Alpenflora

Die verbreitetsten Alpenpflanzen von Bayern, Österreich und der Schweiz
Autor: Hegi, Gustav Dr. (1876-1932) schweizer Botaniker und Professor an der Universität München, Erscheinungsjahr: 1922
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Alpenflora, Gustav Hegi, Botanik, Nadelhölzer, Gräser, Flora
Meist immergrüne Bäume oder Sträucher mit vorherrschend einnervigen, starren, schmalen, nadel- oder schuppenförmigen Blättern. Stamm regelmäßig verzweigt. Blüten eingeschlechtig, ein- oder zweihäusig, nackt, d. h. ohne Blütenhülle. Männliche Blüten meist kätzchenförmig. Staubblätter schildförmig, unterseits mit zwei bis mehreren einfächerigen Staubbeuteln. Weibliche Blüten sehr oft zapfenförmig. Fruchtblätter schuppen- oder schildförmig, zuweilen in Frucht- und Deckschuppe gespalten, mit einer bis vielen nackten Samenanlagen. Samen oft geflügelt. Keimling mit zwei bis vielen auch im Dunkeln ergrünenden Keimblättern. Die Übertragung des Blütenstaubes auf die Samenanlage besorgt der Wind.

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Inhaltsverzeichnis
  1. Coniferae - Nadelhölzer
  2. Grámina - Echte oder Süß-Gräser
Tafel I. Coniferae. Nadelhölzer.

Fig. 1. Lárix decidua Mill. (= Lárix Europaea DC), Lärche.

Larch, Larchbaum, Steinlärche (Tirol), Lärbaum, Lärket (Bayern), Lergat, Lerchoch (Kärnten). Löhrer (Steiermark), Leerbam, Lera, Lierbaum (Niederösterreich), Lortänne (Appenzell), Lerch (Davos). Lertschine (Wallis), Laresch, Larsch, Laras (Graubünden).

Sommergrüner Baum mit geradem Stamm und mit pyramidenförmiger Krone, bis 54 m hoch und bis 1,6 m dick. Hauptäste horizontal ausgebreitet, an den Spitzen nach aufwärts gebogen; Nebenäste hängend. Junge Triebe hellgrüngelb. Blätter auf Kurztrieben zu 25—64 (durchschnittlich 49) gebüschelt, 2—4 cm lang. Zapfen klein, eiförmig, hellbraun, mit dünnen, langzugespitzten, zur Blütezeit purpurroten Deckschuppen; letztere viel länger als die hellgrünen Fruchtschuppen. Samen glänzend hellbraun, 3—4 mm lang, mit einem bis 13 mm langen und 5 mm breiten, halbeiförmigen Flügel. — Blüht vom April bis Juni.

Die Lärche ist bei uns in den Alpen und in den Karpaten einheimisch und bildet hier zwischen 900 und 2400 m ausgedehnte, lichte Bestände. Außerdem wird sie sehr häufig als Zier- und Waldbaum angepflanzt. In früheren Jahrhunderten war sie, wie alte Bauwerke (besonders Kirchen) beweisen, in Europa nach Norden und Osten hin viel weiter verbreitet.

Schafe und Rinder machen sich gerne hinter die Zweige der Lärche. Das harzreiche, sehr dauerhafte Holz findet für verschiedene Zwecke, namentlich bei Wasserbauten, zu Mastbäumen, Maischbottichen, Röhrenleitungen, Dachschindeln usw. Verwendung. Auch der Harzsaft („Venezianischer Terpentin“) wird vielerorts, besonders in Südtirol, gesammelt.


Fig. 2. Juniperus nána Willd., Zwerg-Wacholder.

Jochkranebitt, Jochkranwit, Jochmind (Tirol), Kromzach (Unterinntal), Almkranabet, Kreuzbeeren (Kärnten), Giop, Güp (Graubünden), Ginepro nano, Zanevar, Zanever (Oberitalien), Ginever (Tessin).

Niederliegender, dem Boden meist spalierartig aufliegender, kleiner, sparriger Strauch, der dichte Teppiche bildet, seltener aufsteigend, bis 5 dm hoch. Zweige kurz und dick, häufig hin- und hergebogen. Blätter 4—8 mm lang, kahnförmig, meist etwas nach einwärts gekrümmt und in eine wenig stechende Spitze auslaufend. Blüten zweihäusig. Scheinbeeren blauschwarz, bereift, oben mit einer dreistrahligen Furche, ungefähr so lang wie die sie stützenden Nadeln. -— Der Zwerg-Wacholder stellt nur eine Hochgebirgsform des gewöhnlichen Wacholders der Ebene dar. Dafür sprechen auch die Übergangsformen (var. intermédia Sanio) zwischen den beiden Formen und der Umstand, dass in der Ebene kultivierte Exemplare des Zwerg-Wacholders sich allmählich mehr und mehr dem gewöhnlichen Wacholder nähern.

Trockene, magere Weiden, steinige Halden der Alpen und Hochalpen, von ca. 1600— 2500 m verbreitet, vereinzelt bis 3570 m; in den Tälern der Alpen und Karpaten zuweilen bis 750 m hinabsteigend.

Alpen, Karpaten, Riesengebirge, in Ostpreußen (in der Ebene), arktische Gebiete, Kaukasus, Himalaya.

Für die Sennen liefert der Zwerg-Wacholder ein wertvolles Brennmaterial. Auf der Weide schadet er durch Verdrängung des Graswuchses ganz bedeutend. Vom Weidevieh wird er gemieden.


Fig. 3. Pfnus montána Mill., Berg-Föhre, Krummholz, Knieholz, Legföhre, Latsche.

