Abergläubische Meinungen und Gebräuche in Pommern und Rügen - Schiffer- Gebräuche und Meinungen

Aus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen
Autor: Gesammelt von Temme, Jodocus Donatus Hubertus (1798-1881) Politiker, Jurist und Schriftsteller, Erscheinungsjahr: 1840

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Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Pommern, Sitten und Gebräuche,
Wenn der Besan - oder Großsegel-Baum knarrt, so bedeutet das, dass entweder der Wind still werden, oder der auf die nächste Windstille folgende Wind aus Osten kommen wird. —

Wenn bei stillem Wetter ein Hund, ohne Veranlassung, die Nase hoch hält und schnuppert, so kommt der nächste Wind aus der Gegend, in welche die Nase gerichtet ist. —

Wenn bei stürmischem Wetter die See überschlägt und einen hohlen, dumpfen Ton von sich gibt, so ist das ein Zeichen, dass es bald gutes Wetter werden wird. —

Wenn man auf See ist, so darf man ja keinen Feuerbrand, auch nicht einmal eine glühende Kohle über Bord werfen, denn sonst gibt es gewiss Sturm. —

Wenn der konträre Wind gar nicht nachlassen will, so muss man in die Gegend, aus welcher man den Wind zu haben wünscht, einen stumpfen Besen, jedoch ohne Stiel, über Bord werfen; man wird dann gewiss alsbald den gewünschten Wind haben. Ohne große Not muss man aber von diesem Mittel keinen Gebrauch machen, denn man kann nicht wissen, wie stark der Wind wird und es kann leicht Sturm entstehen. Auch schadet man dadurch oft vielen anderen Schiffen. Daher entsteht manchmal großes Schimpfen und Streiten, wenn zwei Schiffe einander begegnen, und das eine dem anderen, welches mit gutem Winde segelt, einen solchen Besen entgegenwirft. —

Ein Brand aus der Schiffsküche soll übrigens nach der Meinung Vieler dieselben Dienste tun. —

Wenn man konträren Wind hat, so darf man am Bord ja nicht flicken oder nähen, denn sonst wird der Wind festgenäht, und kann nicht herum. Bei gutem Winde aber ist das Nahen sehr ratsam, denn dann wird er ebenfalls festgenäht, und man behält ihn. —

Durch Pfeifen wird der Wind gelockt und verstärkt. Man darf daher ja nicht an Bord pfeifen, wenn Sturm ist, denn sonst wird dieser dadurch immer stärker. Bei schwachem Winde oder bei einer Windstille aber ist es sehr gut, wenn man in einem lockenden Tone pfeift. Weil man aber doch nicht wissen kann, ob der Wind dadurch nicht gar zu stark werden möchte, muss man zwischen dem Pfeifen dem Winde einige Schmeichelworte zusprechen, z. B.: kumm old Bröderken; kumm olle Junge! etc.

Ältere Schiffer brauchen gar nicht einmal zu pfeifen, um den Wind zu locken. Sie sind mit ihm schon bekannter, und brauchen sich nur ans Steuer zu stellen, und einige Male zu rufen: Kuhl up, oll Vader! kuhl up, kuhl up! (Kühl auf, frische auf, alter Vater!); binnen einer Viertelstunde kommt dann gewiss der gewünschte Wind. Sie dürfen aber nur halblaut und in schmeichelndem, vertraulichem Tone rufen, denn sonst möchte er doch etwas zu gewaltig kommen. —

Wenn der Wind gut ist, so muss man ja nicht von ihm reden. Das kann er nicht vertragen, und er schlägt gleich um. Auch darf man ja keine Besorgnis äußern, dass er bald umschlagen könne. Am allergefährlichsten ist es, zu berechnen, wie bald man am Ziele sein werde; denn man kann ganz gewiß sein, dass man sich verrechnet, und zweimal rechnen muss. —

Wenn auf der See Vögel an Bord kommen, so muss man sie ja nicht fangen, oder nach ihnen haschen; denn so wie man nach den Vögeln greift, wird man bald nach den Segeln greifen müssen, d. h. es wird Sturm kommen. —

Um guten Wind zu bekommen, hat man auch noch ein anderes Mittel: man muss nämlich einen Besen ins Feuer werfen, und zwar mit dem Stiele nach der Gegend hin, aus welcher der Wind kommen soll. —

