweise in gehöriger Zeitfolge leicht die Glätte des Stils verloren. Aber ich habe mich stets der strengsten Wahrheit befleißigt, wenn ich auch gerade nicht immer die Gewährsmänner angegeben habe. Der Mikrologie mag ich wohl vor dem Gerichtshof einer strengen Kritik bezichtigt werden; indes wenn ich dem Anscheine nach Kleinigkeiten für die Mitwelt berührt, und mir dadurch einen Tadel zugezogen habe, so appelliere ich an die Nachwelt, welche vielleicht mit Interesse das Leben der Voreltern sich vergegenwärtigen, und mit ihren Schicksalen, ihren Sitten und Gebräuchen bis auf den kleinsten Umstand sich vertraut machen will. Zu diesem Zwecke habe ich auch vorzüglich das Sitten- und Kultur-Gemälde aufgestellt.

Die Quellen, aus welchen ich bei dem Geschichts-Abriss älterer Zeit schöpfte, habe ich schon angegeben; aber außerdem habe ich Vieles noch in hundert Winkeln aufgesucht, und zum Teil aus unleserlicher, die Augen verletzender, Schrift zusammengetragen. Dasjenige aber, was ich aus der neuern Geschichte Wolgasts erzähle, kann ich seit dem ersten Jahre dieses Jahrhunderts größtenteils selbst bezeugen. Indes verdanke ich überdies Manches, teils dem vom Ratssekretär Fleischer geschriebenen Kriegs-Diarium, teils der gütigen Mitteilung mehrerer Freunde hiesigen Orts, die mich über das, was außer meinem Wirkungskreise und dem Bereiche meiner bürgerlichen Existenz lag, belehrten, und ich sage hier Jedem, der mich freundlich durch zweckmäßige Mitteilungen unterstützte, meinen wärmsten Dank.

Man wird es also vielleicht nicht verkennen, dass ich, wenn auch bei einem beschränkten Maße von Kraft und Fähigkeit, meinen Gegenstand dennoch mit Fleiß und Liebe bearbeitet habe. Möchte man daher diese Arbeit, die ich anspruchslos und bescheiden ins größere Publikum ende, mit freundlicher Nachsicht aufnehmen, und mit billigen Rücksichten beurteilen!

Wolgast, 10. November 1829.

