Aus früherer Zeit. Band 1 - Kindheit. 24. Die Wohnungen der Leute.

Schwedisch-pommersche Zustände auf der Insel Rügen
Autor: Ruge, Arnold (1802 in Bergen auf Rügen-1880 in Brighton) Schriftsteller. 1848/1849 Angehöriger der Frankfurter Nationalversammlung, Vertreter der demokratischen Linken, Erscheinungsjahr: 1862

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Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Insel Rügen, Tromper Wiek, Heimat, Ostsee, Heimatinsel, Strand, Meer, Fischer, Bauern, Landleben, Franzosenzeit, Sitten und Bräuche, Jugenderinnerungen, Schwedenzeit
Dieser feine Unterschied der Kleider deutet ohne Zweifel auf eine verfeinerte Sitte, während andere Gebräuche jener Zeit uns jetzt wohl schon ein wenig urweltlich vorkommen. So erinnere ich mich, dass an Festtagen die Zimmer mit weißem Sande ausgeworfen und die Stühle und Tische an den Wänden umher mit Wachholder („Knirk") umlegt wurden. Der Wachholder wurde dazu in kleine Stückchen geschnitten, und verbreitete einen frischen Duft über die Zimmer. Wenn aber getanzt werden sollte, kehrte man allen Sand hinaus, und besprengte die Dielen ein wenig. Dass jedoch unser Nachbar, der Fähnrich, noch Lehmboden in seinen Zimmern hatte, und mit den Leuten an Einem Tische speiste, war eine Ausnahme von der Regel. Die Hofhäuser und die Schlösser waren gedielt. Die Bauernhäuser hingegen waren fast nie gedielt; dahin gehörten denn auch alle Häuser der Handwerker auf den Dörfern.

2. Eine Art Häuser, die noch tiefer steht, waren die Katen. Dies sind die Wohnungen der Knechte und ihrer Familien, die nicht auf dem Hofe schlafen. Sie hatten in der Regel nur Ein Zimmer mit einem Ziegelofen; der Hausflur und die Küche nahmen den übrigen Raum ein. In dem einzigen Zimmer stand oft noch ein Webstuhl, und es ist mir selber ein Rätsel, wo dann die Familie noch Raum fand. Es ist mir aber noch sehr wohl im Gedächtnis, dass eine alte Frau, die lange meine Geschwister gewartet, zuletzt einen solchen Katen bezog und zur großen Belustigung ihrer kleinen Gäste ein Schweinchen in der Ecke hatte, das sie dort mästete. Die Frau war konservativ. Sie hatte das Tierchen in der Stube, weil das eine alte Sitte war, während sie es leicht passender hätte unterbringen können, da sie allein in dem Häuschen wohnte. Eine Kuh hatte jeder Katenbewohner auf dem Hofe. Für die Wohnung und die Kuh kamen die Frauen der Kätner einmal in der Woche zu Hofe, und halfen in der Arbeit, meist beim Waschen und Backen, oder in der Ernte, wo sie dann öfter kamen.

Dies war aber keine Leibeigenschaft mehr. Die Knechte wurden bezahlt, und alle waren freizügig; jedoch ist der Hofdienst und die ganze Katen-Einrichtung noch ein Überbleibsel von der Leibeigenschaft.

3. Diese wurde durch die Schwedische Regierung in Pommern und Rügen viel früher aufgehoben, als in Mecklenburg. Die Leute pflegten noch bisweilen davon zu erzählen, sie nannten sie „Untertänigkeit"; das Verhältnis war ihnen aber nur von ihren Eltern her bekannt.

Ruge, Arnold (1802-1880) in Bergen auf Rügen geborener Schriftsteller, Verleger und Politiker

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Bauernhaus aus dem 18. Jahrhundert (2)

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Bauernhaus aus dem 18. Jahrhundert

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Mecklenburg, Bauernhaus (1)

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Hallenhaus aus dem 18. Jahrhundert

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