Einen Toten darf man nicht über 24 Stunden an Bord behalten; sondern man muss ihn binnen dieser Zeit in See werfen; sonst dauert die Reise dreimal länger. —

Um das Schiff vor dem Blitz zu sichern, muss man ein altes und gefundenes Hufeisen vor dem großen Mast über dem Verdeck annageln. Ein halbes tut dieselben Dienste. —

Wenn ein Schiff beladen ist, so muss man aufpassen, wie es steht. Hat es dann Steuerbord-Schlagseite, so wird es eine gute und schnelle Reise haben; andern Falls aber eine lange. —

Wenn ein Matrose wissen will, ob er lange auf dem Schiffe bleiben wird, so muss er das auf folgende Weise machen: Er muss nämlich, nachdem er „gemunstert" hat, sein „Scheu" sich rücklings über den Kopf werfen; fällt nun die Spitze nach der Türe des Gemaches, so bleibt er nicht lange, fällt sie aber nach inwendig, so bleibt er lange am Schiffe. —

Manchmal hat man „Nachtlichter" auf der See; besonders sind die auf der „Spanischen See" (dem großen Ozean); wenn man denen begegnet, so hat man bestimmt großen Schaden. Denn wenn auch manche gelehrte Leute sagen, die Flamme entstehe durch das Zusammenschlagen des salzigen Wassers; so ist das doch nichts, und man weiß vielmehr recht gut, dass da, wo solche Lichter sind, ein Mann, welcher der Teufel selbst sein soll, sich in einer Teertonne auf der See herumtreibt. —

In der Gegend vom Cap der guten Hoffnung treibt sich ein „Nachtkreuzer" in der See herum. Er kreuzt an alle Schiffe heran, und man sieht aus allen seinen Kanonenluken Feuer brennen; er kommt so nahe, dass man seine Segel hören kann; aber im Wasser rauschen hört man ihn nicht. Man muss sich vor ihm in Acht nehmen, dass man nichts von ihm annimmt, auch nicht einmal einen Brief zur Bestellung; denn dieser Nachtkreuzer soll sich einmal vor schon sehr langer Zeit, in großer Not dem Teufel übergeben haben, wenn er eine glückliche Reise machen werde. Nachher ist ihm das leid geworden, und er hat dem Teufel den Kontrakt aufgekündigt. Nun kann er niemals zu Hause kommen.

Zum Teil mündlich; zum größten Teil aber aus den Akten der Pommerschen Gesellschaft für Geschichte.

Niederrhein Dampfschiff Friedrich Wilhelm 1828

Niederrhein Dampfschiff Friedrich Wilhelm 1828

Shantyman

Shantyman

Abbildung 15. Vollschiff „Großherzogin Elisabeth“ des Deutschen Schulschiffvereins.

Abbildung 15. Vollschiff „Großherzogin Elisabeth“ des Deutschen Schulschiffvereins.

Abbildung 16. Fünfmast-Bark mit Dampfhilfsmachine „R. C. Rickmers“.

Abbildung 16. Fünfmast-Bark mit Dampfhilfsmachine „R. C. Rickmers“.

Abbildung 9. Fünfmast-Vollschiff „Preußen“ im Vergleich zu Berliner Bauten.

Abbildung 9. Fünfmast-Vollschiff „Preußen“ im Vergleich zu Berliner Bauten.

Abbildung 10. Kreuzmast eines großen Segelschiffes mit allem stehenden und laufenden Gut.

Abbildung 10. Kreuzmast eines großen Segelschiffes mit allem stehenden und laufenden Gut.

Abbildung 11. Deck eines großen Segelschiffes mit Rahefall- und Brassenwinden.

Abbildung 11. Deck eines großen Segelschiffes mit Rahefall- und Brassenwinden.

Abbildung 5. Hafen von Iquique 1904.

Abbildung 5. Hafen von Iquique 1904.

Abbildung 6. Amerikanischer Sechsmast-Schoner „George W. Wells“.

Abbildung 6. Amerikanischer Sechsmast-Schoner „George W. Wells“.

Abbildung 14. Ozeanwettfahrt der Teeclipper 1866. links „Taeping“, rechts „Ariel“

Abbildung 14. Ozeanwettfahrt der Teeclipper 1866. links „Taeping“, rechts „Ariel“