            Inhaltsverzeichnis

Topographisches Gemälde der Stadt Wolgast. - Topographie der Umgegend von Wolgast - Topographie der Stadt. - Die Stadt innerhalb der Ringmauern - Die St. Petri-Kirche. - Das fürstliche Begräbnis. - Die Kirchenbibliothek - Die Stadt außerhalb der Ringmauern, oder die Vorstädte von Wolgast. – Die Geschichte des herzoglichen Schlosses in Wolgast. - Die St. Gertrud-Kirche. - Die St. Jürgen Kirche. - Statistisches Kultur- und Sitten-Gemälde der Stadt Wolgast vom Jahre 1828. - Statistisches Gemälde - Der Magistrat und die bürgerschaftlichen Kollegien. - Vom Handel und der Schifffahrt. - Von den Predigern und dem Predigtamte. - Von der Stadtschule und den Lehrern bei derselben. - Von den Einkünften der Kirchen. - Von den milden Stiftungen o. g - Die Armenpflege. - Die Witwen- und Waisen-Kasse des Magistrats. – Kultur- und Sitten- Gemälde. - Geschichts-Abriss von der Stadt Wolgast. - Älterer Geschichts- Abriss von der Stadt Wolgast. - Vom Ursprunge und Namen der Stadt. – Bekehrung zum Christentume. - Chronologische Übersicht der ältesten Geschichte Wolgasts. - Der dreißigjährige Krieg. - Die Pest in Wolgast. - Der Moscovitische Krieg. - Einäscherung von Wolgast. - Wolgast nach dem Brand. - Die Salzburgischen Emigranten. - Der siebenjährige Krieg . - Zusätze zum Geschichts-Abrisse älterer Zeit. - Von den Urkunden. - Merkwürdigkeiten aus dem Leben einiger Pommerschen Herzöge. -
Feierliche Beisetzung des Herzogs Philipp Julius. - Beraubung des fürstlichen Begräbnisses. -
Neuerer Geschichts-Abriss von der Stadt Wolgast. - Annalen dieser Stadt vom Anfange des 19. Jahrhunderts an. - Das Jahr 1800. - Der König von Schweden, Gustav 4. Adolph, in Wolgast. – Der Bürger-Aufruhr. - Die Jahre 1801 bis 1805. - Das Jahr 1806. – Die Preußische Retirade. - Das Jahr 1807. - Der Französische Krieg. – Erste Invasion der Franzosen unter dem Marschall Mortier. – Fürst Blücher. – Major von Schill. - Zweite Invasion der Franzosen unter dem Marschall Brüne. – Der Transport der Boote zu Lande. - Baron von Haynan. – Die Italiener. - Das Jahr 1808. – Die Vermögenssteuer. - Marschall Soult. - Das Jahr 1809. – Die Mecklenburger. – Die Schillianer. - Das Jahr 1810. – Friede in Paris. - Das Jahr 1811. – Der schöne Sommer. - Das Jahr 1812. – Dritte Invasion der Franzosen. - Das Jahr 1813. - Alle Franzosen verlassen Neu-Vorpommern. – Säkularfeier wegen Wolgasts Einäscherung. – Der Landsturm. - Das Jahr 1814. – Dankfest wegen des Einzugs der Alliierten in Paris - Das Jahr 1815. – Neu-Vorpommern kommt unter
Preußische Hoheit. - Das Jahr 1816. – Heftige Stürme. - Das Jahr 1817. – Feier des Reformationsfestes. - Das Jahr 1818. - Kommerzienrat und Ritter Homeyer. - Das Jahr 1819. – Die Frühreife. – Der Komet. - Aufräumung des Steinracks. - Das Jahr 1820. - Seine Majestät, der König von Preußen. - Seine Königliche Hoheit, der Kronprinz, und Ihre Königliche Hoheiten, die Prinzen Wilhelm und Carl, reisen durch Wolgast. - Das Jahr 1821. – Vaterländisches Vereinigungsfest von Pommern. - Das Jahr 1822. – Durchreise. - Seiner Königlichen Hoheit, des Kronprinzen. - Das Jahr 1823. – Der strenge Winter. - Das Jahr 1824. - Mehrere Unglücksfälle. – Häufige Selbstmorde. – Das Ottofest. – Einweihung des neuen Schulgebäudes. - Das Jahr 1825. – Seiltänzer. – Schauspieler. - Das Jahr 1826. – Der heiße Sommer. - Das Jahr 1827. – Durchreise Seiner Königlichen Hoheit, des Kronprinzen. – Vineta. - Das Jahr 1828. – Anlegung der neuen Promenade. - Das Jahr 1829. – Der kalte Sommer. – Der Peenemünder Hof. – Das große Armenhaus.

Wolgast, Rathaus

Wolgast, Rathaus

Wolgast, Marktplatz mit Rathaus

Wolgast, Marktplatz mit Rathaus

Wolgast, Pferdemarkt mit Postamt

Wolgast, Pferdemarkt mit Postamt

Wolgast, St. Petri

Wolgast, St. Petri

Wolgast, St. Petri Innenansicht

Wolgast, St. Petri Innenansicht

Wolgast, Stadtmuseum

Wolgast, Stadtmuseum

Wolgast, Stadtmuseum, Innenansicht

Wolgast, Stadtmuseum, Innenansicht

Wolgast, Peene

Wolgast, Peene

Wolgast, Hafen mit Zugbrücke

Wolgast, Hafen mit Zugbrücke

Wolgast, Rathaus

Wolgast, Rathaus

Wolgast, Historisches Rathaus

Wolgast, Historisches Rathaus

Wolgast, Rathausplatz, Stadt-Apotheke

Wolgast, Rathausplatz, Stadt-Apotheke

Wolgast, Rund um St. Petri 4

Wolgast, Rund um St. Petri 4

Wolgast, Wallensteinkeller

Wolgast, Wallensteinkeller

Wolgast, Rund um St. Petri 6

Wolgast, Rund um St. Petri 6

Wolgast, Innenstadt 2

Wolgast, Innenstadt 2

Wolgast, Hafen, Peenebrücke

Wolgast, Hafen, Peenebrücke

Wolgast, Hafen 2

Wolgast, Hafen 2