Leckern, Serpe, Zerbet (Niederösterreich), Locken, Leggen (Salzburg, Obersteiermark), Leckerstaude (Steiermark), Fohren, Sonderumen (Vorarlberg), Latsche, Lägken, Spirke, Dufe, Zunder, Kuscheln und Filzkoppe (Oberbayern), Lackholz, Lockern, Au-Föhre (Böhmerwald), Arie (Bregenzerwald, Tirol, Graubünden), Taufern, Tüfern, Daofra (Algäu), Zetten (Unterinntal, Kärnten, Pustertal), Sprinzen (Pustertal), Reischten (Südtirol), Zuondra, Müf, Agnon, Zundregn, Burschina (Engadin), Truosa (St. Gallen), Zundrign (Bergün), Barancia (Ampezzo), Barancle (Buchenstein), Allazz, Russe (Friaul), Mugoff, Muffol (Veltlin).

Baumartig, aufrecht (bis 10 m hoch), mit deutlichem Stamm und pyramidenförmiger Krone (Spirke), oder strauchartig, niederliegend (Legföhre, Latsche). Rinde bräunlichgrau, nicht abblätternd. Blätter beiderseits grün, oft sichelförmig gekrümmt und zu zweien in einer Scheide steckend. Fruchtschuppen an der Spitze mit pyramidenförmigen Schuppenschildern (Apophysen), in der Mitte den warzig erhöhten, von einem schwarzen Ring umgebenen Nabel tragend. Zapfen glänzend braun oder gelblichbraun, selten grün und oft bereift; junge Zapfen aufrecht, violett, die altern ganz oder fast sitzend, aufrecht abstehend oder schief nach abwärts gerichtet. Samen geflügelt. — Blüht im Mai und Juni.

Die Berg-Föhre bildet in der subalpinen und alpinen Stufe des ganzen Alpen- und Karpatensystems bis 2370 m ausgedehnte Bestände. Ebenso kommt sie im Böhmerwald, Riesen-, Erz- und Fichtelgebirge und im Schwarzwald vor, sowie auf den Mooren der Vorgebirge und der Hochebene. Außerdem wird sie häufig angepflanzt (auch auf Dünen) und erscheint deshalb vielerorts wie einheimisch, so z.B. bei Bremen, in Oldenburg, am Inselsberge in Thüringen, in Ober- und Unterfranken, in der Görlitzer Heide usw. Auf Ur- und Schiefergestein fehlt sie meistens und wird dort durch die Alpen-Erle ersetzt.

Von der Wald-Föhre (Pinus sylvestris L.) unterscheidet sich die aufrechte Bergföhre durch die spitz kegelförmige Krone, die überall dunkle Rinde, die harzigen, nicht harzfreien Knospen, die fast ganz sitzenden, aufrechten oder schief nach abwärts gerichteten, reifen Zapfen und durch die glänzenden, meist dunkelbraunen Schuppenschilder.

Nach dem Bau der Zapfen und der Schuppenschilder lassen sich drei verschiedene Varietäten (uncináta, Pumilio und Múghus) unterscheiden, die allerdings nicht scharf getrennt sind, sondern allmählich ineinander übergehen. Ebenso variabel ist die Berg-Föhre in ihrem Wuchse.

In den Alpen bietet die Legföhre Schutz gegen Lawinengefahr. Das zähe, biegsame und harzreiche Holz dient den Sennen zur Feuerung und zur Erzeugung von Kienspan. Durch Destillation wird das als Heilmittel geschätzte Latschenöl gewonnen. Im Riesengebirge verkauft man aus Kienholz hergestellte Andenken.


Fig. 4. Pinus Cembra L., Zirbelkiefer, Arve, Zeder-Fichte.

Zirschen, Zirm, Zirmnußbaum (Ostalpen), Arbä (St. Gallen), Schember, Araf, Betschla [die Zapfen Nuschpina, nuschella] (romanisches Graubünden), Zimber, Pigneu, Gembro (Tessin), Gembar, gembru (Puschlav).

Baum mit aufrechtem Stamm und mit pyramidenförmiger Krone, bis 18 (22,7) m hoch. Rinde lange glatt bleibend, braun. Junge Triebe rostgelbfilzig. Nadeln steif, 5—9 cm lang, meist zu je fünf in einem Quirle stehend. Zapfen kurz gestielt, stumpf, 5—8 cm lang und 3—5 cm dick, aufrecht oder abstehend, eiförmig bis länglich-eiförmig, unreif violett, reif zimtbraun. Samen haselnussgroß, gänzlich ungeflügelt, essbar. Eine Form, var. Helvética Clairv., mit gelbgrünen Zapfen kommt im Engadin und Veltlin vor. — Blüht im Juni und Juli. Die Frucht erlangt aber erst im Herbste des folgenden Jahres ihre Reife.

Bildet in den Alpen und Karpaten von 1600— 2500 m lichte Bestände, oft auch in Gesellschaft der Lärche oder Fichte. Mit Vorliebe in den Zentralalpen. Wird hie und da im Tieflande als Zierbaum angepflanzt.

Das leichte, harzfreie und wohlriechende Holz findet häufig zu Wandtäfelungen Verwendung. Die süß schmeckenden Samen („Zirbennüsschen“) sind essbar und finden in Konditoreien oder als Vogelfutter Verwendung.

Jungfrau, Mönch und Eiger vom Beatenberge aus gesehen.

Jungfrau, Mönch und Eiger vom Beatenberge aus gesehen.

Tafel I. Coniferae. Nadelhölzer.

Tafel I. Coniferae. Nadelhölzer.