Boltenhagen. Gaarz [Rerik]. Schwaan. Bützow. Güstrow.

Aus: Das deutsche Vaterland in Reisebildern und Skizzen für das Jünglingsalter und die Gebildeteren aller Stände
Autor: Heinzelmann, Friedrich (?-?) Herausgeber und Reiseschriftsteller, Erscheinungsjahr: 1858
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Boltenhagen. Gaarz [Rerik]. Schwaan. Bützow. Güstrow.
Wenn Doberan vornehmlich der reichen Aristokratie, Warnemünde den wohlhabenden Städtern zum sommerlichen Sammelplatz dient, so lebt sich’s dagegen viel billiger und auch wohl noch gemütlicher in dem von Warnemünde nicht sehr entlegenen Boltenhagen, wo man in dem neu erbauten Logierhause für den Preis von wöchentlich fünf bis sechs Thalern ein Zimmer, Beköstigung und Bad in freundlicher Gegend genießt. Der Ort wird besonders von Damen stark besucht.

In ein ganz bescheidenes Dunkel hüllt sich endlich das kleine Seebad Gaarz [Rerik], eine Meile von Neubukow (zwischen Wismar und Rostock) entfernt.

Auf der Heimkehr von Doberan fuhr ich durch den Wald auf einem Umwege über Diedrichshagen. Eine daselbst hart an der Ostsee befindliche Bergspitze überrascht durch eine weite Umschau: hier die mecklenburgische Küste und ganz klar die Stadt Wismar mit den zwei abgestumpften Türmen ihrer Hauptkirchen; dort übers Meer hin die holsteinische Küste und die Insel Femern, wo das Auge zwei Häuser und die Kirche unterschied; nördlich ein schmaler Streifen, als Scheidelinie zwischen Himmel und Wasser, mit einer Turmspitze: Laland. — Bei heiterer, stiller und warmer Witterung beobachtet man hier auch zuweilen das Phänomen der Luftspiegelung.

Auf dem Wege von Rostock nach Berlin findet die Lokomotive zuvörderst einen Ruhepunkt in Schwaan (2.000 E.), von dem das Sprichwort geht: „Du sollst nach Schwaan in die Ochsenschule“. Hier wurde zur mittelalterigen Kampfeszeit ein Bürgermeister des oft mit den Herzögen in Streit begriffenen Rostock enthauptet. Ringsum sieht man Wiesen voll üppiger Herden, meist schwarz und weiß gefleckt; auch fliegt wohl ein Storch auf und breitet seine weißen Schwingen über dem glänzenden Rücken der Rinder aus.

Bützow (3.500 E.) an der Warnow, eine von Promenaden umgebene, wohlgebaute und sehr gewerbetätige Stadt, besitzt in seiner alten, 1229 erbauten Stifts- und Stadtkirche ein sehenswertes Denkmal gotischer Baukunst. Das Altarblatt zeigt die Grablegung der Maria in vergoldetem Schnitzwerk, und dadurch zeichnet sich auch die Kanzel aus. Hier befindet sich auch die einzige reformierte Kirche im ganzen Lande mit etwa 160 Gemeindegliedern. Das vormalige Schloss, dessen Hofraum von Linden umschattet wird, ist jetzt Kriminalgefängnis. Die Zweigbahn wendet sich von da südöstlich nach Klein-Berlin. So nennt man nämlich scherzweise Güstrow (8.600 E.). Man sieht allerdings hier wie dort ein Fürstenschloss, einen Dom, viele Herren von der Feder und vom Leder, viel Gewerbetätigkeit, Luxus und Leben; aber jene imponierende Reliquie aus dem Mittelalter mit zwei Seitentürmen und durch Jahrhunderte Residenz der Herzöge von Mecklenburg-Werle und Güstrow, das Schloss, ist seit 1817 zu einem Landesarbeitshaus degradiert. Die Gewerbetätigkeit findet ihren Schwerpunkt in einer Eisengießerei und Maschinenfabrik; Luxus und Leben gipfelt in dem jährlichen Pferderennen und Wollmarkt. Der alte gotische Dom behauptet seine ursprüngliche Würde durch einen schönen Vorplatz, und das Innere bewahrt einen fürstlichen Anstrich durch die großartigen Grabdenkmäler des Fürsten Heinrich Borowin II., der Herzogin Dorothea, des Herzogs Ulrich und seiner beiden Gemahlinnen aus weißem Alabaster. Außerdem fehlt es nicht an hübschen Gärten, Spaziergängen und reizenden Spaziergängerinnen, aber auch nicht an Dohlen und Habichten, Assessoren und Advokaten; denn hier hält eine Spezial-Regierung und eine Justiz-Kanzlei ihre Sitzungen.

Schwaan, St. Paulus

Schwaan, St. Paulus

Neubukow, Markt mit Rathaus

Neubukow, Markt mit Rathaus

Neubukow, Rathaus

Neubukow, Rathaus

Garz, Turm der St. Petri-Kirche

Garz, Turm der St. Petri-Kirche

Boltenhagen - Bauernhof hinter Villa Reese

Boltenhagen - Bauernhof hinter Villa Reese

Bützow.

Bützow.

Güstrow - der Dom.

Güstrow - der Dom.

Güstrow - der Markt.

Güstrow - der Markt.

Güstrow im Jahre 1632.

Güstrow im Jahre 1632.