Aus früherer Zeit. Band 1 - Kindheit. 08. Der Schiffsbrand.

Schwedisch-pommersche Zustände auf der Insel Rügen
Autor: Ruge, Arnold (1802 in Bergen auf Rügen-1880 in Brighton) Schriftsteller. 1848/1849 Angehöriger der Frankfurter Nationalversammlung, Vertreter der demokratischen Linken, Erscheinungsjahr: 1862

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Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Insel Rügen, Tromper Wiek, Heimat, Ostsee, Heimatinsel, Strand, Meer, Fischer, Bauern, Landleben, Franzosenzeit, Sitten und Bräuche, Jugenderinnerungen, Schwedenzeit
Die Franzosen waren im Lande. Dieser Umstand führte etwas später ein merkwürdiges Ereignis herbei. Dreizehn Kauffahrer unter Englischer Bedeckung gerieten, verführt durch ein nachgeahmtes Feuersignal vom Ufer der Insel Wittow, auf den Strand. Als die Kriegsschiffe das Unglück gewahr wurden, suchten sie die gestrandeten Schiffe wieder flott zu machen; diese aber gruben sich sehr bald so tief in den weichen Sand der Küste ein, dass sie aufgegeben werden mussten. Die Begleitschiffe zogen nun die Mannschaft von den Kauffahrteischiffen zurück, und steckten alle 13 in Brand, um dem Feinde die Beute zu entreißen, eine glänzende und kostspielige Erleuchtung der Tromper Wiek. Die Schiffe brannten viele Tage lang fort; endlich aber fand sich's, dass noch immer viel zu bergen war. Die Franzosen brachten Alles zusammen, und schrieben dann eine große Versteigerung aus. Bei der Gelegenheit hatte ein Bauer aus unsrer Nachbarschaft einen Scheffel Kaffeebohnen gekauft. Niemand von der Bauernschaft war aber damals mit dem Gebrauch des Kaffees bekannt; und unser Nachbar erschien nach einigen Tagen und erklärte, „die Bohnen wären zu nichts nütze, sie würden nicht weich, wenn man sie auch noch so lange kochte, und wären nicht einmal zum Schweinefutter zu gebrauchen.“ — Zufällig erschien gerade meine Mutter mit dem Nachmittagskaffee und ließ den Herrn Nachbar eine Tasse kosten. Er war nicht wenig erstaunt, als er hörte, ein solcher Trank könne aus seinen Bohnen gebraut werden. Aber dies machte ihn noch lange nicht zum Kaffeetrinker. „Was Sie mir da gegeben haben, Frau", sagte er zu meiner Mutter, „schmeckt besser, als Alles, was ich bisher getrunken habe; eben darum ist es aber auch zu gut für unsre Art Leute, und ich will Ihnen den Sack doch hier lassen; ich habe ihn mitgebracht.“

2. Während der Auktion hatten sich allerlei Leute auf den Gütern zusammengefunden, die in der Nähe der gestrandeten Schiffe lagen. Auf eines derselben war auch mein Vater und unser Prediger eingeladen. Des Abends pflegten sie dann L'hombre zu spielen, der Wirt, der Prediger, ein sehr wohlbeleibter Kaufmann und mein Vater. Einmal hatte der Kaufmann Solo! gesagt, dann seine Karten vor sich hingelegt und sich in seinem Armstuhl zurückgebogen. Zuerst warteten die drei Mitspielenden ruhig ab, was er weiter beginnen würde; dann aber rief der Prediger aus: „er ist tot, der Schlag hat ihn gerührt, wir müssen ihm eine Ader öffnen!" — „Das wollen wir tun", sagte der Wirt, „erst aber wollen wir doch zusehen, ob er seinen Solo auch gewonnen hätte!" — Jedenfalls ist er ein Spielverderber, setzte ein Schalk hinzu, der dabei war. Mein Vater hat den Vorfall oft erzählt.

Ruge, Arnold (1802-1880) in Bergen auf Rügen geborener Schriftsteller, Verleger und Politiker

Ruge, Arnold (1802-1880) in Bergen auf Rügen geborener Schriftsteller, Verleger und Politiker