Aus früherer Zeit. Band 1 - Kindheit. 14. Die versalzene Suppe und die Feuersbrunst

Schwedisch-pommersche Zustände auf der Insel Rügen
Autor: Ruge, Arnold (1802 in Bergen auf Rügen-1880 in Brighton) Schriftsteller. 1848/1849 Angehöriger der Frankfurter Nationalversammlung, Vertreter der demokratischen Linken, Erscheinungsjahr: 1862

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Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Insel Rügen, Tromper Wiek, Heimat, Ostsee, Heimatinsel, Strand, Meer, Fischer, Bauern, Landleben, Franzosenzeit, Sitten und Bräuche, Jugenderinnerungen, Schwedenzeit
So waren sie gekommen; nun waren sie da, und man musste ihnen wieder Weißbrot backen und Fleischbrühe kochen. Die Rinderherden wurden furchtbar gelichtet. Aber diesmal sollte ihr Besuch nicht lange währen. 1812 war vor der Tür.
Aus der früheren Zeit ihres Aufenthaltes unter uns erinnere ich mich mancher aufregenden und sehr bezeichnenden Auftritte. Ich war damals zu Hause.

2. Das Ärgste war die Feuersbrunst, in der die ganze Schäferei meines Vaters ein Raub der Flammen wurde. Die Gäste waren stark im Verdacht, das Feuer angelegt zu haben, doch ist es bei dem Verdachte geblieben, den man nicht einmal anders, als unter den allervertrautesten und sichersten Freunden äußern konnte.

3. Es war aber vorher ein Auftritt höchst ernsthafter Art vorgekommen, den man mit der Feuersbrunst in Verbindung brachte. Meine Mutter besorgte die Küche und die Köchin hatte eine Suppe am Feuer, die einer von den Soldaten, der eben aus der Stadt kam, haben sollte. Er trat in die Küche und wollte seine Suppe kosten. Man schöpfte ihm etwas aus und überreichte sie ihm. Er bemerkte, sie sei nicht gesalzen. Meine Mutter öffnete ihm die Salzmeste und sagte, so möge er sie selbst salzen. Er warf nun einen Klumpen Salz hinein und erhielt seine Suppe so vorgesetzt. Unterdessen war meine Mutter, die eifrig im Hause umher zu wirtschaften pflegte, davon gegangen, und eben dabei, den Hausflur zu kehren, weil alle Mägde im Felde mit der Ernte beschäftigt waren. Der Soldat konnte nun die versalzene Suppe nicht essen, wurde zornig, kam mit einem Rohrstöckchen auf den Flur, und schlug meine Mutter damit über den bloßen Arm. Sie war eine starke entschlossene Frau. Empört stieß sie den Besen mit dem Fuß vom Stiel, und schlug den Frevler zu Boden. Mein Vater lag am Fieber zu Bette; aber als er den Lärm hörte, raffte er sich auf und eilte erschrocken herbei. Alles was im Hause war, versammelte sich in der größten Aufregung, denn der Getroffene lag betäubt da. Nur meine Mutter blieb kalt und sagte zornig zu den Leuten, die ihn aufheben wollten: „Lasst ihn liegen, er wird schon wieder aufstehen.“

In der Tat erholte er sich und ging mit verbundenem Kopfe zu seinem Hauptmann, der wohl eine halbe Meile entfernt wohnte.

Dieser erschien nun am Abende, und wir erwarteten das Ärgste. Aber er unterrichtete sich ganz ruhig von allen Umständen des Vorfalls, befahl dem Manne, sich sogleich in ein anderes Quartier zu begeben, und sagte: „Ihm ist vollkommen recht geschehen! Aber Sie sind furchtbar in Ihrem Zorn, verehrte Frau. Wahrlich, wir hätten die Ostsee nie erblickt, wenn die ganze Nation unseren Angriff so erwidert hätte, wie Sie heute Morgen den Frevel dieses Menschen.“

4. Der Hauptmann wurde seitdem ein beliebter Gast in unserm Hause. Ich erinnere mich, dass er noch denselben Abend mit meinem Vater Picket spielte, denn diesem hatte die Aufregung des Tages das Fieber gänzlich vertrieben.

Als nun das Feuer ausgebrochen war, und man überall nach der Ursache umherriet, muss unserem Hauptmann wohl das Gerücht zu Ohren gekommen sein, der Geschlagene, der sich zweimal so empfindlich die Suppe versalzen, habe es angelegt. Er kam daher, und hatte eine lange geheime Unterredung mit meinem Vater; aber ich vermute, dass beide zu der Überzeugung gelangt sind, man könne auf den bloßen Verdacht hin eine so schwere Anklage nicht erheben; und die Entstehung der Feuersbrunst blieb ein Geheimnis.

Ruge, Arnold (1802-1880) in Bergen auf Rügen geborener Schriftsteller, Verleger und Politiker

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Schäfer mit seiner Herde auf dem Heimweg

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Schafe, Zuchttiere

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Schäfermeister

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Schaf- und Ziegenhirtin

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